Walther Rathenau

            

Deutscher Industrieller und Politiker; der Sohn des AEG-Gründers Emil Rathenau studierte - obwohl eher den Schönen Künsten zugeneigt - auf Wunsch seines Vaters Chemie und Physik, wurde ab 1899 Vorstandsmitglied und ab 1915 Aufsichtsratsvorsitzender der AEG sowie von 1902 bis 1907 Geschäftsinhaber der Berliner Handelsgesellschaft; hielt eine Integration von Wirtschaftsführern in die Politik für wünschenswert, strebte auch selbst eine Position in der Politik an. Rathenau trat nach vergeblichen Bemühungen, nach Ende des Ersten Weltkrieges eine bürgerliche Sammlungspartei zu gründen, der Deutschen Demokratischen Partei (DDP) bei. 1920 nahm er als wirtschaftspolitischer Sachverständiger an der Konferenz in Spa und 1921 an der Vorbereitung der Londoner Konferenz teil. Am 7.10.1921 schloß er mit Frankreich als Wiederaufbauminister das Wiesbadener Abkommen, in dem Deutschland sich zu Reparationslieferungen verpflichtete. Er geriet als Außenminister (ab 1.2.1922) wegen dieser sog. Erfüllungspolitik unter starke Kritik der politischen Rechten. Der mit der Sowjetunion geschlossene Rapallo-Vertrag (Versuch den Westen Europas mit dem des Osten zu verbinden) veranlaßte die Westmächte als Reaktion auf eine Verzögerung der Reparationszahlungen zum Einmarsch französischer und belgischer Truppen im Januar 1932 in das Ruhrgebiet. Rathenau fiel dem Attentat der rechtsextremen Offiziere Erwin Kern und Hermann Fischer (Angehörige der Organisation Condor) zum Opfer. Mitverschwörer war u.a. Ernst von Salomon. Zu Maximilian Harden, dem Herausgeber der Wochenzeitschrift Zukunft, verband ihn eine Freundschaft, die jedoch aufgrund gegensätzlicher politischer Einstellungen zerbrach.

Ort des Attentats

Bild: Josef Aschenbrenner (09/2005)

Gedenktafel am Ort des Attentats auf Walther Rathenau

Ort des Attentats

Werke u.a.: Zur Kritik der Zeit (1912), Die neue Gesellschaft (1919).

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Berlin-Treptow-Köpenick, Städtischer Waldfriedhof Oberschöneweide

Philipp Scheidemann

Deutscher Politiker (SPD); von Haus aus Buchdrucker, 1883 schloß er sich der der SPD an und war ab 1895 für verschiedene sozialdemokratische Zeitungen als Journalist tätig. Von 1903 bis 1918 war er Mitglied des Reichstags und seit Ausgabe vom 9. Nov. 19181913 einer der Führer der SPD-Fraktion im Reichstag. Im Oktober 1918 wurde er als Staatssekretär ohne Geschäftsbereich in das Kabinett des Prinzen Max von Baden gerufen. Nach Ausbruch der Novemberrevolution rief er am Mittag des 9.11.1918 vom Balkon des Reichtagsgebäudes in Berlin die Republik in Deutschland aus, was ihm von Seiten der Konservativen als Verrat angelastet wurde. Am gleichen Tag gegen 16 Uhr rief Karl Liebknecht, Gründer des Spartakusbundes, als Gegenreaktion zur von Scheidemann ausgerufenen Deutschen Republik, seinerseits die Freie Sozialistische Republik vom Berliner Stadtschloß aus.

Von November 1918 bis Januar 1919 war er Mitglied des Rats der Volksbeauftragten, von 1918 bis 1920 Mitglied der Weimarer Nationalversammlung, danach bis 1933 Mitglied des Reichstags, im Februar 1919 wurde er Ministerpräsident der Weimarer Koalition, trat aber im Juni des selben Jahres zurück, da er den Versailler Vertrag für unannehmbar hielt); von 1920 bis 1925 war er Oberbürgermeister von Kassel; Scheidemann ging bei der Machtübernahme der Nationalsozialisten 1933 ins Exil.

Scheidemann ruft am 9. November 1919 vom Westbalkon des Reichstags die Deutsche Demokratie aus 

 

 

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Kassel, Hauptfriedhof

Bilder: Frank Trummel

Otto Grotewohl

Deutscher Politiker (SPD, dann SED); von Haus aus Buchdrucker, bekleidete er seit 1920 mehrmals Ministerämter im Landtag von Braunschweig, von 1925 bis 1933 MdR (SPD), aus politischen Gründen von 1938 bis 1939 in Haft, wurde 1945 in der sowjetischen Besatzungszone (SBZ) einer der drei Vorsitzenden des Zentralausschusses der SPD, hatte 1946 trotz einiger Vorbehalte und längerem Widerstreben entscheidenden Anteil am Zusammenschluß seiner Partei mit der KPD zur SED. Von 1946 bis 1950 war er zusammen mit Wilhelm Pieck deren Vorsitzender, von 1946 bis 1964 Mitglied des Politbüros der SED, von 1949 bis 1964 Ministerpräsident (Vorsitzender des Ministerrats) und von 1960 bis 1964 auch stellvertretender Vorsitzender des Staatsrats der DDR. Dies blieb er trotz seiner Krankheit ab November 1960 formell, wurde jedoch als Regierungschef ab 1962 von Willi Stoph vertreten.

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Bild: Martina Schulz

Berlin, Zentralfriedhof Friedrichsfelde (Gedenkstätte der Sozialisten)

Bild: Martina Schulz

Erich Hans Apel

 

Deutscher Politiker (SED), Ingenieur; von Haus aus Werkzeugmacher und Schlosser; 1939 zum Wehrdienst eingezogen, wurde er zur Heeresversuchsanstalt nach Peenemünde, in der auch Wernher von Braun als Raketenkonstrukteur arbeitete, abkommandiert. Dort war er nach seiner Entlassung aus dem Militärdienst als Betriebsingenieur und Assistent des Betriebsdirektors und wurde 1943 als Leiter des Entwicklungsbetriebes dienstverpflichtet. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges war er von 1946 bis 1952 als Leiter eines Versuchsbetriebes auf der Insel Gorodomilja in die UdSSR eingesetzt. Nach der Rückkehr nach Deutschland wurde 1955 in der DDR Minister für Schwermaschinenbau und 1958 Leiter der Wirtschaftskommission beim Politbüro des ZK, von 1963 bis 1965 war er Vorsitzender der Staatlichen Plankommission und gemeinsam mit Günter Mittag entscheidend an der Umsetzung des "Neues Ökonomisches System der Planung und Leitung (NÖSPL)" beteiligt. u.a. sollte d en Betrieben mehr Eigenständigkeit zugestanden werden, um profitabler zu arbeiten. Nach dem Sturz Nikita Chruschtschows gerieten Apels Reformbestrebungen in Mißredit. Als 1965 zwischen der Sowjetunion und der Regierung in Ost-Berlin ein Handelsabkommen verhandelt wurde, das die DDR noch enger als bisher an die Sowjetunion kettete, kritisierte Apel das Abkommen, da er negative Auswirkungen auf die DDR-Wirtschaft und besonders die Exportkraft der DDR befürchtete. Am Tag der Unterzeichnug des Abkommens nahm sich Erich Apel nach einem heftigen Streit mit Alfred Neumann, von 1961 bis 1965 Vorsitzender des Volkswirtschaftsrates und von 1965 bis 1968 Minister für Materialwirtschaft, in seinem Büro im Ost-Berliner Haus der Ministerien an der Leipziger Straße das Leben mit seiner Dienstwaffe. Die Umstände seines Todes wurden vertuscht; seine Tat wurde als "Kurzschlußreaktion" infolge "nervlicher Überlastung" ausgeben.

Auszeichnungen u.a.: Banner der Arbeit (1963).

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Deng Xiaoping [chin.鄧小平 / 邓小平]

    mit Jimmy Carter  

Chinesischer Politiker; der Sohn eines verarmten Bauern ging 1920 nach Frankreich, wo er als Werkstudent u.a. bei Renault arbeitete. Hier traf er Zhou Enlai und begann auf dessen Anregung hin, sich mit dem Marxismus zu beschäftigen. 1922 trat zunächst der Jugendorganisation der chinesischen kommunistischen Partei in Europa bei, 1924 der Partei selber. 1926 verließ Deng Frankreich und ging nach Moskau, um einige Monate an der dortigen Universität zu studieren, bevor er an die Sun Yatsen-Universität wechselte. 1934/35 nahm er am Langen Marsch teil und arbeitete während des Chinesisch-Japanischen Krieges (1937-45) v.a. als politischer Kommissar in der Roten Armee, wurde 1945 Mitglied des ZK der KP und 1954 stellvertretender Vorsitzender des nationalen Verteidigungsrates. Mit dem Eintritt in das Politbüro (1955) und den Ständigen Ausschuß des Politbüros (1956) stieg er in den innersten Führungskreis der KP auf. In der Folgezeit geriet er v.a. über den gesellschaftspolitischen Kurs der Partei in Konflikt mit Mao Zedong, da er einen pragmatischen Weg zum Sozialismus verfolgte (不管黑猫白猫,抓到老鼠是好猫1).

Deng besucht ein Stahlwerk in Wuhan (1958)no_copyright

Im Verlauf der Kulturrevolution, die in den Jahren 1966 bis 1969) das Land erschütterte, von Mao Zedong und den radikalen Dogmatikern in seinem Umkreis beschuldigt, einen konterrevolutionären Weg zu verfolgen, wurde Deng Xiaoping 1967 aus allen hohen Partei- und Staatsämtern entfernt. Politisch rehabilitiert, kehrte er 1973 in das ZK, 1974 in das Politbüro und 1975 in den Ständigen Ausschuß des Politbüros zurück. 1975 wurde er zugleich stellvertretender Vorsitzender des ZK, Generalstabschef und stellvertretender Vorsitzender der Militärkommission des ZK. Auf Betreiben der radikalen Ideologen um Jiang Qing, der Frau Mao Zedongs, wurde er 1976 wegen seiner pragmatischen gesellschaftspolitischen Zielsetzungen erneut gestürzt, aber nach dem Tode Mao Zedongs 1977 wieder in alle seine Ämter, Mit Familie1945die er zwischen 1973 und 1976 bekleidet hatte, eingesetzt. Gegen Widerstände reformierte er die Wirtschaft in Schritten ab 1978 und setzte seine Politik einer wirtschaftlichen Öffnung gegenüber dem Westen fort. Unter seinem Einfluß entstanden in Südchina Sonderwirtschaftszonen (Guangdong, Fujian, Hainan, Pudong, sowie Küstenstädte darunter Shanghai, Qingdao), in denen sozialistische Marktpolitik getestet wurde. Gleichzeitig sperrte er sich jedoch jeglicher politischen Liberalisierung und Demokratisierung des Staates. Am 4.6.1989 ließ Deng zusammen Li Peng die vorwiegend von Studenten getragene Demokratisierungsbewegung auf dem Pekinger Tian’amen Platz mit Gewalt auflösen, während der frühere Premierminister und Generalsekretär der KPCh, Zhao Ziyang (†2005), die Polizeiaktion zu verhindern trachtete. Obwohl Deng mehr und mehr seiner Ämter aufgab, blieb sein Einfluß hinter den Kulissen bis zu seinem Tode sehr bedeutend.

Deng war dreimal verheiratet; in dritter Ehe seit 1939 mit Zhuo Lin (*1916, † 2009).

   

1975

Deng Xiaoping mit dem US-amerikanischen Präsidenten Gerald Ford und dessen Gattin, bei dern Besuch in Pekin im Jahre 1975.

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1 Es ist gleichgültig, ob die Katze schwarz oder weiß ist; Hauptsache ist, daß sie Mäuse fängt”

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Asche vom Flugzeug aus über dem chinesischen Meer verstreut

Bild: Josef Aschenbrenner (09/2005)
zoom

Édouard Daladier

1938 Bundesarchiv cc_somerightsreserved

Französischer Politiker; Sohn eines Bäckers; nach einer Ausbildung am lycée Ampère in Lyon, war er ab 1909 als Gymnasiallehrer für Geschichte tätig. Im Jahr 1911 wurde er Bürgermeister von Carpentras (Dép.Vaucluse), ging aber 1914 an die Front. 1918 kehrte er aus dem Ersten Weltkrieg als Leutnant und Mitglied der Ehrenlegion in das Zivilleben zurück. Daladier, gefördert von Édouard Herriot, wurde Mitglied des Parti Radical Socialiste und gehörte dem linken Flügel der Partei an. 1919 wurde er Abgeordneter des südfranzösische Département Vaucluse. Zwischen 1927 und 1932 war er Vorsitzender seiner Partei und dabei maßgeblich am Bruch mit der Sozialistischen Partei SFIO und dem konservativen Ministerpräsidenten Raymond Poincaré im November 1928 verantwortlich. In den 1920er Jahren war Daladier, der den Spitznamen "der Bulle von Vaucluse" hatte, Minister verschiedener Ressorts, meist Kriegsminister, und in den 1930er Jahren mehrfach Ministerpräsident einer Mitte-Links-Koalition. 1936 war Daladier entscheidend an der Bildung der Volksfront beteiligt und in der Volksfrontregierung 1936/37 Verteidigungsminister. Von 1938 bis 1940 war Daladier schließlich als Nachfolger Léon Blums erneut Ministerpräsident und 1940 zugleich Verteidigungsminister.1938 schloß er sich der Appeasement-Politik Neville Chamberlains an, die in dem Münchner Abkommen mündete und die Abtretung der sudetendeutschen Gebiete an das Deutsche Reich zur Folge hatte. Nach der Sudetenkrise trieb er die lange vernachlässigte Aufrüstung Frankreichs voran. Am 3.9.1939, zwei Tage nach Hitlers Überfall auf Polen, erklärte Daladier gemäß den französischen Beistandsverpflichtungen gegenüber Polen dem Dritten Reich den Krieg, den er eigentlich hatte vermeiden wollen. Im März 1940 trat Daladier als Ministerpräsident zurück, weil er dem demokratischen Finnland während des Winterkrieges gegen die Sowjetunion die in der Öffentlichkeit geforderte Hilfe versagt hatte. Paul Reynaud wurde sein Nachfolger, Daladier in dessen Kabinett Kriegsminister und in den letzten Tagen vor der Niederlage gegen Deutschland Außenminister. Nach dem “Blitzkrieg” der deutschen Wehrmacht gegen Frankreich floh Daladier nach Marokko, wurde jedoch gefangengenommen und vom Vichy-Regime im Herbst 1941 gemeinsam mit Blum im Prozeß von Riom des Verrats bezichtigt und angeklagt. Der Prozeß wurde von der französischen Justiz jedoch verschleppt und 1943 schließlich auf deutsche Anweisung eingestellt. Im selben Jahr wurde er gemeinsam mit dem früheren Staatspräsidenten Albert Lebrun von der Besatzungsmacht in Deutschland interniert. Am Tag des Waffenstillstands, dem 7. Mai 1945 wurde Daladier zusammen mit anderen Franzosen in Schloß Itter bei Wörgl in Tirol von den alliierten Truppen befreit. Von 1946 bis 1958 war er erneut Abgeordneter und war während der Vierten Republik einer von Charles de Gaulles Gegenspielern. Ab 1956 war er Fraktionsvorsitzender seiner Partei in der Nationalversammlung. Von 1957 bis 1958 war Daladier Präsident der Radikalsozialistischen Partei. 1958 widersetzte er sich im Parlament der Mehrheitsentscheidung, dem von Staatspräsident René Coty an die Spitze der Regierung berufenen General de Gaulle die Ermächtigung zu erteilen, eine neue Verfassung auszuarbeiten. Von 1953 bis 1958 war er Bürgermeister von Avignon.

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Bilder: Katharine Wolter (03/2012)

Paris, Cimetière du Père Lachaise

Bilder: Hans-Christian Seidel (07/2012)

François Michel Le Tellier Marquis de Louvois

                 

Französischer Staatsmann; Sohn Michel Le Telliers, Marquis de Barbezieux; war seit 1668 Kriegsminister Ludwigs XIV.. nach dem Frieden von Aachen widmete er sich der Organisation der französischen Armee nach dem Vorbild des fortschrittlichen Militärwesens der Niederlande. Hauptaugenmerk legte er auf das Rekrutierungssystem, das auch die Mitglieder des französischen Adels erfaßte, um den Offiziersnachwuchs zu sichern, schuf ein einheitliches Besoldungssystem, ließ Kasernen und Hospitälern anlegen und Hospitäler einrichten, setzte Inspektoren, die die Ausbildung auch an den neugeschaffenen Militärschulen überwachten, ein. Ähnlich wie es Zar Peter I. später in Rußland durchführen wird, wurde die Beförderung der Offiziere nun nach dem Dienstalter, nicht mehr nach dem adligen Stand geregelt. Seine Reformen trugen bald schon Früchte: Seine Heeresreform ließ Frankreich zur stärksten Militärmacht Europas heranwachsen; das französische Heer war erfolgreich mit seinen Siegen im Holländischen Krieg (1672–78) oder der Eroberung Straßburgs bzw. beim erfolgreichen Überraschungsangriff auf die östlichen Teile der Spanischen Niederlande im Jahre 1683. 1689 war er im Pfälzischen Erbfolgekrieg verantwortlich für die verheerende Verwüstung der Pfalz, während der auch das Heidelberger Schloß niedergebrannt wurde. Louvois starb im 50. Lebensjahr unerwartet nach dem Verlassen des Kabinetts am 16.7.1691 – vermutlich an einem Schlaganfall. Es gab aber auch Gerüchte, er sei vergiftet worden (Gift war in jener Zeit ein bevorzugtes Mittel, um Konkurrenten im öffentlichen wie im privaten Leben aus dem Wege zu schaffen). Er hatte sich den Unwillen der Mätresse Ludwigs XIV., Madame de Maintenon zugezogen, da er die öffentliche Bekanntgabe ihrer Heirat linker Hand mit dem König. verhindern wollte und seine Verhaftung schon beschlossen war. Sein Nachfolger wurde sein erst 22jähriger Sohn Louis François Marie, Marquis Barbezieux

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Bild: FLLL (05/2012) Wikipedia.fr

Tonnerre (Dép. Yonne), Hôtel-Dieu, Le Vieil Hôpital

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Zustand vor der Renovierung im Jahre 2011

Wilhelm Heinrich Solf

1911                         Bild: Library of Congress

Deutscher Politiker und Diplomat; viertes, von sieben Kindern; studierte Indologie an den Universitäten von Berlin, Kiel, Halle und Göttingen und trat nach der Rückkehr von einem Aufenthalt in London 1888 in den diplomatischen Dienst. Zunächst war Solf als Generalkonsulat in Kalkutta, dem damaligen Britisch-Indien, tätig, 1898 als Bezirksrichter in Daressalam, dem damaligen Deutsch-Ostafrika, 1899 wurde er Präsident des Munizipalrates in Apia auf Samoa und 1900 Gouverneur der neuen deutschen Kolonie Deutsch-Samoa. Seinen Vorstellungen von einem “humanen Kolonialismus“ folgend, gelang es ihm 1909 den Lauati-Aufstand (Mau a Pule) ohne Waffengewalt zu beenden. Im Dezember 1911 trat Solf als Staatssekretär an die Spitze des Reichskolonialamtes. Während des Ersten Weltkrieges unterstützte er die Politik des Reichskanzlers Theobald von Bethmann Hollweg; der auf Druck reaktionärer Kräfte, insbesondere der OHL, am 13.7.1917 gestürzt wurde. Solf hatte auf einen Verständigungsfrieden gehofft, der sich u.a. aufgrund von Verhandlungen über die deutschen Kolonien am Konferenztisch günstig gestalten könnte. Kurz vor Ende des Krieges war er unter Max von Baden, der im Oktober und November 1918 letzter Kanzler im Kaiserreich war, Staatssekretär des Auswärtigen, blieb aber noch bis Dezember 1918 im Amt. Die Novemberrevolution von 1918/19, die mit dem Aufstand der Matrosen in Kiel begann und die Abschaffung des Kaisertums in Deutschland zum Ziel hatte, , lehnte er ab; vielmehr befürwortete er eine parlamentarische Monarchie. Ab 1919 war Solf Mitglied der Deutschen Demokratischen Partei (DDP). 1920 ging er als Botschafter nach Japan. in das Land, das im Ersten Weltkrieg ein Gegner des Deutschen Reichs gewesen war. Als er Tokio 1928 wieder verließ, war mit seiner Hilfe eine Wiederbelebung der traditionell guten kulturellen und politischen Beziehungen zwischen beiden Staaten gelungen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde er Präsident des Japaninstituts Berlin. Wilhelm lehnte die Tendenzen des Nationalsozialismus ab und machte aus dieser Einstellung auch kein Geheimnis. Von Anfang an, bemühte er sich jüdischen Menschen zu helfen, indem er ihnen z.B. die Ausreise nach Japan ermöglichte.

Verheiratet war Wilhelm Solf mit Johanna née Dotti (*1887, †1954), bei . ihr trafen sich nach Solfs Tod Gegner des NS-Regimes, auch viele aus dem Auswärtigen Amt. Dieser sogenannte “Solf-Kreis” verhalf politisch und rassisch Verfolgten zur Flucht ins Ausland, hielt auch Kontakt zur Opposition in der Wehrmacht, war aber nicht an konkreten Umsturzplänen beteiligt.

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1 1915 bekannte er in einem Brief an seinen Freund Metternich: “Je länger der Krieg dauert, um so mehr, fürchte ich, werden unsere ethischen Begriffe, unsere künstlerischen Anschauungen und wissenschaftlichen Überzeugungen, Treue und Glauben, alle die vielen tausend Imponderabilien, die den Verkehr der Menschen untereinander und ihre Beziehungen zum Objekt auf ein höheres Niveau heben, geradezu mit Keulenschlägen zertrümmert.”

Bild: Bundesarchiv

Als Gouverneur bei Apia auf Samoa (1910)

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Bild: Beek 100 (12/2007) Wikipedia.de
Bild: Jürgen Hempel (08/2012)
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Berlin, Invalidenfriedhof

Carl-Ludwig Wagner

 

Deutscher Politiker (CDU); Ministerpräsident; Jurist; Sohn eines Verlegers; kam mit seiner Familie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges nach Trier. Wagner studierte Rechtswissenschaften an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und der Université Montpellier I.. In dieser Zeit wurde er Mitglied der Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) und war von 1952 bis 1953 Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion Rheinland-Pfalz. Zwischen 1953 und 1955 arbeitete er als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Mainzer Universität, trat 1957 in die Verwaltung des Landes Rheinland-Pfalz ein und war ab 1959 für zehn Jahre im Generalsekretariat des Europäischen Parlamentes in Luxemburg tätig, dessen Direktor er 1964 wurde. 1969 wurde er Mitglied des Deutschen Bundestages. 1976 wurde Wagner zum Oberbürgermeister der Stadt Trier gewählt, bis er im Dezember 1979 vom Ministerpräsidenten des Landes Rheinland-Pfalz Bernhard Vogel zum Justizminister berufen wurde. 1981 übernahm er die Leitung des Finanzministeriums des Landes. Nach Vogels Rücktritt am 8.4.1988 wurde er dessen Nachfolger als Ministerpräsident. Als die CDU bei der Landtagswahl vom 21.4.1991 Verluste von 6,4 Prozent erlitt, übernahm die SPD unter Führung von Rudolf Scharping in Koalition mit der FDP die politische Führung des Landes Rheinland-Pfalz.

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 Trier, Friedhof St. Matthias

Bilder: Jürgen Pferdekamp (08/2017)

Berlin, Zentralfriedhof Friedrichsfelde (Gedenkstätte der Sozialisten)

Politiker XI

Omnibus salutem!