Herbert Richard Wehner

 

Deutscher Politiker (SPD); absolvierte nach dem Besuch einer Realschule eine kaufmännische Lehre und war zunächst als kaufmännischer Angestellter tätig; ab 1925 arbeitete er als Journalist; bis 1923 war er Mitglied der Sozialistischen Arbeiterjugend (SAJ), 1927 trat er der KPD bei. 1929 wurde er Sekretär der Revolutionären Gewerkschaftsopposition, 1930 stellvertretender politischer Sekretär der KPD in Sachsen und arbeitete ab 1932 als Technischer Sekretär des Politbüros der KPD eng mit Ernst Thälmann zusammen. 1930/31 war er Mitglied des Landtags (MdL) von Sachsen und stellvertretender Vorsitzender der KPD-Landtagsfraktion. Ab 1933 bis zu seiner Emigration im Jahre 1935 arbeitete er in Deutschland im Untergrund gegen die NS-Diktatur sowie ab 1937 in der UdSSR beim Exekutivkomitee der Komintern. 1941 reiste er illegal in Schweden ein, wo er sich in Stockholm aufhielt, um eventuelle Kontakte deutscher Kommunisten mit der Gestapo aufzudecken und den Widerstand zu reorganisieren. 1942 wurde er verhaftet und von einem schwedischen Gericht wegen Gefährdung der schwedischen Freiheit und Neutralität zu einem Jahr Gefängnis, dann wegen Spionage für die UdSSR zu einem Jahr Zwangsarbeit verurteilt und blieb bis 1944 in Haft. Als er in Moskau in Abwesenheit wegen angeblichen Verrats aus der KPD ausgeschlossen worden war, vollzog Wehner im Herbst 1946 den Bruch mit dem Kommunismus. Kurz nach seiner Rückkehr nach Deutschland schloß sich Wehner 1946 der SPD an und gehörte bald zum engsten Kreis um Kurt Schumacher. Wehner war von 1949 bis 1983 Mitglied des Bundestags (MdB) sowie von 1949 bis 1966 Vorsitzender des Bundestagsausschuß für gesamtdeutsche und Berliner Fragen. Nach dem Tod Schumachers im Jahre 1952 nahm er eine Schlüsselstellung in der SPD ein, deren stellvertretender Bundesvorsitzender er von 1958 bis 1983 war. Er hatte 1959 entscheidenden Anteil an der innerparteilichen Durchsetzung des Godesberger Programms und damit an der Umformung der SPD von einer Arbeiterpartei hin zu einer linken Volkspartei. Gleichzeitig förderte er mit großem Nachdruck die Annäherung seiner Partei an die bis dahin von ihr bekämpfte Außenpolitik der Bundesregierung unter Konrad Adenauer (CDU) und betrieb vehement die Regierungsbeteiligung der SPD im Rahmen einer großen Koalition mit der CDU/CSU unter Bundeskanzler Kurt Georg Kiesinger (CDU), in dessen Regierung er von 1966 bis 1969 Bundesminister für gesamtdeutsche Fragen war. Nach Bildung der Regierungskoalition zwischen SPD und FDP im Jahre 1969 unterstützte er die von Bundeskanzler Willy Brandt konzipierte Ostpolitik, wobei er konspirative Kontakte zur SED in Kauf nahm. Maßgeblich beteiligt war Wehner am Sturz des Kanzlers im Jahre 1974, als dieser im Zuge der Aufdeckung dessen persönlichen Referenten Günter Guillaume als Spion des Ministeriums für Staatssicherheit der DDR (MfS) in die Kritik geriet (Guillaume-Affäre) und Wehner wegen Brandts diverser Liebschaften Erpressbarkeit befürchtete. In seinen letzten Jahren litt er an Multi-Infarkt-Demenz, welche durch seinen Diabetes ausgelöst wurde. Kurz vor seinem Tode war es ihm noch vergönnt, den Fall der Berliner Mauer zu erleben.

Lotto Loebinger (pinx. Heinrich Vogeler, 1936)

Herbert Wehner war dreimal verheiratet: 1927 heiratete er die Schauspielerin Lotte Loebinger, ihre Wege trennten sich bereits in der Zeit des sowjetischen Exils, wobei die Scheidung erst viel später erfolgte. 1944 heiratete er Charlotte Burmester, née Clausen, die Witwe des kommunistischen Widerstandskämpfers Carl Burmester. Nach deren Tod 1979 heiratete er 1983 ihre Tochter Grete – also seine Stieftochter. Nach Wehners Tod und der Wiedervereinigung Deutschlands zog Greta Wehner nach Dresden und gründete im Mai 2003 die Herbert-und-Greta-Wehner-Stiftung.

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Bild: Jochen Schultheis

Bonn-Bad Godesberg, Burgfriedhof

Heinrich Brüning

Deutscher Politiker und Reichskanzler (1930-32); studierte Jura, Geschichte, Philosophie und Volkswirtschaft und promovierte 1915; politisch schloß er sich dem Zentrum an. Von 1921 bis 1930 war er Geschäftsführer des Christlichen Deutschen Gewerkschaftsbundes, von 1924 bis 1933 Mitglied des Reichstags, sowie 1929/30 und 1932/33 Vorsitzender der Zentrumsfraktion im Reichstag. Als Finanzfachmann seiner Fraktion setzte er 1925 die Begrenzung des Lohnsteueraufkommens auf 1,2 Mrd. Reichsmark durch (Lex Brüning). Nach dem Sturz der Regierung Hermann Müller wurde Brüning am 28.3.1930 von Paul von Hindenburg zum Reichskanzler einer Minderheitsregierung ernannt. Als seine Bemühungen die durch die Reparationszahlungen und die hohe Arbeitslosigkeit bedingte Staatsverschuldung zu reduzieren, die Ablehnung seines Programms durch den Reichstag ebenso wie die Notverordnungen scheiterten, löste er im Juli 1930 den Reichstag auf. Bei den Neuwahlen im September 1930 gewann die NSDAP erheblich an Stimmen hinzu, so daß Brüning eine vom Reichspräsidenten gestützte, von der SPD tolerierte Minderheitsregierung bildete und wegen der verschärften Wirtschaftskrise nun auf der Grundlage des Artikels 48 der Weimarer Verfassung vom Notverordnungsrecht des Reichspräsidenten Gebrauch machen mußte. Das politische System entwickelte sich zu einer parlamentarisch tolerierten Präsidialregierung. Seine auf die Dämpfung der Staatsausgaben zielende Deflationspolitik führte zu einer Schrumpfung der Wirtschaft und einer stark ansteigenden Massenarbeitslosigkeit (6 Millionen), was zu einem Massenzulauf zur Rechten (NSDAP) und Linken (KPD) führte. Da Brüning seine Politik verstärkt mit Hilfe der SPD durchzusetzen versuchte, kam es 1931 zwar zu einer Entfremdung zwischen ihm und Hindenburg, aber 1932 setzte er mit Hilfe der SPD die Wiederwahl Hindenburgs zum Reichspräsidenten gegen den Widerstand der Rechten durch. Aber nach wie vor warf Hindenburg ihm ungenügende Unterstützung rechter Ziele und der Ostelbischen Junker vor und entließ ihn schließlich - bestärkt durch Kurt von Schleicher - am 30.5.1932 als Reichskanzler, was das Ende der Weimarer Republik einläutete. Nach der Machtergreifung Hitlers am 30.1.1933 entzog sich Brüning der bevorstehenden Verhaftung durch Flucht nach Holland und emigrierte in die USA, wo er 1937 Professor an der Harvard Universität wurde. Von 1951 bis 1955 war er vorübergehend in Deutschland, bis 1954 Professor für politische Wissenschaften an der Universität Köln.

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Bild: Jochen Schultheis

Münster, Zentralfriedhof

Ronald Wilson Reagan

 

US-amerikanischer Schauspieler; 40. Präsident der Vereinigten Staaten (1981-89); Sohn eines Schuhverkäufers; aufgewachsen in einer konservativen Umgebung und ausgestattet mit einem Vertrauen in das Gute im Menschen, studierte der intelligente und fleißige Reagan nach dem Besuch der Dixon High School am Eureka College bis 1932 Soziologie. Von 1932 bis 1937 war er im Bereich Sport als Radioreporter tätig. 1937 übersiedelte er nach Kalifornien und erhielt nach Probeaufnahmen einen 7-Jahresvertrag bei den Warner Brothers Studios. In der Zeit von 1937 bis 1964 wirkte Reagan, der mit der Schauspielerei bereits während seines Besuchs der High School, wo er Mitglied einer Laienschauspielgruppe war, in Berührung gekommen war, in über 50, eher unbedeutenden Filmen mit, sein Gesicht aber wurde bekannt. Im Zweiten Weltkrieg, in dem er wegen seiner schwachen Sehkraft von Kriegsdienst freigestellt war, wirkte er an Ausbildungsfilmen mit. 1945 verließ er die Armee im Range eines Captains. 1941 war Reagan, dem damals Sympathien für die kommunistische Ideen nachgesagt wurden, in den Vorstand der Screen Actors Guild (Gewerkschaften der Filmschaffenden) gewählt (von 1947 bis 1952 und 1959/60 war er deren Präsident). Als das Angebot an Rollen Anfang der 1950er Jahre rar wurde, drehte er zwischen 1954 und 1962 u.a. Werbefilme für General Electric (GE), dessen Sprecher er zeitweise war. Diese Werbesendungen wurden wöchentlich aus dem General Electric Theater im MCA-Fernsehen ausgestrahlt. 1962 trat Reagan, der zunächst Mitglied der Demokraten war, der Republikanischen Partei bei, in der er sich bald als streng Konservativer einen Namen machte. 1964 war er Berry Goldwaters Assistent in dessen Kampagne um das Präsidentenamt. Von 1967 bis 1975 war er Gouverneur von Kalifornien und wurde 1980 in das Amt des Präsidenten gewählt, erneut 1984 für eine zweite Amtsperiode. Am 30.3.1981 überstand er verletzt ein Attentat. Sein Ziel war - nach dem Vietnam-Disaster und Watergate - die Wiederherstellung des Vertrauens der Amerikaner in sich selbst. Er trieb die wirtschaftliche und militärische Stärkung voran, indem er bei gleichzeitigen drastischen Einsparungen im Sozialbereich die Steuerlast für die Wirtschaft (Reaganomics) drastisch senkte und mehr Privatinitiative forderte. Gemeinsam mit der britischen Premierministerin Margret Thatcher setzte er die Ideen des britischen Ökonoms Friedrich August von Hayek und des Amerikaners Milton Friedman (*1912, †2006), Professor an der University of Chicago, um. Sein Satz “The government is not the solution to our problems, the government is the problem“1 zeitigte schwerwiegende Folgen für die amerikanische Ökonomie. Mit diesen Maßnahmen und der Erhöhung der Ausgaben für die Rüstung, um seine von ausgeprägtem Antikommunismus (“Reich des Bösen”) bestimmte Außenpolitik u.a. durch den sog. NATO-Doppelbeschluß zu stärken, hinterließ Reagen die höchste Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten mit Auswirkung auf die soziale Struktur (Verarmung weiter Bevölkerungskreise) und ein Scheitern seines War on Drugs (Anti-Drogenprogramm).

Gegen den Rat von Spezialisten versuchte er ein auf im Weltraum stationierte Satelliten und Raketen basierendes Verteidigungssystem zu etablieren (SDI). Allerdings wurde unter dem Druck der Europäer nach den politischen Veränderungen in der UdSSR durch die Politik der Perestoika und Glasnost von Michail Gorbatschow und den damit einhergehenden Meinungsumschwung in den USA die Verhandlungen über Mittelstreckenraketen wieder aufgenommen, die 1987 zum Abschluß des INF-Vertrages (Intermediate Range Nuclear Forces) führten. In Südamerika versuchte er durch direkte und indirekte Interventionen die linken Bewegungen einzudämmen bzw. linke Regierungen zu stürzen (z.B. Contra-Bewegung in Nicaragua), wobei auch Menschenrechtsverletzungen in Kauf genommen wurden (z.B. El Salvador). Die Iran-Contra-Affäre ab 1986 erschütterte seine Glaubwürdigkeit und führte zunehmend zur Kritik an seinem Führungsstil. Mit der Invasion der Karibikinsel Grenada 1983 und dem Bombenangriff auf Tripolis (Libyen) 1986 suchte Reagan die militärische Stärke und die Kompromißlosigkeit der USA zu demonstrieren. Innenpolitisch hinterließ er wegen seiner ernormen Rüstungsanstrengungen die höchste Staatsverschuldung der Vereinigten Staaten mit Auswirkung auf die soziale Struktur (Verarmung weiter Bevölkerungskreise) und ein Scheitern seines War on Drugs (Anti-Drogenprogramm). Seine zweite Frau Nancy née Robbins, ebenfalls wie er und seine erste Frau Jane Wyman, von der er 1948 geschieden wurde, eine ehemalige Nancy Reagan am Sarg ihres Mannes anläßlich der Trauerfeier am 12.6.2004.Hollywoodschauspielerin, unterstützte ihn uneingeschränkt und schirmte ihn von der Öffentlichkeit konsequent ab, nachdem ihr Mann seit 1994 an der Alzheimer Krankheit litt.

 

Biographie: American Life (1990).

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1 Der Staat ist nicht die Lösung unsrer Probleme, der Staat ist das Problem

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Simi Valley, Ventura County, CA., Presidential Library

Bilder: Dr.Oliver Tegel

Justus Möser

            

Deutscher Staatsmann, Staatstheoretiker, Historiker und Schriftsteller; Sohn eines Kanzleidirektors; Vater der Schriftstellerin Jenny von Voigts; studierte ab 1740 zunächst in Jena und dann ab 1742 in Göttingen die Rechte und die Schönen Wissenschaften. Möser stand für ca. 40 Jahre im Dienst des Fürstbistums Osnabrück, wurde 1747 Sekretär der Landstände, 1755 Syndikus der Ritterschaft im Fürstbistum Osnabrück; von 1768 bis 1783 hielt er de facto die gesamte Verwaltung des Fürstbistums inne und kümmerte sich als Berater für den minderjährigen Fürstbischof maßgeblich um den Wiederaufbau seiner im Siebenjährigen Krieg zerstörten Heimatstadt. Seine politische Erfahrung fand Eingang in zahlreiche Schriften über Staat, Gesellschaft und Geschichte und beeinflußten die moderner Struktur- und Gesellschaftsgeschichte, indem darin die Rolle sozialer Gruppen als Subjekte der Geschichte hervorgehoben wurde. Ebenso beeinflußten seine Publikationen Herder und Goethe und das deutsche Nationalbewußsein. Er war ein Gegner der Französischen Revolution, deren schwärzesten Stunden er noch kurz vor seinem Tode miterlebte. Durch die Herausgabe von Wochenzeitschriften (z.B. Osnabrückische Intelligenzblätter) nach englischem Vorbild nahm er Einfluß auf die öffentliche Meinung. Bekannt wurde Möser in erster Linie durch seine Patriotischen Phantasien (1774-86), einer Essaysammlung mit vorzüglichen zeitkritischen Analysen.

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Bild: Jochen Schultheis

Osnabrück, Marienkirche

Ferdinand August Bebel

Deutscher Politiker; Mitbegründer der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) und deren langjähriger Vorsitzender. Von Haus aus Drechslermeister, ließ er sich 1860 in Leipzig nieder. Unter dem Einfluß Ferdinand Lassalles wandte er sich dem Sozialismus und der Arbeiterbewegung zu und übernahm 1865 den Vorsitz des Arbeiterbildungsvereins in Leipzig und 1867 den Vorsitz im Verband der deutschen Arbeiterbildungsvereine. 1866 gründete er zusammen mit Wilhelm Liebknecht die Sächsische Volkspartei und wurde im selben Jahr in den Reichstag des Norddeutschen Bundes gewählt. 1869 gründete er zusammen mit Liebknecht in Eisenach die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP), die dem internationalen Sozialismus der Ersten Internationalen und Karl Marx nahe stand und an Lassalle und dessen Allgemeinem Deutschen Arbeiterverein (ADAV) Kritik übte. Dem Reichtag gehörte er seit dessen Gründung 1871 bis fast zu seinem Lebensende an und von 1881 bis 1891 dem Sächsischen Landtag. 1872 wurde er zusammen mit Liebknecht wegen Hochverrats und Majestätsbeleidigung zu zwei Jahren Festungshaft verurteilt; nach seiner Freilassung betrieb er 1875 im Gothaer Programm maßgeblich den Zusammenschluß von SDAP und ADAV zur Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP), der Vorläuferin der SPD. Als Reaktion auf die Gefahr zunehmender Erstarkung der Arbeiterparteien erließ der Reichstag 1878 unter dem Druck des Reichskanzlers Otto von Bismarck die Sozialistengesetze. Mit ihrer Hilfe konnten Gewerkschaften und andere Arbeiterverbände verboten werden, so daß die aus neun Abgeordneten (unter ihnen Bebel) bestehende SAP-Reichstagsfraktion das einzige legale Gremium der Sozialisten in Deutschlands war. Nach der Aufhebung der Sozialistengesetze und der Entlassung Bismarcks durch Wilhelm II., war Bebel 1891 entscheidend an der Neuorganisation der deutschen Sozialisten in der SPD und an der Formulierung ihres Erfurter Programms beteiligt und wurde erster Vorsitzender der Partei. In den neunziger Jahren des 19. Jahrhunderts baute Bebel die SPD zu einer Massenpartei aus, so daß die SPD 1912 stärkste Fraktion im Reichstag wurde. Innerhalb der SPD vertrat Bebel eine marxistische Mittellinie; er war gegen linke Radikalisten und rechte Revisionisten, für einen Ausgleich zwischen marxistischer Theorie und politischer Praxis.

Werke u.a.: Unsere Ziele (1870), Der Deutsche Bauernkrieg (1876), Die Frau und der Sozialismus (1879), Charles Fourier (1888), Aus meinem Leben (3 Bde., 1910-1914).

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Bilder: Dieter Georg

Zürich, Friedhof Sihlfeld

Georgij Walentinowitsch Plechanow [russ. Георгий Валентинович Плеханов]

                              

Russischer Revolutionär; zunächst Anhänger der народники [Narodniki]; emigrierte 1880 und bildete 1883 in Genf die erste russische marxistische Gruppe (“Befreiung der Arbeit”). Von 1889 bis 1904 war er Mitglied der Exekutive der II. Internationale. Er gründete mit Lenin und Julij Matrow (*1837, †1923) in Leipzig die Zeitschrift Iskra (1900, dt. Der Funke). Als Lenin Trotzkij, den er in London kennengelernt hatte, in den Redaktionsstab der Zeitschrift zu wählen, opponierte er erfolgreich. Nach der Spaltung der Sozialdemokratischen Arbeiterpartei Rußlands (1903) unterstützte er die Menschewiki. Er vertrat die Meinung, daß die russische Revolution die Bourgoisie an die Macht bringen würde: “Rußland steht an der Kreuzung auf seinem Weg zum Kapitalismus, und alle anderen Möglichkeiten sind ihm versperrt. Es gibt nur einen Weg, den Kapitalismus zu bekämpfen...daß er so schnell wie möglich wächst.” Nach seiner Rückkehr nach Rußland im Jahre 1917, wandte er sich mit einer kleinen Gruppe um die Zeitschrift Jedinstwo (dt. Einheit) gegen Lenins Aprilthesen und den bolschwistischen Revolutionskurs. Anfang 1918 zog sich Plechanow nach Finnland zurück. Plechanow verfaßte eine Reihe theoretischer Schriften, u.a. Über die Rolle der Persönlichkeit in der Geschichte (1898).

Inschrift (in Englsch und Russisch): He is made one with nature (Shelley).

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Sankt Petersburg, Wolkowo-Friedhof

Bild: FearChild (02/2008)
Bild: Martina Schulz
Bild: David D'Agostino (04/21013) flickr.com
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Arlington (Virginia), Arlington National Cemetery

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Bilder: Detlef Buhre (09/2014)

Julius Deutsch

 

 

Österreichischer Politiker (SDAP);

Abgeordneter zum österreichischen Nationalrat zwischen 1920 und 1933.

 

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Bilder: Hans-Christian Seidel (09/2014)

Wien, Grinziger Friedhof

Hans Katzer

 

 

Deutscher Politiker (CDU); Sohn eines Verbandssekretärs des Katholischen Gesellenvereins; mußte aus finanziellen Gründen eine weiterführende Schule vorzeitig beenden und konnte daher seinen Wunsch, Architekt zu werden nicht realisieren, sondern besuchte statt dessen eine Höhere Fachschule für die Textilindustrie, an der er  eine kaufmännische Ausbildung mit einem Abschluß als Kaufmannsgehilfe absolvierte. Katzer, der bereits seit 1929 Mitglied des katholischen Jugendbunds “Neudeutschland“ war, war bis zu dessen zwangsweiser Auflösung im Jahre 1939 der Leiter des Jugendbundes in Köln. Er wurde zum Reichsarbeitsdienst herangezogen und nahm von 1939 bis 1945 als Soldat am Zweiten Weltkrieg u.a. an der Ostfront teil. Nach dem Ende des Krieges und der Entlassung aus einer kurzen Kriegsgefangenschaft schlug er eine Beamtenlaufbahn ein und brachte es beim Arbeitsamt Köln zum Dienststellenleiter. 1950 wurde er Hauptgeschäftsführer der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA). 1957 zog er erstmals in den Bundestag ein, dem er bis 1980 angehörte. Hans Katzer war Mitbegründer der CDU-Sozialausschüsse und von 1963 bis 1977 deren Vorsitzender. Von 1965 bis 1969 war er zunächst im Kabinett Erhard, dann dem des Bundeskanzlers Kurt Georg Kiesinger Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung. In dieser Eigenschaft setzte er sich für eine Reform der Krankenversicherung ein und brachte das Gesetz zur Lohnfortzahlung im Krankheitsfall auf den Weg. Von 1979 bis zu seinem Ruhestand im Jahre 1989 war er Mitglied des Europäischen Parlaments sowie von 1979 bis 1982 einer der Vizepräsidenten des Europäischen Parlaments. 

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Bilder: Thomas Haas (10/2014)

Köln, Melaten Friedhof

Robert Strange McNamara

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US-amerikanischer Wirtschaftswissenschaftler und Politiker (Republikaner); Sohn des Verkaufsleiters einer Schuhgroßhandelsfirma; studierte an der University of California in Berkeley Wirtschaft und Philosophie und absolvierte nach seinem Bachelor-Abschluß 1937 das MBA-Programm der Harvard University Graduate School of Business. Anschließend arbeitete er ein Jahr lang für Price Waterhouse in San Francisco und lehrte dann von 1940 bis 1943 als Dozent in Harvard. Im Frühjahr 1943 trat er im Rang eines captains in die United States Army Air Forces (USAAF) ein. Dort war er fast während des gesamten Krieges im Office of Statistical Control tätig, in dem er u.a. für die Analysen der Effektivität von US-Bombenflugzeuge, hauptsächlich des Boeing B-29-Bombers, zuständig war, die unter dem Kommando des militärischen hardliners Major General Curtis LeMay in India, China und zuletzt auf den Marianen stationiert waren und von dort Angriffe gegen Japan flogen. Aufgrund seiner statistischen Kontrollen für das XX Bomber Command konnten die Bombenangriffe auf die japanischen Städte, bei denen insbesondere unter der Zivilbevölkerung unverhältnismäßig viele Opfer zu beklagen waren und große Teile Tokios und Areale anderer Großstädte durch Brandbomben ausradiert wurden, wesentlich effektiver durchgeführt werden1. 1946 schied er - ausgezeichnet mit einer Legion of Merit - im Rang eines Lieutenant colonel (Oberstleutnant) aus dem militärischen Dienst aus. Im selben Jahr trat er als Statistiker bei der Ford Motor Company ein und machte dort schnell Karriere: 1955 wurde er einer der Direktoren und 1960 der erste Präsident derFord Motor Company, der nicht aus der Familie Ford stammte. 1961 holte ihn Präsident John F. Kennedy als Verteidigungsminister in sein Kabinett. McNamara bekleidete dieses Amt auch nach der Ermordung Kennedys am 22.11.1963 bis 1968 unter dessen Nachfolger im Amt des Präsidenten, Lyndon B. Johnson. Während seiner Amtszeit entwickelte er die Taktik des Flexible Response - einer abgestuften Abschreckung, d.h. ein nuklearer Abschreckungsschlag oder ein präventiver Schlag galt nicht mehr als das einzige Mittel, um die Sowjets zu einer Diskussion zum Thema Abrüstung zu bringen. Diese neuen Ansichten gingen als McNamara-Doktrin in die Geschichte ein. In seine Amtszeit, die von immensen Spannungen zwischen den Vereinigten Staaten und Sowjetunion geprägt waren, fiel auch der mißlungene, von den USA organisierte Versuch kubanischer Exilanten, im April 1961 in der Schweinebucht auf Kuba zu landen und das Castro-Regime zu beseitigen. Als Folge dieser Ereignisse kam es im Oktober 1962 zu der außerordentlich gefährlichen Kubakrise, die auch dank der von ihm mitbeeinflußten Taktik, die die USA einschlugen, beendet werden konnte. Jahrelang aber im Mittelpunkt seiner Tätigkeit stand die Beschäftigung mit dem Vietnamkrieg. Während seiner Amtszeit wurde die US-Präsenz in Südvietnam von anfangs 16.000 Militärberatern auf über eine halbe Million Soldaten aufgestockt. McNamara wurde von den Generälen z.Z. als “Copmuter auf Beinen” kritisiert, da er sich - wie in seiner früheren Tätigkeiten - bei Beurteilungen und Entscheidungen überwiegend auf Statistiken stützte (so ist es kein Wunder, daß in diesem langen Krieg die Methode der body counts aufkam, d.h. Erfolge und Mißerfolge wurden nur an der Zahl der Opfer festgemacht). Zunächst hatte McNamara das Engagement der USA im Vietnamkrieg befürwortet; als er jedoch später sah, daß die Eskalation mit ihren umfangreichen Bombardierungen und zahllosen Toten falsch sei, versuchte er, Friedensverhandlungen in Gang zu bringen2. Er trat als Verteidigungsminister zurück und wurde 1986 Präsident der Internationalen Bank für Wiederaufbau und Entwicklung. Seit 1982 war er Direktoriumsmitglied mehrerer Unternehmen. Robert McNamara sich später immer wieder öffentlich für die Vernichtung der Atomwaffen ein.

Verheiratet war McNamara in erster Ehe seit 1940 mit Margaret née Craig (*1915, †1981); 2004 heiratete er Diana Masieri , eine gebürtige Italienerin.

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Außenminister Dean Rusk, Lyndon B. Johnson und Robert McNamara (von links) bei einer Kabinettbesprechung in Februar 1968.

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1 In der Dokumentation The Fog of War (2003) räumte McNamara ein, daß sowohl Curtis LeMay als auch er wohl - hätten die Vereinigten Staaten den Krieg nicht gewonnen - wegen dieser Tätigkeit, die an einem Tage z.B. im Falle der Bombardierung Tokios 100.000 Zivilisten das Leben kostete, als Kriegsverbrecher durchaus hätten vor Gericht kommen können.

2 Mit seinem 1995 gemeinsam mit B. VanDeMark veröffentlichten autobiografischen Buch Vietnam. Das Trauma einer Weltmacht, in dem er den Vietnamkrieg als “großen, schrecklichen Irrtum” bewertete, löste er in der amerikanischen Öffentlichkeit Kontroversen aus.

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Gustav von Römheld  (seit 1918)

 

 

Deutscher Verwaltungsjurist, Politiker; Sohn des damaligen Kreisassessors Ludwig Römheld und dessen Gattin Wilhelmine; machte am Ludwig-Georgs-Gymnasium in Darmstadt sein Abitur und studierte anschließend Jura in Gießen, bevor er nach der Referendarzeit als Regierungsassessor in Gießen und danach in Friedberg (Hessen). 1888 zum Kreisamtmann in Büdingen (Wetteraukreis) ernannt wurde. . Zwischen Mai 1889 und Sommer 1890 begleitete er den knapp 21 Jahren alten künftigen Großherzog Ernst Ludwig zu dessen Studium nach Leipzig. 1891 wurde er Kabinettssekretär am Hof von Großherzog Ludwig IV. in Darmstadt, und im Folgejahr wurde er zum Kabinettsrat ernannt und ein Jahr später unter dem neuen Großherzog Ernst Ludwig zum Vorstand des großherzoglichen Kabinetts; 1893 erhielt Römheld den Titel eines Geheimen Kabinettsrat. Als Berater des Großherzogs v.a. in kunstpolitische Fragen unterstützte er dessen Bemühungen zur Gründung der Darmstädter Künstlerkolonie und war damit einer der Mitbegründern. Später trat er als Museumsdirektor vor allem kulturpolitisch hervortrat. Bereits 1899, also kurz vor der Gründung der Künstlerkolonie, ließ sich Römheld von dem bekannten Architekten Paul Wallot ein Wohnhaus auf der Mathildenhöhe errichten. Von 1904 bis 1921 war Römheld Direktor des Hessischen Landesmuseums Darmstadt, dessen Neubau von Alfred Messel entworfen und nach längerer Bauzeit Ende 1906 der Öffentlichkeit übergeben werden konnte. In der Zeit zwischen 1901 und 1914 war er an vier großen Kunst- und kunstgewerblichen Ausstellungen auf der Mathildenhöhe sowohl inhaltlich als auch organisatorisch beteilig; er war es auch, der die erste Chronik der Künstlerkolonie verfaßte und neben den Ausstellungen die Einrichtung kunstgewerblicher Manufakturen, namentlich die Großherzogliche Keramische Manufaktur und die Edelglasmanufaktur förderte. Außerdem war Gustav von Römheld an den Vorbereitungen der hessischen Beiträge zu den Weltausstellungen in Paris (1900) und St. Louis (1904) maßgeblich beteiligt.

Am 1.4.1918 wurde Röhmheld durch Großherzog Ernst Ludwig in den erblichen Adelsstand des Großherzogtums Hessen erhoben.

Nachdem Großherzog Ernst Ludwig am 9.11.1918 aufgrund der Auflösung des Kaiserreichs in der Folge des Ersten Weltkrieges abgedankt hatte, und die Neugründung des Volksstaates Hessen, der bis 1945 Bestand hatte, mit Carl Ulrich als erstem Ministerpräsidenten erfolgt war, führte Römheld die Verhandlungen über die wesentlichen Fragen der Fürstenenteignung, die am 19.5.1919 zu einer für den Großherzog vorteilhaften Grundsatzvereinbarung führten.

1921 wurde Gustav von Römheld in den Ruhestand versetzt, war aber ab 1924 Mitglied im Kreisausschuß des Landkreises Darmstadt.

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Bilder: Stefan Jakobi (01/2022)

Darmstadt, Alter Friedhof

Politiker XIV

Omnibus salutem!