Maria Sophie von La Roche née Gutermann von Gutershofen

              1778

Deutsche Schriftstellerin; erstes Kind des Stadtphysikus’ (Arztes) Georg Friedrich Gutermann, der 1741 in den Reichsadelsstand erhoben wurde und sich fortan Gutermann von Guterhofen nennen durfte; an die ersten sieben Jahre ihrer Kindheit, die sie in ihrer Geburtsstadt zubrachte, dachte sie später gerne zurück; zwar erzog der Vater das wissbegierige Kind auch hier schon streng, aber sie erinnerte sich auch an viele glückliche Tage mit ihrer Mutter, die sie mit hinaus in die Natur nahm. 1737 übersiedelte die Familie nach Lindau und 1741 nach Augsburg, wo sie den größten Teil ihrer Jugend in strenger, protestantisch-pietistischer Erziehung - in Vorbereitung auf ihre spätere Aufgaben als Hausfrau - verbrachte; sie erlernte aber auch das Französische und zu musizieren; nur das Lateinische blieb ihr verschlossen; sie wird dies stets bedauern, da ihr der Zugang zu den wissenschaftlichen und theologischen BianconiWerken damit verschlossen blieb. 1747, als sie 17 Jahre alt war, machte sie über ihren Vater Bekanntschaft mit dem hochgebildeten Italiener Giovanni Lodovico Bianconi (*1717), Leibarzt des Fürstbischofs von Hessen-Darmstadt. Er war von dem hübschen Mädchen angetan, unterrichtete sie mit Zustimmung ihres Vaters ein wenig in höherer Mathematik und führte sie in die Archäologie und Kunst ein. Sie verliebte sich in ihn, und sie verlobten sich; der Vater aber lehnte zunächst ab, da er keinen Papisten in der Familie zu haben wünschte, und schob die Entscheidung heraus. Als 1748 die Mutter, von 13 Geburten erschöpft, im Alter von nur 36 Jahren 1748 starb, fühlte er sich mit allem überfordert, gab die Kinder, von denen nur noch vier lebten, zu ihrem Großvater, der dort Senator war, nach Biberach und unternahm selber gemeinsam mit Bianconi, den er auch näher kennenzulernen hoffte, eine Reise in den Süden, wo er auch die Familie Bianconis kennenlernte. Nach der Rückkehr stimmte er zunächst einer Verbindung zu, machte aber die letztendliche Zustimmung vom Zustandekommen eines befriedigenden Ehevertrages abhängig. Da eine Einigung in wichtigen Punkten nicht erzielt werden konnte, zwang er seine Tochter, das Verlöbnis zu lösen. Wieder wurde sie von Augsburg nach Biberach geschickt. Dort, im Haushalt des mit ihrer Familie verwandten Pfarrers Thomas Adam Wieland lernte sie dessen Sohn, ihren Cousin Christoph Martin Wieland kennen, und dort verlobte sie sich im Sommer 1750 mit dem 17-Jährigen (”Nichts ist wol gewisser, als daß ich, wofern uns das Schicksal nicht im Jahre 1750 zusammengebracht hätte, kein Dichter geworden wäre” schrieb dieser später). Da Wieland keine weiteren Anstalten in Bezug auf eine Heirat machte, sich vielmehr monatelang in Zürich aufhielt, heiratete Sophie schließlich 1753 - inzwischen 23 Jahre alt - mit ihres Vaters Einverständnis den katholischen (!) Verwaltungsfachmann Georg Michael Frank La Roche, der - so wird gemutmaßt - aus einer Affäre der Tänzerin Catharina La Roche mit dem kurmainzischen Staatsminister Friedrich von Stadion-Warthausen hervorgegangen war (letzterer hatte ihn zu sich genommen und für eine sorgfältige Erziehung und Ausbildung gesorgt). Sophie zog zu ihrem Ehemann nach Mainz, wo sie im Stadioner Hof Quartier aufschlugen. Nach dessen Entlassung aus Mainzer Diensten lebte sie mit ihm auf den Gütern des Grafen in Bönnigheim und Warthausen. Dort fühlte sie sich unterfordert und litt v.a. an der Trennung von ihren beiden Töchtern, die sie in einem Kloster erziehen lassen mußte. So begann sie gegen die Vereinsamung und gegen die Depression mit dem Schreiben: “Ich wollte nun einmal ein papiernes Mädchen erziehen, weil ich meine eigenen nicht hier hatte, und da half mir meine Einbildungskraft aus der Verlegenheit und schuf den Plan zu Sophiens Geschichte…” Es entstand - auch mit dem Zuspruch Wielands und ihm als Herausgeber einer der erfolgreichsten Romane des 18. Jahrhunderts: Geschichte des Fräuleins von Sternheim – von einer Freundin derselben aus Original-Papieren und anderen zuverlässigen Quellen gezogen. Im Erscheinungsjahr 1771 wurde La Roche Kanzler des Trierer Kurfürsten in Koblenz. Die Familie bezog in dem auf dem Koblenz gegenüberliegenden Rheinufer gelegenem Städtchen Ehrenbreitstein ein Haus. Dort scharte Sophie von La Roche einen eleganten literarischen Kreis um sich, dem u.a. Basedow, Heinse, Johann Heinrich Merck, Lavater sowie die Brüder Friedrich (Fritz) und Johann Georg Jacobi und wo auch der junge Goethe sich einstellte. 1780 endete das Idyll, da der liberale La Roche wegen seiner Kirchenkritik aus den Diensten des Kurfürsten Clemens Wenzeslaus entlassen wurde. Der Domherr von Speyer bot ihnen Unterkunst bei sich an, so daß sie sich entschlossen, nach Speyer zogen. Da sich auch ihre Einkünfte stark reduzierten, gab sie 1783/84 - als erste Frau Deutschlands - eine überregional verbreitete Frauenzeitschrift (Pomona. Für Teutschlands Töchter) heraus, für sie auch die meisten Beiträge schrieb. Selbst Katharina II. gehörte zu den Abonnenten der Zeitschrift. Zugleich begann sie - sozusagen als Berufsschriftstellerin - triviale auf den Geschmack eines breiten Publikums Zugeschnittenes zu publizieren. Immerhin war sie jetzt in den Stand gesetzt, auf Reisen zu gehen; sie besuchte u.a. die Schweiz, wohin ihre Popularität ihr vorausgeeilt war. In Morges am Genfer See traf sie die damals 18-jährige Germaine Necker, die später als Madame de Staël mit ihrem Buch über Deutschland bekannt wurde. Auf dieser Reise (1784) besuchte sie u.a. Johann Georg Schlosser, mit dessen inzwischen im Kindbett verstorbener Frau Cornelia, Goethes Schwester, sie in Korrespondenz gestanden hatte. In Paris - in Begleitung ihrer Freundin Elise von Bethmann - wurde sie Zeugin der Feierlichkeiten anläßlich der Geburt Marie Antoinettes Sohn. Sie sah aber auch das Elend der Armen in den Straßen der französischen Hauptstadt; anders aber als später ihre Enkelin Bettine empfindet sie zwar christliches Mitleid und begrüßt auch die tätige Hilfe, aber die wirklichen Ursachen oder gar Überlegungen zu deren Überwindung waren ihr fremd. Tief beeindruckt war sie von der Pracht Versailles. Ihre Eindrücke hielt sie in ihre veröffentlichten Reisetagebüchern fest. Nach ihrer Heimkehr aus England, wohin sie 1786 gereist war, übersiedelte sie mit ihrem Mann nur ungern nach Offenbach, wo dieser mit finanzieller Unterstützung ihres Schwiegersohnes Peter Anton Brentano (*1735, †1797) - ohne ihr Wissen und während sie auf Reisen war - in der Domstraße ein Haus, die “Grillenhütte”, erworben hatte (das Haus wurde 1960 abgerissen). Dort verlebte sie die letzten beiden Jahrzehnte ihres Lebens . Als ihr Mann nach einer halbseitigen Lähmung durch einen Schlaganfall zwei Jahre später starb, stand sie fast mittellos da. So verstärkte sie wiederum ihre schriftstellerische Tätigkeit, sie übersetzte aus dem Französischen und sie reiste wieder, unternahm eine dritte Reise in die Schweiz (1793) und besuchte Sachsen (1796) und Thüringen (1800) und veröffentlichte die Erfahrungen erneut. Als 1794 das französische Revolutionsheer des linke Rheinufer besetzten, entfiel auch noch ihre Gnadenpension als auch die Zolleinnahmen von Boppard, die ihrem Mann gewährt worden war. Zudem hatte sie in ihrem Haus zahlreiche “Untermieter”: Ihre zweite Tochter Luise hat ihren trinkenden Mann verlassen, ihres Mannes Nichte Cordula, den Sohn von Elise von Bethmann, wenngleich als zahlenden Kostgänger, und zeitweise ihre Enkelinnen Bettine, Ludovica (Lulu) und Magdalene (Meline). Im Juli 1799 reiste sie mit ihren 22- bzw. 19jährigen Enkelinnen Sophie und Gunda Brentano nach Weimar und besuchte auf seinem Rittergut Oßmannstedt noch einmal ihren Jugendfreund Wieland, mit dem sie trotz mancher Verstimmung über die vielen Jahre in Kontakt geblieben war; der, beeindruckt von der trotz eines verlorenen Auges schönen Sophie Brentano, las ihr aus seinem neuesten Werk Aristipp vor (sie wird 1800 noch einmal dorthin zurückkehren und dort am 20. September in seinem Haus an einer Gehirnhautentzündung sterben). Sophie La Roche traf auch ihren Enkel Clemens Brentano, der aus Jena, wo er seit 1798 studierte, mit seiner sieben Jahre älteren und unglücklich verheirateten Geliebten Sophie Mereau zu Besuch herüberkam. Im Alter kam ihr ihre heitere Stimmung abhanden; der frühe Tod ihrer Tochter Maxe und ihres Sohnes, ihrer Enkelin Sophie und vieler ihrer Freunde, besonders die Selbsttötung ihres Freundes Johann Heinrich Merck wegen starker Depressionen im Jahre 1791, bekümmerte sie. Sophie von La Roche starb im Alter von 76 Jahren nach kurzer Krankheit. Obwohl Protestantin geblieben, wurde sie auf dem katholischen Friedhof von Bürgel neben ihrem Mann beigesetzt, da es zu jener Zeit in Offenbach noch keinen katholischen Friedhof gab.

Die älteste Tochter, Maximiliane, gen. Maxe (*1756, †1793), die Mutter von Georg Brentano, Clemens Brentano und Bettine von Arnim.

Goethe, der für ihre schöne, mit dem Kaufmann Peter Anton Brentano verheiratete Tochter Maxe schwärmte und die Brentanos häufig in deren Haus besuchte, äußerte sich in Dichtung und Wahrheit über deren Mutter bewundernd: “Sie war eine wunderbarste Frau, und ich wüßte ihr keine andre zu vergleichen. Schlank und zart gebaut, eher groß als klein, hatte sie bis in ihre höheren Jahre eine gewisse Eleganz zu erhalten gewußt, die zwischen dem Benehmen einer Edeldame und einer würdigen bürgerlichen Frau gar anmutig schwebte“.

Maxe Brentano mit ihrer Mutter Sophie und ihrem Gatten Peter Anton Brentano (~1773/74).

Werke u.a.: Tagebuch einer Reise durch die Schweitz (1787), Journal einer Reise durch Frankreich (1787) Tagebuch einer Reise durch Holland und England (1788), Melusinens Sommerabende (1806).

Inschrift: An des Vaters Seite ruht die Gattin Sophie de la Roche, geb. Guntermann, gest. 18. Februar 1807 und der Sohn Franz Wilhelm de la Roche, gest. 12. Dez. 1791

Bey diesem Stein ruhet Georg Michael Edler von Laroche - Alter Canzler und Staatsrat v. Chur. Trier - Sein grosser Geist, seine Rechtschaffenheit und Guete werden von allen Redlichen verehrt. Er liebte die Landsleute und wuenschte sich ein Grab bei ihnen. Gott rufet ihn zu Lohn seiner Tugenden den 21, November 1788 im 69. Jahre seines Lebens in Offenbach am Mayn.

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Hans Theodor Woldsen Storm

Deutscher Dichter; der Sohn eines Advokaten studierte Jura in Kiel und Berlin und ließ sich als Advokat in Husum nieder; er verlor dieses Amt jedoch, als die Dänen im Jahre 1853 Schleswig-Holstein einnahmen, und zog daraufhin nach Potsdam und Heiligenstadt, wo er im Gerichtsdienst tätig war, bis er schließlich 1864 nach Husum zurückkehrte, als dieses zu Preußen gekommen war. Dort arbeitete er als Oberamtsrichter. Seine Vorbilder fand er in den Schriftstellern der Spätromantik, u.a. in Joseph von Eichendorff, Heinrich Heine und Eduard Mörike. Er pflegte einen regen Schriftverkehr mit Theodor Fontane, Paul von Heyse, Gottfried Keller und Iwan Turgenjew.

Werke u.a.: Liederbuch dreier Freunde (1843), Der kleine Häwelmann (1849), Immensee (1850), Die Regentrude (1864), Pope Poppenspäler (1874), Aquis submersus (1876), Der Schimmelreiter (1888).

Die Stadt

     Am grauen Strand, am grauen Meer
     Und seitab liegt die Stadt;
     Der Nebel drückt die Dächer schwer,
     Und durch die Stille braust das Meer
     Eintönig um die Stadt.
    
     Es rauscht kein Wald, es schlägt im Mai
     Kein Vogel ohn Unterlaß;
     Die Wandergans mit hartem Schrei
     Nur fliegt in Herbstesnacht vorbei
     Am Strande weht das Gras.
    
     Doch hängt mein ganzes Herz an dir,
     Du graue Stadt am Meer;
     Der Jugend Zauber für und für
     Ruht lächelnd doch auf dir, auf dir,
     Du graue Stadt am Meer.
[Storm: Gedichte, Ausgabe 1885]

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Bilder: KN

Offenbach-Bürgel, St. Pankratius Kirche

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Maximiliane von La Roche, Goethes Mutter und seine Schwester Cornelia beobachten Johann Wolfgang beim Eislauf im Januar 1774 auf dem Main (im Hintergrund der Kaiserdom) - eine Begebenheit, von der Aja noch Jahre später Bettine anschaulich berichtete: ..“So was Schönes gibt es (gemeint sind ihres Sohnes Eislaufkünste) nicht mehr, ich klatschte in die Hände vor Lust!...” .

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Richard Dehmel

Bild: Rudolf Dührkoop (1914)   

 

Deutscher Lyriker; Sohn eines Försters, studierte von 1882 bis 1887 in Berlin und Leipzig Naturwissenschaft, Volkswirtschaft, Soziologie und Philosophie, arbeitete nach der Promotion in einer Versicherungsanstalt in Berlin, wo er der Tafelrunde des Schwarzen Ferkels angehörte; 1891 schloß er Freundschaft mit dem impressionistischen Schriftsteller Detlev von Liliencron, der in Blankenese ganz in seiner Nähe wohnte, wurde sehr stark von Friedrich Nietzsche (”Schöne wilde Welt”) beeinflußt. Typisch für sein Werk war eine Tendenz zur kosmischen Macht des Eros (Panerotismus) und zur metaphysischen Spekulation. Ab 1885 lebte Dehmel als freier Schriftsteller und unternahm ausgedehnte Reise durch ganz Europa. Er gehörte zu den Mitbegründern der Kunstzeitschrift Pan. Seine Arbeiten und seine zentrale Position als Vertreter des Jugendstils hatten große Auswirkungen auf seine Zeitgenossen, so vertonten z.B. Max Reger, Richard Strauss und Arnold Schönberg einige seiner Gedichte. 1914 meldete er sich freiwillig an die Front, wo er sich ein Venenleiden zuzog, an dessen Spätfolgen er starb. Verheiratet war Dehmel von 1889 bis 1898 mir Kinderbuchautorin Paula Oppenheimer (*1862, †1918), der Schwester des Soziologen und Nationalökonomen Franz Oppenheimer.

Werke u.a.: Erlösungen. Eine Seelenwandlung in Gedichten und Sprüchen (1891), Aber die Liebe (1893), Weib und Welt (1896), Zwei Menschen. Roman in Romanzen, 1903), Michel Michael (1911), Die Menschenfreunde (1917).

Der Arbeitsmann

Wir haben ein Bett, wir haben ein Kind,
mein Weib!
Wir haben auch Arbeit, und gar zu zweit,
Und haben die Sonne und Regen und Wind,
Und uns fehlt nur eine Kleinigkeit,
Um so frei zu sein, wie die Vögel sind:
Nur Zeit.

Wenn wir sonntags durch die Felder gehn,
Mein Kind,
Und über den Ähren weit und breit
Das blaue Schwalbenvolk blitzen sehn:
O, dann fehlt uns nicht das bißchen Kleid,
Um so schön zu sein, wie die Vögel sind:
Nur Zeit.

Nur Zeit! Wir wittern Gewitterwind,
Wir Volk.
Nur eine kleine Ewigkeit;
Uns fehlt ja nichts, mein Weib, mein Kind,
Als all das, was durch uns gedeiht,
Um so froh zu sein, wie die Vögel sind:
Nur Zeit!

Klarer Tag

Der Himmel leuchtet aus dem Meer;
ich geh und leuchte still wie er.
Und viele Menschen gehn wie ich,
sie leuchten alle still für sich.
Zuweilen scheint nur Licht zu gehn
und durch die Stille hinzuwehn.
Ein Lüftchen haucht den Strand entlang:
o wundervoller Müßigang.

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Husum, St. Jürgen-Friedhof

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Detlev Freiherr von Liliencron eigentl. Friedrich Adolf Axel Frhr. von Liliencron

               Bild: Rudolf Dührkoop (1905)

Deutscher Lyriker; der aus einer verarmten Adelsfamilie stammende Sohn eines dänischen Zollbeamten wurde nach Abbruch des Gymnasiums und Besuch der Realschule in Erfurt Offizier; er nahm 1866 am Deutschen Krieg zwischen Preußen und Österreich um die Hegemonie in Deutschland und dem Feldzug gegen Frankreich 1870/71 teil, demissionierte jedoch wegen Verschuldung und ging nach Amerika, kam enttäuscht nach Deutschland zurück und lebte nach 1887 als freier Schriftsteller in München und Berlin. Als er 1901 nach Alt-Rahlstedt zurückgekehrt war, erhielt er einen Ehrensold durch Willhelm II.. Zu seinem Freundeskreis gehörten Richard Dehmel, Elisabeth Förster-Nietzsche und Harry Graf Kessler.

Werke u.a.: Adjutantenritte (1883), Poggfred (1896).

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Figur an der Rückseite des Hauses.

Hamburg-Blankenese, Dehmelstr. 1

Matthias Claudius

      

Deutscher Dichter; der Sohn eines Pastors studierte in Jena Jura und Theologie und war Mitglied der Deutschen Gesellschaft in Jena. Da seine ersten literarischen Werke ohne Erfolg waren, verdiente Claudius seinen Lebensunterhalt als Privatsekretär in Kopenhagen und als Redakteur in Hamburg, wo er von 1771 bis 1776 den Wandsbecker Bothen, die erste deutsche Volkszeitung, herausgab, für die u.a. als Mitarbeiter Gotthold Ephraim Lessing, Johann Gottfried Herder, Friedrich Gottlieb Klopstock und Johann Wolfgang von Goethe gewonnen werden konnten. 1775 erschienen im Bothen eigene gesammelte Beiträge. Er schrieb in einem von tiefer Religiosität geprägten naiven Stil. 1776 übernahm er auf Vermittlung Herders einen Verwaltungsposten in Darmstadt, kehrte krankheitsbedingt jedoch bereits 1777 nach Wandsbeck zurück, 1779 entstand sein berühmtestes Werk, das Abendlied Der Mond ist aufgegangen. 1788 erhielt er durch den dänischen Kronprinzen einen Aufsichtsposten bei der Schleswig-Holsteinischen Bank In seinen letzten Jahren lebte er im Hause seines Schwiegersohn C. Perthes, eines Buchhändlers, und wirkte an Carl Wilhelm Friedrich von Schlegels Zeitschrift Deutsches Museum mit.

Werke u.a.: Tändeleien und Erzählungen (1763), Der Mensch, Der Tod und das Mädchen.

                Abendlied

        Der Mond ist aufgegangen,
        Die goldnen Sternlein prangen
        Am Himmel hell und klar;
        Der Wald steht schwarz und schweiget,
        Und aus den Wiesen steiget.
        Der weiße Nebel wunderbar.
       
[Claudius: 1. Strophe des Abendliedes]

                 Die Liebe

        Die Liebe hemmet nichts; sie kennt nicht Tür noch Riegel
        Und dringt durch alles sich;
        Sie ist ohn’ Anbeginn, schlug ewig ihre Flügel
        Und schlägt sie ewiglich.

“Wenn einer eine Reise tut, so kann er was erzählen.” Das bekannte Zitat steht am Anfang von Matthias Claudius' Gedicht Urians Reise um die Welt aus dem Jahr 1786.

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Hamburg-Alt Rahlstedt, Friedhof

Hamburg-Wandsbek, An der Christuskirche

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Kurt Bartsch

 

 

Deutscher Lyriker, Dramatiker und Prosaautor; arbeitete nach dem Besuch des Gymnasiums in verschiedenen Berufen, u.a. als Büroangestellter, Leichenträger, Lagerarbeiter und Lektoratsassistent. Ab 1964 studierte er am Institut für Literatur Johannes R. Becher in Leipzig. Nach dem XI. Plenum des ZK der SED brach er das Studium ab. Ab 1969 war an der Volksbühne in Berlin und am Mecklenburgischen Staatstheater in Schwerin tätig. Wegen einer Protestnote an Erich Honecker wurde er 1979 aus dem Schriftstellerverband der DDR ausgeschlossen und übersiedelte mit einem Dauervisum 1980 nach West-Berlin.

Kurt Bartsch gehörte dem Kreis der Sächsischen Dichterschule an, in der er eine zentrale Rolle einnahm. Sein lyrisches Werk in den Veröffentlichungen Zugluft, Kalte Küche und der im Rotbuch-Verlag erscheinenden Die Hölderlinie ist gekennzeichnet von Parodien, Porträt- und Spottgedichten. Die Theatertextsammlung Der Bauch und andere Songspiele ist eine Sammlung von Sozialstudien in der Tradition von Bertolt Brecht. Sein Buch Kaderakte ist eine Mischung aus Lyrik und Kurzprosa und stellt zusammen mit dem Roman Wadzeck eine Auseinandersetzung mit den Machtstrukturen in der DDR dar. In seinem Roman Fanny Holzbein erzählt er in einer beeindruckenden, bildhaften Sprache aus der Zeit der letzten Kriegstage im Berliner Stadtzentrum.

Verheiratet war Kurt Bartsch seit 1974 mit der Schriftstellerin Irene Böhme.

Auszeichnungen u.a.: Bambi (für seine Drehbücher zur Serie Unser Lehrer Doktor Specht), Deutscher Fernsehpreis 1996 (für seine zahlreichen Fernsehfilme).

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Berlin, Friedhof a.d. Stubenrauchstraße

Bilder: Parsifal von Pallandt (11/2020)

Fedor Karl Maria Hermann August von Zobeltitz

Deutscher Schriftsteller und Journalist; Sohn eines Gutsbesitzers; schlug zunächst die militärische Laufbahn ein, indem er sich im Alter von 16 Jahren freiwillig zur Kavallerie meldete, quittierte jedoch nach sieben Jahren den dienst und kehrte in die Heimat zurück, wo er für einige Jahre als Verwalter auf dem väterlichen Gut Spiegelberg tätig war. In dieser Zeit begann er bereits, regelmäßig Artikel für für Neue militärische Blätter und Die Unteroffizierszeitung zu verfassen. Nach seinem Umzug nach Berlin arbeitete er als Redakteur des Deutschen Familienblattes, redigierte zeitweise das Feuilleton des Deutschen Tageblatts und der Täglichen Rundschau und war von 1888 bis 1891 Chefredakteur der Illustrierten Frauenzeitung. Seit Anfang der 1890er Jahre schrieb er drei Jahrzehnte lang mit großer Regelmäßigkeit für das Feuilleton der Hamburger Nachrichten und berichtete darin über das aktuelle Hof-, Gesellschafts- und Kulturleben Berlins. Diese Feuilletons gab er 1922 in einer Auswahl unter dem Titel Chronik der Gesellschaft unter dem letzten Kaiserreich (Band 1: 1894–1901; Band 2: 1902–14) heraus; sie bilden bis heute eine bemerkenswerte Quelle zur wilhelminischen Ära Berlins.

 

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Bild: Parsifal von Pallandt (11/2020)

Berlin-Wilmersdorf, Städtischer Friedhof, Columbarium

Flora Tristan

           

Peruanisch-französische Schriftstellerin, Sozialistin und Frauenrechtlerin; Tochter eines peruanischen Adligen, der seine französische Frau mit der gemeinsamen, erst 4-jährigen Tochter Flora mittellos zurückließ. Als diese 15 Jahre alt war, verdingte sie sich, um der Armut zu entkommen, in einer Graveurwerkstatt. dessen Eigentümer, den Lithgraphen und Maler André Chazal. sie 1821 heiratete, aber vier Jahre später, da sie von ihm u.a. mißhandelt wurde, verließ; da eine Scheidung gemäß des damals gültigen Code civil aufgrund der Unerträglichkeit eines Ehepartners in der Ehe nicht möglich war, entzog sie sich durch Flucht fünf Jahre lang seinem und dem Zugriff der Justiz. Zwei ihrer drei Kinder starben, nur ihre Tochter Aline überlebte. Um sich, ihre Mutter und ihre Tochter Aline- zwei Kinden waren gestorben - über Wasser zu halten, arbeitete sie zeitweilig als Reisebegleiterin für wohlhabende Familien. 1833 reiste sie nach Arequipa, um ihr väterliches Erbe zu beanspruchen, das sich im Besitz ihres Onkels Juan Pío de Tristán y Moscoso befand. Sie blieb bis zum 16.7.1834 in Peru. Ihr Erbe konnte sie zwar nicht sichern, aber sie verfaßte ein Reisetagebuch über ihre Erfahrungen in Perus turbulenter Zeit nach der Unabhängigkeit. Das Tagebuch wurde 1838 als Pérégrinations d'une paria veröffentlicht. Um diese Zeit lernte Tristan die Philosophie des androgynen Mystikers Simon Ganneau sowie deren langjährigen Freundes Éliphas Lévi kennen und wurde von ihr beeinflußt

Sobald Chazal von Flora Tristans Rückkehr nach Frankreich erfuhr, nahm er die Verfolgung wieder auf und entführte mehrmals die gemeinsame Tochter. Das Gericht sprach das Sorgerecht für Aline dem Vater zu. Als sie in einem herausgeschmuggelten Brief von Aline lesen mußte, dass Chazal die Tochter ”in unaussprechlicher Weise“ berührt hatte, klagte Flora Tristan ihn wegen Inzest an und erlangte das Sorgerecht. Daraufhin versuchte Chazal am 4.9. 1838, Flora Tristan zu ermorden. Sie überlebte zwar die Schußverletzungen, litt aber für den rest ihres Lebens an den Folgen; immerhin führte der Prozeß gegen Chazal zu dessen Verurteilung zu Deportation und 20 Jahren Zwangsarbeit, so daß sie sich nunmehr scheiden lassen konnte.

 

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Bilder: Arvid Zemkus (12/2020)

Bordeaux, Cimetière de la Chartreuse

Alexander Romanowitsch Beljajew [russ. Алекса́ндр Рома́нович Беля́ев]

Russischer Schriftsteller; eines von drei Kindern, von denen zwei bereits früh verstarben, eines orthodoxen Priesters und Rektor der Kirche der Smolensker Ikone der Muttergottes, der es gern gesehen hätte, wenn auch sein Sohn die Priesterlaufbahn einschlagen hätte; war besuchte er ab 1895 das Theologische Seminar von Smolensk und beendete es auch, verließ es aber 1901 überzeugter Atheist. Im August 1901 unterzeichnete er einen Vertrag mit dem Theater des Smolensker Volkshauses und spielte dort bis März 1902, danach trat er gegen den willen des Vaters im Juni 1902 in das juristische Lyzeum Demidov in Jaroslawl ein. Als im Januar 1905 im Zusammenhang mit dem allrussischen Studentenstreik der Unterricht am Lyzeum beendet wurde, kehrte er nach Hause zurück. Nachdem sein Vater 27. März/9. April) gestorben war, war er gezwungen Geld hinzu zu verdienen und erteilte Unterricht, malte Kulissen für das Theater und spielte Geige im Truzzi-Zirkusorchester. Am 10. und 11.12.1905 nahm Beljalew während der Ersten Russischen Revolution an den Studentenunruhen in Moskau, dem Bau von Barrikaden teil und pflegte den Kontakt zu einer Gruppe sozialistischer Revolutionäre unter der Führung von Korelin. Als im Juni 1906 Unterricht am Demidow Lyceum wieder aufgenommen worden war, kehrte Beljajew, der nun immer wieder überwacht wurde, zu seinem Studium zurück. Im Juni 1909 absolvierte Beljajew das Lyzeum, kehrte nach Smolensk zurück und begann, als Anwalt zu arbeiten. Zur gleichen Zeit berichtet er unter einem Pseudonym für die 6 Mal wöchentlich erscheinende Zeitung Смоленский Вестник (Smolenskij Westnik, Smolensker Bulletin) über Theater- und Musikpremieren, kritische Anmerkungen, Essays zum sozialen und literarischen Leben und gab literarische Ergänzungen. Die ersten seiner Veröffentlichungen erschienen 1906, und seit 1911 erfolgte die Zusammenarbeit mit der Zeitung auf regelmäßiger Basis; nachdem er aufgrund einiger erfolgreich geführter Prozesse finanziell unabhängig geworden war, gab er 1914 schließlich seine juristische Tätigkeit auf und unternahm ausgedehnte Reisen durch Europa. Er besuchte Frankreich, Italien, Rom, Venedig, Neapel, Florenz, Genua. Reiseskizzen zu dieser Reise wurden in Smolenskij Westnik veröffentlicht. Im November 1914 verließ er die Anwaltspraxis , kehrte jedoch als Chefredakteur der Zeitung "Smolenskij Westnik", im Februar 1915 zurück. Im Juli 1914 hatte das Moskauer Kindermagazin Проталинка (Protalinka) Beljajews Stück Бабушка Мойра (Babuschka Moira) veröffentlicht.

Bedingt durch eine schwere Wirbelsäulentuberkulose, von der sich Beljajew sein Leben lang nicht richtig erholte, mußte er sich ab 1916 in Jalta stationär behandeln zu lassen. Während er dort von 1917 bis 1921 an ein Gipsbett gefesselt war, begann er, Gedichte zu schreiben; gleichzeitig las er viel, unter anderem Science-Fiction-Klassiker wie Jules Verne oder H. G. Wells, von denen er sich später inspirieren ließ. Nach Abschluß der medizinischen Behandlung war Beljajew Mitarbeiter einer Kriminalabteilung und Erzieher in einem Kinderheim. 1923 zog er nach Moskau und arbeitete dort wieder als Jurist und erhielt einen Posten im Volkskommissariat für Post und Telegrafie, begann jedoch parallel dazu mit seiner schriftstellerischen Tätigkeit. Aus dieser Zeit stammen bereits einige seiner bekanntesten SF-Werke, unter anderem Голова профессора Доуэля (1925, dt. Der Kopf des Prof. Dowell und Человек-амфибия (1928, dt. Der Amphibienmensch), der in den 1960er Jahren verfilmt wurde.

1928 zog Beljajew mit seiner Familie nach Leningrad (heute wieder Sankt Petersburg), wo er sich seitdem primär als Autor betätigte. In den 1930er Jahren war Beljajew wohl einer der bekanntesten Science-Fiction-Autoren der Sowjetunion. Er verfaßte in dieser Zeit über zehn Romane und Dutzende Erzählungen. Die Werke Beljajews erfuhren positive Resonanz nicht nur bei vielen Schriftstellerkollegen, sondern auch bei renommierten Wissenschaftlern wie Konstantin Ziolkowski und Alexander Fersman. 1934 traf Beljajew in Leningrad mit H. G. Wells zusammen, der seine Werke ebenfalls lobte.

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Bild: Aleksandr Bajdukow (09/2020), Wikipedia.ru
Bild: Aleksandr Bajdukow (09/2020), Wikipedia.ru

Puschkin, Kasaner Friedhof

Carl Ferdinand Max Hauptmann Pseudonym Ferdinand Klar

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Deutscher Dramatiker und Schriftsteller; Sohn des Gastwirts Robert Hauptmann; älterer Bruder von Gerhart Hauptmann;

 

Hauptmanns Werk ist geprägt durch die schlesische Gebirgslandschaft und beeinflußt von der älteren schlesischen Mystik; nach naturalistischer Heimatdichtung Mathilde (1902) und dem neuromantischen Künstlerroman Einhart der Lächler (1907) gelangte er zu expressionistischen Ausdrucksformen (Krieg. Ein Tedeum, 1914); er verfaßte auch Lyrik und Aphorismen.

Er und sein Bruder Gerhart waren Mitglieder des Friedrichshagener Dichterkreis1, einer 1888/89 gebildeten losen Vereinigung von Schriftstellern des Naturalismus, zu denen u.a. auch Max Halbe, Otto Erich Hartleben, August Strindberg, Wilhelm Hegeler, Wilhelm von Polenz, Georg Hirschfeld, Richard Dehmel, Frank Wedekind und der junge Christian Morgenstern zählen

 

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1 Arno Holz porträtierte den Friedrichshagener Künstlerkreis in seiner Künstlerkomödie Sozialdemokraten (1896).

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Nieder-Schreiberhau - Szklarska Poręba (Polen), ehemaliger evangelischer Friedhof

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Hinweis: Das Oberteil des Grabmals wurde bereits in den 1960er zerstört, Anfang der 1980er Jahre dann fast das gesamte Denkmal. Zwischen 1982 und 1983 wurde das Grabdenkmal in den Werkstätten für Denkmalpflege in Toruń (Thorn) rekonstruiert. Diese originalgetreue Kopie befindet sich jetzt auf dem Gelände des Schreiberhauer Museums.

Schriftsteller XIX

Omnibus salutem!