Bilder: Matthias Bauer (05/2008)

Theodor Lorenz Haering

 

Deutscher Philosoph; der Sohn des evangelischen Theologen Theodor von Haering (*1848, †1928) und Bruder des Historikers Hermann Haering (1886, †1967) studierte an der Universität Tübingen evangelische Theologie und Philosophie, wo er dem Evangelischen Stift angehörte, sowie in Halle (Saale), Berlin, München und Bonn. 1912 habilitierte er in Tübingen und war dort seit 1919 Professor. 1928 erhielt er einen Ruf auf den Lehrstuhl für historische und systematische Philosophie an der Universität Tübingen. Neben philosophischen Werken - er war ein bekannter Hegelforscher - verfaßte er heimatkundliche und literarische Werke. 1937 wurde er Mitglied der NSDAP, mit der er schon vorher sympathisiert hatte. Nach dem Ende des Dritten Reichs wurden ihm für drei Jahre die Bürgerrechte entzogen und es wurde ihm seine Professur entzogen, die er allerdings 1951 (bei gleichzeitiger Emeritierung) zurückerhielt. Haering war er langjähriger Vorsitzender der Tübinger Museumsgesellschaft und gehörte ab 1953 für die Freie Wählervereinigung dem Tübinger Gemeinderat an.

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Tübingen, Stadtfriedhof

Jemery Bentham

 

Englischer Philosoph und Jurist; begann bereits im Alter von zwölf Jahren ein Jurastudium am Queen’s College in Oxford und ließ sich im Alter von 24 Jahren als Anwalt in London nieder. Unzufrieden mit den Zuständen des englischen Rechts und der Gerichte, begann er, nach dem Tode seines Vaters finanziell unabhänging, mit der Neuformulierung des Rechts, setzte sich für eine Sozial-, und Gefängnisreform, für Tierrechte sowie für eine liberalere Gesellschaft ein. In seiner Introduction to the Principles of Morals and Legislation (1789, dt. Einführung in die Prinzipien von Moral und Gesetzgebung) entwickelte Bentham, der Führer einer Gruppe von Philosophen, zu denen u.a. James Mill (*1773, †1836) und dessen Sohn John Stuart Mill gehörten, war, aus Francis Hutchesons (*1694, †1746) Prinzip des “größten Glücks der größten Zahl” den Utilitarismus als Basis jeglicher Reform. Die Ideen diese Gruppe machten ihre Ideen in der von ihnen herausgegebene Westminster Review publik und gewannen über das rein Wissenschaftliche hinaus großen Einfluß auf das öffentliche Leben und fanden letztlich Eingang in die im 19. Jahrhundert in Angriff genommenen Verwaltungsreformen der britischen Regierung, in die Strafgesetzgebung sowie das Verfahren des Straf- und Zivilrechts. Nach der Sezierung seines Körpers im Beisein seiner Freunde - er hatte es so gewünscht - wurde sein mit Kleidung versehenes Skelett in einer Glasvitrine des Londoner University College, dessen Mitbegründer er war, aufgestellt; sein mumifizierter Kopf wurde mit einer Wachsschicht überzogen.

Werke u.a.: Punishments and Rewards (1811), A Table of the Springs of Action (1815), Parliamentary Reform Catechism (1817).

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London, University College

Bilder: Lenka Peacock (08/2007)

Raimundus Lullus eigentl. Ramon Llull

 

 

Inschrift auf der Sprechblase aus dem Mund: Lux mea est ipse dominus [mein Licht ist von Gott selbst]

 

 

 

Katalanischer Philosoph, Schriftsteller und Missionar; der Sohn eines katalanischen Ritters, der unter Jakob dem Eroberer für die Befreiung der Balearen von den Sarazenen gekämpft hatte, wuchs bei Hofe auf und wurde früh zum Erzieher der Prinzen ernannt. Lullus, der lange Zeit im mallorquinischen Kloster Santuario de Cura lebte, stellte sein Leben in den Dienst missionarischer Tätigkeit, nachdem er wiederholte Visionen des gekreuzigten Christus hatte. So reiste er durch die Länder Europas, durch das nördliche Afrika, nach Kleinasien und Zypern. Zwischen 1283 und 1313 lehrte Lullus mit Unterbrechungen in Paris und Montpellier. Vom christlichen Platonismus ausgehend gründet sich seine Philosophie auf die Überzeugung, daß alle Glaubensinhalte sowie das gesamte Wissen aus dem logos (Vernunft) beweisbar seien. Sie seien methodiusch herzuleiten aus neun dignitates: bonitas, magnitudo, aeternitas; potentia, sapientia, voluntas; virtus, veritas und gloria1. Seine Überlegungen legte er in v.a. in Ars magna et ultima (vor 1277, erschienen 1480) dar. Lullus' Kombinatorik wurde dreihunderfünfzig Jahre später von Gottfried Wilhelm Leibniz v.a. in seiner Dissertatio de arte combinatoria (1676) aufgegriffen. Von seinen Werken, von denen das mystisch-theologische Llibre de contemplació en Déu (um 1272, erschienen lat. 1742) das umfangreichste ist, haben sich mehr als 250 erhalten sowie zahlreiche ihm zugeschriebene apokryphe Schriften mit mystischen und alchemistischen Inhalten erhalten. Durch seine schriftstellerische Tätigkeit - er schrieb hauptsächlich in Latein und Katalan) erhob er das Katalanische in den Rang einer Literatursprache. Lullus war einer der ersten Gelehrten, die das Studium der arabischen Sprache befürworteten und gründete zu diesem Zweck 1276 in Miramar auf Mallorca eine Lehranstalt für arabische Studien. Lullus schrieb auch Erzählwerke und Gedichte. Zu seinen Lebzeiten sehr umstritten, beeinflußte Lullus u.a. Nikolaus von Kues und Giordano Bruno sowie die Philosophie bis ins 18. Jahrhundert hinein.

 

Denkmal des Philosophen vor der Kathedrale La Seu in Palma

Werke u.a.: Ars compendiosa inveniendi veritatem (1273-75), Blanquerna (1283-86, erschienen lat. 1505), L'arbre de ciència (entstanden um 1295/96, erschienen lat. 1482).

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1 Rechtschaffenheit, Größe, Ewigkeit, Kraft, Weißheit, Wille, Tugend, Wahrheit und Ruhm

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Palma de Mallorca, Basilica Sant Francesc

Bilder: Martina Schulz (10/2008)

Max Bense

 

Deutscher Philosoph; nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg aus dem Elsaß ausgewiesen, zog die Familie ins Rheinland. Ab 1920 besuchte Bense ein Gymnasium in Kölnund studiert nach dem Schulabschluß an der Universität von Bonn Chemie, Mathematik und Geologie und zusätzlich Philosophie. Während des Studiums verfaßt er Beiträgen für Zeitungen und schrieb für den Rundfunk Hörspiele. 1937 promivierte er, die Habilitation wurde ihm jedoch verwehrt, da seine Ablehnung des Nationalsozialismus den Machthabern bekannt war. Ab 1938 arbeitete Bense bei der Bayer AG in Leverkusen, wurde dann Soldat für den medizinischen Dienst. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war er - vom Nationalsozialismus unbelastet - kurzzeitig Bürgermeister der thüringischen Kleinstadt Georgenthal, bevor man ihn 1945 als Kurator an die Universität Jena berief. 1946 erfolgte seine Berufung zum außerordentlichen Professor für philosophische und wissenschaftliche Propädeutik. Unzufrieden mit der politischen Entwicklung verließ er 1948 die “Sowjetische Besatzungszone” (SBZ) und wurde 1949 zum Gastprofessor und 1950 zum außerordentlichen Professor an die Technischen Hochschule Stuttgart (jetzige Universität Stuttgart) für Philosophie und Wissenschaftstheorie berufen. Daneben wirkte er von 1953 bis 1958 an der Volkshochschule Ulm bzw. an der dortigen Hochschule für Gestaltung und war Gastprofessor in Hamburg an der Hochschule für bildende Künste. Mittelpunkt der Studien Benses, der durch Arbeiten zur Wissenschaftstheorie, Logik, Ästhetik und Semiotik bekannt wurde und Naturwissenschaften, Kunst und Philosophie miteinander verknüpfte, bildet der Glaube an eine anthropologische Vorherrschaft der Intelligenz. Mit seinen Arbeiten um die maschinelle Erzeugung von Texten beeinflußte er u.a. Ludwig Harig und Helmut Heißenbüttel. Von dem Philosophen Max Scheler (*1874, †1928) übernahm er den Begriff Daseinsrelativität, um mittels seiner zu erklären, daß neue Theorien nicht zugleich der klassischen Wissenschaft widersprechen müssen. Nach 1967 gab er Semiosis. Zeitschrift für Semiotik und ihre Anwendung heraus.

Werke u.a.: Theorie der Texte (1962), Aesthetica (4 Bde., 1954-60), Semiotik (1967), Semiotische Prozesse und Systeme... (1975), Die Unwahrscheinlichkeit des Ästhetischen (1979), Das Auge Epikurs. Indirektes über Malerei (1979).

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Stuttgart, Dornhaldenfriedhof

Bilder: Matthias Bauer (07/2008)

Baruch de Spinoza latinisiert: Benedictus de Spinoza

Niederländischer Philosoph; über Spinozas Kindheit und Jugend ist wenig Gesichertes bekannt; sein Vater, ein Kaufmann, war Sproß einer aus Portugal nach Holland zugewanderten marranischen jüdischen Familie; in Amsterdam erhielt Spinoza Unterricht in der jüdischen Gemeinde; Latein erlernte er in der Lateinschule des Ex-Jesuiten Franciscus van den Enden. Schon früh betrieb er das Studium der Scholastik, so anhand der Werke Moses Maimonides und Levi ben Gershon (Gersonides), der alten Sprachen, der zeitgenössischen Naturwissenschaften und Mathematik sowie der philosophischen Schriften von René Descartes. 1656 wurde er wegen Streitigkeiten über religiöse Dogmen mit dem Bannfluch der jüdischen Gemeinde belegt. Er verließ Amsterdam und hielt sich ab 1660 in Rijnsburg bei Leiden auf, übersiedelte 1663 nach Voorburg bei Den Haag und 1670 schließlich nach Den Haag, wo er dem Kreis des Ratspensionär von Holland und einflussreichsten niederländischen Politiker Johan de Witt (*1625, †1672) nahestand; außerdem stand er in Verbindung mit dem englischen Naturforscher Robert Boyle (*1627, †1691), dem Astronomen Christiaan Huygens (*1629, †1695) und Gottfried Wilhelm Leibniz. Spinoza, der 1673 ein Angebot auf eine Professur für Philosophie an der Universität Heidelberg ablehnte, blieb ehelos und lebte zurückgezogen. Seinen Lebensunterhalt bestritt er einerseits von zwei ihm von Freunden vermachten Renten, andererseits indem er Glas für für Mikroskope und Teleskope bearbeitete. Spinoza starb an Lungentuberkulose. Zu seinen Lebzeiten erschien nur ein Buch über Descartes unter seinem Namen (Renati Descartes principiorum philosophiae pars I et II..., 1663); sein Tractatus theologico-politicus... (1670, dt. Der theologisch-politische Tractat...), den er anonym herausgab, wurde von der holländischen Regierung verboten. Als sein philosophisches Hauptwerk gilt Ethica, ordine geometrico demonstrata (Ethik, nach geometrischer Methode dargestellt), das 1677 postum erschien.

Seit 1927 birgt sein Wohnhaus in Den Haag das Spinoza-Institut.

Titelblatt der in Hamburg erschienenen Ausgabe von 1670

 

Inschrift: Terra hic Benedictide de Spinoza in ecclesia nova sepulti ossa tegit [dt. Die Erde hier birgt die Gebeine Benedictus de Spinozas, einst in der neuen Kirche beigesetzt].

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Den Haag, Friedhof der Nieuwe Kerk

Bilder: Marta B. (10/2008) flickr.com/photos/martab/2952093814/

Pierre Henri Leroux

 

 

Französischer Philosoph und Sozialist; Sohn des Betreibers einer Getränkeausschanks an der Place de Vosges in Paris; der bereits 1808 starb.Leroux besuchte das lycée de Rennes und mußte aus finanziellen Gründen das Polytechnikum verlassen und machte eine Ausbildung zum Buchdrucker, wurde Anhänger Henri de Saint-Simons. 1824 gründete er mit Paul François Dubois das Journal Le Globe, das zum Organ der Gegner des Regimes der Restauration wurde. Nach der Revolution von 1830 wurde er alleiniger Inhaber des Globe. Als der Verleger und Sozialist Barthélemy Prosper Enfantin den Globe übernahm, trennte er sich von den Ideen Saint-Simons und versuchte, ein eigenes sozialistisches System zu kreieren. 1835 lernte er George Sand kennen, mit der ihn eine tiefe Freundschaft verband und die ihn materiell unterstützte. Sie gründeten 1841 die sozialistische Revue indépendante. Bereits 1836 hatte er mit Jean Reynaud die Encyclopédie nouvelle (1841, 8 Bde.) gegründet, zu der er zahlreiche Artikel beisteuerte.Nachdem Leroux 1846 eine Konzession als Buchdrucker erhalten hatte, organisierte und leitete er in Boussac (Dép. Creuse) eine sozialistisch-genossenschaftliche Buchdruckerei, gab die Journale L’Éclaireur und Revue sociale heraus und schrieb eine Reihe von Broschüren. Nach dem Ausbruch der Februarrevolution 1848 proklamierte er in Boussac die Republik und wurde am 25. Februar vorübergehend Bürgermeister des Ortes. Später in die konstituierende und in die legislative Versammlung gewählt, schloß er sich der radikalen Partei an, deren Hauptredner er war. Außerdem beteiligte er sich an dem demokratisch orientierten JournalLa République. Nach dem Staatsstreich von 1852 wurde er verbannt, ging nach England und gründete in London gemeinsam mit Louis Blanc und Étienne Cabet eine sozialistische Union. Später lebte er längere Zeit mit seiner Familie auf der Insel Jersey und veröffentlichte von dort die sozialphilosophische Dichtung La Grève de Samarez; später hielt er sich vorwiegend in Lausanne auf. Nach der Amnestie von 1869, die er 1860 für sich zurückgewiesen hatte, kehrte er nach Frankreich zurück.

Wie bei Buchez, Reynaud, Carnot und Lamennais zeigt sich auch bei Leroux eine Verschmelzung der sozialistischen Ideen mit katholisierender Metaphysik.

Werke u.a.: De l’égalité (1838), Réfutation de l’éclecticisme (1839), De l’humanité (1840, 2 Bde),

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Bilder: Herbert Herterich (04/2013)

Paris, Cimetière du Montparnasse

Philosophen XII

Omnibus salutem!