Bild: Hanns-Eckard Sternberg (2005)

Berlin-Weißensee, Jüdischer Friedhof

Max Hirsch

Deutscher Politiker und Verlagsbuchhändler; wurde 1864 Mitglied des ständigen Ausschusses der deutschen Arbeiterbildungsvereine. 1868 gründete er mit F.C. Duncker und Hermann Schulze-Delitzsch die linksliberalen Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine nach englischen Vorbild; von 1869 bis 1893 war er Mitglied des Reichstags (Deutsche Fortschrittspartei, später Freisinnige Partei). Später war er Kaufmann in Magdeburg.

Werke u.a.: Die hauptsächlichen Streitfragen der Arbeiterbewegung (1886).

Inschrift: Sein Leben galt der Arbeit für das Volk und sein deutsches Vaterland.

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Hermann Schulze-Delitzsch

Deutscher Sozialpolitiker; der Sohn des Bürgermeisters von Delitzsch studierte in Leipzig und Halle (Saale) Jurisprudenz. 1848 wurde er als Abgeordneter seine Kreises in den Reichstag gewählt und nahm ab jetzt den Doppelnamen an. Nachdem er sich aus dem Staatsdienst zurückgezogen hatte, gründete er 1849 eine Schumachergenossenschaft und legte damit den Grundstein für die neue Rechtsform der “Genossenschaft”, die auf Selbsthilfe basierte. Aufbauend auf Frédéric Bastiat (*1801, †1850) und Jean Baptiste Say (*1767, †1832) forderte er im Interesse des sozialen Friedens eine Interessenharmonie zwischen Kapital und Arbeit und befürwortete das Genossenschaftsprinzip als Korrektiv zum Konkurrenzkapitalismus. Im Gegensatz zu Ferdinand Lassalle und Friedrich Wilhelm Raiffeisen lehnte er Hilfen des Staates ab. 1859 schloß er die ihm nahestehenden Genossenschaften zum Allgemeinen Verband der deutschen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften zusammen. Als er 1859 in das preußische Abgeordnetenhaus gewählt wurde, zog er mit seiner Familie nach Potsdam und setzte dort das Genossenschaftsgesetzes in Preußen und im Norddeutschen Bund durch. Im Jahre 1871 wurde er in den Deutschen Reichstag gewählt - ein Amt, das er bis zu seinem Tode behielt.

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Bilder: Günter Strack (2005)

Potsdam, Alter Friedhof

Franz Duncker

 

Deutscher Politiker und Buchhändler; Sohn Carl Friedrich Wilhelm Dunckers (*1786, †1869); Gründer des Berliner Verlages Duncker & Humblot und Besitzer der Volkszeitung sowie zusammen mit Max Hirsch der Hirsch-Dunckerschen Gewerkvereine; Mitbegründer der Deutschen Fortschrittspartei sowie Mitglied des Preußischen Landtags und des Deutschen Reichstags bis 1877.

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Bild: Hanns-Eckard Sternberg (2005)

Magnesia am Mäander (heutige Türkei)

Rudi Arndt

 

 

Deutscher Politiker (SPD); studierte Staatswissenschaften in Frankfurt am Main, war danach Referent im hessischen Innenministerium, wurde 1952 Stadtverordneter und 1956 Landtagsabgeordneter, 1961 Fraktionsvorsitzender und 1964 hessischer Wirtschafts- und Verkehrsminister. Nach seiner Tätigkeit als Finanzminister des Landes Hessen von 1970 bis 1971 lenkte er von 1971 bis 1977 als Oberbürgermeister die Geschicke der Stadt Frankfurt am Main; als solcher erhielt er den Spitznamen “Dynamit-Rudi”, da er vorschlug, das im Zweiten Weltkrieg durch Bomben zerstörte und bis auf die Außenmauern ausgebrannte Opernhaus abzureißen. Von 1979 bis 1986 war Arndt Mitglied des Europaparlaments. Er starb während einer Schiffsreise auf dem Dnjepr.

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Frankfurt am Main, Hauptfriedhof

Heinrich Lübke

 

Deutscher Politiker (CDU), Bundespräsident von 1959 bis 1969; siebtes von acht Kindern eines Schuhmachers; begann ein Studium der Geodäsie, Landwirtschaft und Kulturbautechnik an der Landwirtschaftlichen Akademie in Bonn, das er bei Ausbruch des Ersten Weltkrieges unterbrach, um sich als Kriegsfreiwilliger zum Militär zu melden. Gegen Ende des Krieges wurde Lübke, der sowohl mit dem EK II. Als auch dem EK I. ausgezeichnet worden war, in das Große Hauptquartier der Obersten Heeresleitung versetzt. Nach dem Ende des Krieges setzte er sein Studium fort, das er 1921 mit dem Examen als Vermessungs- und Kulturingenieu abschloß. Anschließend studierte er bis 1924 Nationalökonomie in Münster und Berlin. Nach verschiedenen Ämtern wurde er 1927 Geschäftsführer der Siedlungsgesellschaft Bauernland AG. Von 1932 bis 1933 saß er Lübke für die Deutsche Zentrumspartei im Preußischen Landtag. Im Dritten Reich wurde er mehrmals verhaftet. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges trat er 1945 der Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU) bei und war von 1953 bis 1959 Bundesminister für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. In seiner Eigenschaft als Bundespräsident förderte er den Gedanken einer großen Koalition und setzte sich für die Beibehaltung des Gedanken an die deutsche Einheit ein; außenpolitisch förderte er die Entwicklungshilfe und bemühte sich um einen Ausgleich mit dem Nachbarn Frankreich.

Am 1. Juli 1959 wurde Lübke im zweiten Wahlgang Nachfolger von Theodor Heuss als Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland - gegen seine Mitbewerber Carlo Schmid (SPD) und Max Becker (FDP) - gewählt.

Am 1. Juli 1964 wurde er von der 4. Bundesversammlung wiedergewählt. 1966 berichtete die Zeitschrift konkret ebenso wie DDR-Medien über Lübke als “KZ-Baumeister“, so daß Lübke sich schließlich veranlaßt sah, zu diesen Vorwürfen im Fernsehen Stellung zu beziehen. Später stellte sich heraus, daß es sich bei diesem Vorwurf um eine vom Ministerium für Staatssicherheit (MfS) gezielte Diffamierung handelte. Am 30. Juni 1969 trat Lübke vorzeitig von seinem Amt zurück.

Verheiratet war Heinrich Lübke seit 1929 mit Wilhelmine, née Keuthen.

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Enkhausen, Friedhof

Bilder: Dieter Georg (05/2006)

Hinweis: Die sterblichen Überreste Themistokles' sollen auf seinen Wunsch hin nach Attika überführt und dort - da er in Griechenland als Verräter galt - heimlich beigesetzt worden sein (Thukydides, Der Peloponnesische Krieg). Der im 1. Jahrhundert vor Christus lebende Kosmograph Diodor berichtet in seinem Werk Bibliotheke historike, daß “in der Nähe des Hafens von Piräus, dort wo das Land vom Vorgebirges des Alkimus wie ein Ellbogen ausläuft und das Meer stets ruhig ist, sich ein großer Felsvorsprung befindet, auf dem sich das Grab des Themistokles in Form eines Altars befindet”. Allerdings sollen die Bürger von Magnesia, die ihn als oikistes (Gründer) der kleinasiatischen Stadt verehrten, für ihn auf dem Marktplatz ein prächtiges Grabmal errichtet haben. Plutarch (~45, †~125) (Plutarch, Bioi paralleloi, Themistokles II) berichtet, in Athen einen direkten Nachkommen des Themistokles gesprochen zu haben, den er anläßlich eines gemeinsamen Philosophiestudiums bei Ammonios kennengelernt hatte. Dieser erzählte ihm, er bezöge aus dem dortigen ehemaligen Anwesen des Themistokles noch Einnahmen.

Themistokles

                          Münze mit dem Bildnis des Themistokles

Athenischer Staatsmann und Feldherr; der Familie der Lykomiden entstammend; Sohn des Neoklos. Als junger Mann führte er einen freizügigen Lebenswandel und verschwendete das Familienvermögen, so daß er von seinen Eltern enterbt wurde. Diese Enterbung brachte ihn jedoch zur Besinnung. so daß er sich dem Gemeinwesen widmete und häufig die Volksversammlung besuchte1. 493/492 setzte er als Archont den Ausbau des Athen vorgelagerten Hafens Piräus zum Kriegshafen durch und erreichte nach der Verbannung seines Widersachers Aristeides (482) den Bau einer griechischen Flotte, um sich der Bedrohung durch die Perser unter Xerxes I. zur Wehr setzen zu können; die dafür notwenigen, erheblichen finanziellen Mitteln konnten durch einen neuen Silberfund in den Silberminen von Laureion aufgebracht werden (der Bau dieser Flotte kennzeichnet zugleich auch eine Verschärfung des Dualismus zwischen Athen und Sparta, nachdem erstmals eine den Hopliten ebenbürtige Streitmacht geschaffen war). Als Führer der überwiegend aus athenischen Schiffen bestehenden Flotte (das delphische Orakel hatte auf wiederholtes Befragen geraten, sich hinter “hölzernen Mauern” zu verteidigen, die er als die Schiffe deutet) siegte er in einer sehr kritischen Situation, nachdem im Juli 480 der Versuch des Spartaners Leonidas, die von Norden eindringenden Perser bei den südlich des Olymps liegenden Thermopylen aufzuhalten, gescheitert war und auch gleichzeitig die Begegnungen der beiden Flotten bei Kap Artemision keine Entlastung für die Bedrohung Griechenland brachte, 480 bei der Insel Salamis über die Perser. Vor dieser bedeutenden Schlacht hatte Themistokles einen Brief an Xerxes gesandt, der diesem den Eindruck eines Verrates vermittelte und den König bestimmt hatte, die Schlacht anzunehmen. Nach der Schlacht erhielt Xerxes von ihm einen zweiten Brief, der ihn vor der angeblichen Absicht der Griechen warnten, sie seien im Begriff die von den Persern über den Hellespont geschlagene Brücke zu zerstören. Da damit die Nachschub der Perser, die nun nicht mehr über eine nennenswerte Flotte verfügten, zumindest gestört , und außerdem der Rückzug gefährdet würde, zog Xerxes seine Truppen eiligst aus Griechenland zurück. In der Erkenntnis, daß die Bedrohung durch die Perser auch dieostrakismos_themistokles2 Zukunft bestimmen könnte, und außerdem als Schutz vor möglichen zukünftigen innergriechischen Auseinandersetzungen ließ er Athen mit einer Mauer umgeben - sehr zum Mißvergnügen der Spartaner, die schon durch den Bau der Flotte die Machtverhältnisse in Griechenland gestört sahen. Ausgelöst durch seinen Hochmut und seine Habgier wurde Themistokles 471 wegen angeblichem Medismos (Perserfreundlickeit) ostrakismiert und verbannt. Da er in Griechenland selber für sich keine Sicherheit sah, bat er schließlich den persischen König Artaxerxes I. um Asyl. Dieser nahm ihn nicht nur freundlich auf, sondern wies ihm drei Städte in der Satrapie Karien zu: Magnesia am Mäander, Lampsagos und Myous. Themistokles’ Initiative und Entschlossenheit ist es zu verdanken, daß Griechenland nicht zu einer der Satrapien Persiens wurde und sich Europa auf der Basis der griechisch-römischer Kultur entwickeln konnte.

Themistokles, der aus zwei Ehen zehn Kinder hatte, von denen nur die Töchter Nikomache und Mnesiptolema überlebten, hatte schon vor seinem Tode Sorge dafür getragen, daß seine Nachkommen auch weiterhin Einfluß über Magnesia behielten. Seine Tochter Mnesiptolema setzte er als Priesterin in dem von ihm errichteten Tempel der phrygischen Göttin Kybele ein.

Ostrakismoi des Themistokles (links u. oben)

 

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1 Eius cultus vitae parentibus minus erat probatus, quod et liberus vivebat et rem familiarem neglegebat.hemistocles a patre exheredatus est.

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Anton Valentin Storch

 

 

Deutscher Politiker (CDU); erlernte das Tischlerhandwerk und arbeitete nach der Lehre bis 1920 als Tischlergeselle - unterbrochen nur durch seine Teilnahme am Ersten Weltkrieg. Bis 1933 war er Christlicher Gewerkschafter und Mitglied der Zentrum-Partei. Nach der “Machtübernahme” durch die Nationalsozialisten arbeitete er als Versicherungsvertreter. 1945 war Storch Mitgründer der Allgemeinen Gewerkschaft und der Christlich Demokratischen Union (CDU) in Hannover und bis zur Gründung der Bundesrepublik Deutschland von 1948 bis 1949 Direktor der Verwaltung für Arbeit im Vereinigten Wirtschaftsgebiet. Anschließend gehörte er bis 1957 als Bundesminister für Arbeit den beiden ersten Regierungen Konrad Adenauers an. Storch gilt als "Vater der dynamische Rente", d.h. die Entwicklung der Renten wurden derjenigen der Bruttolöhne angepaßt. Nach seinem Ausscheiden aus der Regierungsverantwortung gehörte Storch, der von der Gründung der Bundesrepublik bis 1965 Mitglied des Deutschen Bundestages war, bis 1965 Mitglied des Europäischen Parlaments.

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Fulda, Friedhof Frauenberg

Berlin, Friedhof I der Jerusalems- und Neuen Kirchengemeinden

Bilder: Susanne Münstermann (05/2016)
Bild: Matthias Bauer

Manfred Stolpe

 

 

Deutscher Politiker (SPD); Ministerpräsident von Brandenburg (1990-2002); Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen (2002-05); kam 1945 mit seinen Eltern auf der Flucht vor der anrückenden Roten Armee nach Greifswald. studierte ab 1955 nach dem Abitur Rechtswissenschaft an der Universität Jena, welches er 1959 mit dem Abschluß Diplom-Jurist beendete. Danach war er als Konsistorialassessor, ab 1969 als Oberkonsistorialrat und ab 1982 als Präsident des Konsistoriums für die Evangelische Landeskirche Berlin-Brandenburg tätig; Nach der deutsch-deutschen Wiedervereinigung trat er im Juni 1990 in die SPD ein, und im November 1990 wurde er zum Ministerpräsidenten von Brandenburg gewählt1. Bei den Landtagswahlen im September 1994 wurde er mit absoluter Mehrheit im Amt bestätigt. Nach der Bundestagswahl 2002 wurde er am 2210.2002 als Bundesminister für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen in die von Bundeskanzler Gerhard Schröder ((SPD) geführte Bundesregierung berufen. Nach der Bundestagswahl im Jahr 2005 – sie führte zu einem Regierungswechsel und einer großen Koalition – schied Stolpe am 22.11.2005 aus dem Amt. Sein Nachfolger als Verkehrsminister wurde Wolfgang Tiefensee (SPD).

Manfred Stolpe war Mitglied im Lenkungsausschuss des deutsch-russischen Petersburger Dialogs., dessen Ziel es war, die Verständigung zwischen den Zivilgesellschaften Deutschlands und Rußlands zu fördern.

Werke u.a.: Den Menschen Hoffnung geben (1991), Schwieriger Aufbruch (1992).

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1 Hinweise auf eine mögliche Informantentätigkeit Stolpes für den Staatssicherheitsdienst der DDR führten im Februar 1992 zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der im Mai 1994 seinen Abschlußbericht vorlegte. Stolpe räumte Verbindungen zur Staatssicherheit ein, rechtfertigte seine Kontakte jedoch mit seiner Tätigkeit für die Kirche und betonte seine grundsätzliche Unschuld. Aufforderungen zum Rücktritt, die von verschiedenen Seiten immer wieder an ihn herangetragen wurden, wies er als gegenstandslos zurück.

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Potsdam, Bornstedter Friedhof

Carl Georg Hermann Neinhaus

 

 

Deutscher Politiker (NSDAP, CDU), Jurist; Sohn eines Pfarrers; studierte nach dem in Duisburg abgelegten Abitur Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft an den Universitäten Heidelberg und Bonn, promovierte 1919 in Bonn zum Dr. jur. und trat anschließend in den Verwaltungsdienst ein. 1920 wurde er Beigeordneter in Barmen und 1928 als parteiloser Kandidat mit 93 gegen 12 Stimmen zum Oberbürgermeister von Heidelberg gewählt. Nach der “Machtergreifung” der NSDAP im Januar 1933 begannen auch in den Stadt- und Ortsverwaltungen die “Säuberungen” durch die Partei, mit dem Ziel, den Widerstand im Keim zu ersticken. Während überall im Reich mit ganz wenigen Ausnahmen die Stadtoberhäupter aus ihrem Ämtern vertrieben wurde, gelang es Neinhaus, der am 1.5.1933 in die Partei eingetreten war, durch Zugeständnisse an die örtliche NSDAP - wie die Ehrenbürgerschaft für Adolf Hitler, die Unterstützung des Boykott jüdischer Geschäfte durch die Verwaltung - bis 1945 im Amt des Oberbürgermeisters von Heidelberg zu bleiben. In dieser Zeit hat er einige wenige Projekte realisiert: 1933 den sogenannten Ehrenfriedhof, den Zoo Heidelberg, der am 20.11.1934 offiziell eröffnet wurde, 1935 die Thingstätte, die unter dem Namen “Feierstätte Heiligenberg“ von Propagandaminister Joseph Goebbels eröffnet wurde, und am 1.9.1939 eröffnete Neinhaus im Rahmen eines großen Sportfests das Thermalbad, das wegen seines Salzgehalte auch ”Ostseebad“ genannt wurde; dessen Baukosten beliefen sich auf 370.000 Reichsmark. Ende März 1945 ermöglichte er die kampflose Übergabe der Stadt an die US-amerikanischen Truppen, während anderorts Hitlers Durchhalteparolen galten. Allerdings hatte er am 25.3.1945 Akten im Rathaus vernichten lassen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde er von der US-amerikanischen Militärregierung als Oberbürgermeister abgesetzt.

Im ersten Spruchkammerbescheid des sogenannten Entnazifizierungsverfahren wurde Neinhaus . 1947 als ”Mitläufer”, in einem zweiten Verfahren 1949 dann als “entlastet” eingestuft, nachdem sich eine Reihe prominenter Heidelberger Bürger in Anbetracht seiner kommunalpolitischen Leistungen während seiner Amtsführung in der Zeit des Nationalsozialisten für ihn eingesetzt hatte1. Er zog nach Kohlhof, einem am Rande Heidelberg gelegenen Ortsteil, in dem sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges viele Prominente sich niedergelassen hatte, und wo er bis 1958 wohnte..

Nachdem Neinhaus 1952 als CDU-Kandidat in direkter Wahl mit 50,9% der Stimmen erneut zum Oberbürgermeister gewählt worden war, konnte er .das Amt antreten und mit der Fortsetzung der von ihm bereits geplanten Projekte, wie z.B. die Verlegung des Hauptbahnhofs nach Westen, beginnen. Zuvor, bereits 1950, war Neinhaus in den Württemberg-Badischen Landtag, 1952 in die Verfassunggebende Landesversammlung von Baden-Württemberg und zu deren Präsidenten, schließlich 1953 und erneut 1956 zum Abgeordneten und Präsidenten des Landtags gewählt worden.

Am 23. März 1963 wurde ihm die Ehrenbürgerschaft verliehen, wobei der "besondere Anteil" an der Rettung Heidelbergs vor der Zerstörung herausgestellt wurde. Zudem wurde Carl Neinhaus, der auch dem Präsidium des Deutschen Städtetags angehört hatte, mit dem Großkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet.

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1  Für Karl Jaspers, dem 1937 die Lehrbefugnis an der Universität Heidelberg entzogen worden war, galt er als ”ein typischer Mitläufer und unbedeutender Charakter, aber ein tüchtiger Bürgermeister“

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Bilder: Claus Harmsen Stones & art 1992

Heidelberg, Bergfriedhof

Boris Efimowitsch Nemzow  [russ. Борис Ефимович Немцов]

 

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Russischer Politiker; Sohn von Jefim Dawydowitsch Nemzow, Funktionär der KPdSU und einige Zeit stellvertretender Bauminister der Sowjetunion, sowie dessen Frau, der Kinderärztin Dina Jakowlewna, née Eidman, die nach der Scheidung mit den Kindern nach Gorki (heute wieder Nischni Nowgorod) zog; studierte von 1976 bis 1981 Strahlenphysik an der Staatsuniversität Gorki und erhielt 1985 den Titel Kandidat der Wissenschaften (dem deutschen Doktorgrad entspr.) in Physik und Mathematik. Danach arbeitete er bis 1990 als Wissenschaftler am Strahlenphysikalischen Горьковский научно-исследовательский радиофизический институт, НИРФИ (Gorkowskij nautschno-issledowatelskij institut, HIRFI. Forschungsinstitut Gorki). In den frühen 1980er Jahren, während seiner Zeit beim Komsomol, dem Jugendverband der KPdSU, lernte er Sergej Kirijenko (*1962) kennen, der aus Gorki stammte und der von April bis August 1998 Ministerpräsident von Rußland war. .

Nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl im Jahre 1986 begann sich Nemzow sich in Umweltinitiativen zu engagierten, und 1988 beteiligte er sich an einer Bewegung, die den Bau des Kernheizwerkes Gorki verhinderte. Von 1991 bis 1997 war er Erster Gouverneur der Region Nischni-Nowgorow und von April bis November 1997 Minister für Kraftstoff und Energie, anschließend bis 1998 Stellvertretender Ministerpräsident der Russischen Föderation.

 

 

Boris Nemzow, der als prominentestes Mitglied der Opposition Wladimir Putin u.a. wegen des Tschetschenien-Krieges scharf kritisierte, wurde um 23h31 mit mehreren Pistolenschüssen auf der Большой Москворецкий мост (Große Moskwa-Brücke) ganz in der Nähe des Kremls von fünf Männern aus Tschetschenien ermordet, die auch verurteilt wurden; die Auftraggeber sind bis dato allerdings unbekannt geblieben.

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Moskau, Trojekurowo-Friedhof

Bild: Kisavinov (05/2017), Wikipedia.ru
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Peter von Oertzen

 

 

Deutscher Politikwissenschafter und Politiker (SPD); einem sozial-konservativen Elternhaus des mecklenburgischen Landadels entstammend; sohn des nationalkonservative Journalist Friedrich Wilhelm von Oertzen; diente während des Zweiten Weltkrieges von 1942 bis 1945 in der Wehrmach, wurde 1946 Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) In der Zeit seines Studiums - er studierte an der Universität Göttingen Geschichte, Philosophie und Soziologie, wurde promoviert und habilitierte sich dort - engagierte er sich im Sozialistischer Deutscher Studentenbund (SDS). 1963 wurde v. Oertzen als ordentlicher Professor für Politische Wissenschaft an die damalige Technische Hochschule Hannove -, Vorläuferin der jetzigen Universität Hannover - berufen. In den 1950er Jahren, der Hochzeit des Kalten Krieges- suchte er einen Dritten Weg und glaubte daran, innerhalb der SPD einen linkssozialistischen Flügel aufbauen zu können, der die gesamte Partei nach links ziehen würde. So gehörte v. Oertzen zu den wenigen Sozialdemokraten, die die Wende der SPD zum Godesberger Programm 1959 aktiv, aber vergeblich bekämpften, und zu den 16 Delegierten, die ihm schließlich die Zustimmung verweigerten. Dabei legte er auch einen Alternativvorschlag vor, der die Prinzipien des Demokratischen Sozialismus stärker betonte und weitgehende Sozialisierungen besonders auch von Banken und Versicherungen forderte. Das Programm richte die Partei „einseitig auf die parlamentarische Auseinandersetzung aus“. Es verwische „die Klassenlage und die Klasseninteressen der Arbeitnehmerschaft“, in diesem Zusammenhang seien auch die Angebote an den selbstständigen Mittelstand „fragwürdig“. Zudem wies von Oertzen darauf hin, dass das Programm insgesamt von einem kaum gerechtfertigten wirtschaftlichen Optimismus getragen sei: „Die Verfasser glauben im Grunde nicht an die Möglichkeit ernsthafter konjunktureller Rückschläge“. Damit stimmte er inhaltlich teilweise mit Wolfgang Abendroth überein, dessen Gegenentwurf ihm aber zu dogmatisch erschien. Im Zusammenhang der Auseinandersetzung mit dem Godesberger Programm gehörte von Oertzen zu den Autoren der Zeitschrift Sozialistische Politik.

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Bild: Detlef Buhre (02/2020)

Hannover-Nordstadt, Neuer Nikiolai Friedhof

Hinweis: Peter von Oertzen fand seine letzte Ruhestätte in der Grabanlage der Familie Buchholz; sein Name ist nicht erwähnt.

Bilder: Klaus Meinert (09/2021)
Politiker XX

Omnibus salutem!