Deutscher Pädagoge und Philosoph; Sohn des Kleinbauern Paul Frerck Paulsen und dessen Ehefrau Christine. née Ketelsen; besuchte ab dem fünften Lebensjahr die Dorfschule und wechselte 1859 in die Schule von Lehrer Sönke Brodersen. Dieser förderte Paulsen nach allen Kräften, so daß dieser 1863 in die Sekunda des Humanistischern Gymnasium Christianeum in Altona (heute zu Hamburg) eintreten und mit erfolgreichen Abbschuß der Oberprima das Abitur ablegen konnte. Anschließend begann er an der Universität Erlangen Theologie zu studieren, wechselte jedoch nach drei Semestern zur Philosophie an die Berliner Friedrich-Wilhelms-Universität. wo er . 1871 das Studium erfolgreich mit seiner Dissertation bei Friedrich Adolf Trendelenburg über Form und Methode der Aristotelischen Ethik (Symbolae ad systemata philosophiae moralis historicae et criticae) beendete. 1875 konnte er sich mit einer Arbeit über die Erkenntnistheorie Immanuel Kants habilitieren (Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Kantischen Erkenntnisstheorie).
1877 wurde Paulsen als erster Professor in Deutschland, mit einem Lehrauftrag in Pädagogik, der im darauffolgenden Jahr zu einem Extraordinariat für Philosophie und Pädagogik erweitert wurde, betraut. 1894 wurde er in Berlin zum Ordinarius für Philosophie und Pädagogik und avancierte in den folgenden Jahren zu einem der einflußreichsten Professoren seiner Zeit. Rufe an die Universitäten Breslau, Würzburg, München, Kiel und Leipzig lehnte er immer wieder ab, ebenso wie 1905 die Einladung zu einer Gastprofessur in Harvard, Yale und Cornell.
Paulsen gilt als ein Vertreter des Neuidealismus; er selbst führte Baruch Spinoza, John Stuart Mill und Kant als seine Wurzeln an; außerdem gilt er als Befürworter der Reformpädagogik1. Er wandte sich zugunsten des ”deutschen Aufsatzes“ erfolgreich gegen den “lateinischen Aufsatz“ als Abitur-Leistung. Paulsen kann als der geistige Vater des modernen Gymnasiums gelten, in dem die modernen Sprachen und Naturwissenschaften den alten Sprachen gleichberechtigt gegenüberstehen.
Zu seinen Schülern zählen u.a. Kurt Eisner, Edmund Husserl, Theodor Litt, Herman Nohl, Albert Schweitzer, Eduard Spranger, und Alfred Wegener.
Werke u.a.: Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Kantischen Erkenntnistheorie (1875), Geschichte des gelehrten Unterrichts (2. Aufl., 2 Bde., 1896), System der Ethik (1889; 6. Aufl. 1903), Einleitung in die Philosophie (13. Aufl. 1905), Immanuel Kant (4. Aufl. 1904), Die deutschen Universitäten (1902).
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1 Bewegung, die sich zu Beginn des 20. Jahrhunderts gegen eine allzu strenge Festlegung von Lehrinhalten und Lehrplänen wandte und eine Individualisierung und Differenzierung des Unterrichts forderte.
Berlin-Schöneberg, Alter St. Matthäus Kirchhof
Inschrift: Cursum quem deus dedit peregi (dt. Die Richtung, die Gott mir gegeben hat, habe ich abgeschlossen.
Denkmal Friedrich Paulsen im Ruth Andreas-Friedrich-Park in Berlin-Steglitz, Kuppe der Erhebung
Omnibus salutem!