Joachim Ringelnatz eigentl. Hans Bötticher

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Deutscher Schriftsteller, Kabarettist und Maler; der Sohn des Fabrikanten und Jugendschriftstellers Georg Bötticher brach die Schule ab und heuerte als Schiffsjunge und Matrose an; er machte schließlich eine Kaufmannslehre in Hamburg und ging nach England, wo er als Hausmeister arbeitete. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er ab 1909 ”Hausdichter” des Münchener Lokals Simplicissimus, in dem er seine “absurden”, tiefsinnigen Verse in Moritaten- und Bänkelsängermanier vortrug. Dort lernte er u.a. die Schriftsteller Frank Wedekind und Erich Mühsam kennen, die ihn ermunterten, seine Gedichte zu ringelnatz_hafenkneipe_1933veröffentlichen. Da er von den Einnahmen aus seiner schriftstellerische Arbeit nicht leben konnte, arbeitete er u.a. als Bibliothekar und Fremdenführer.

Hafenkneipe, 1933

Im Ersten Weltkrieg war er in Wilhelmshaven und Cuxhaven eingesetzt, zuletzt 1917 als Kommandant eines Minensuchbootes der kaiserlichen Marine, wobei sich seine anfängliche Euphorie schnell legte. 1919 legte er sich den Namen Ringelnatz zu, in der Seefahrt ein Ausdruck für “Seepferdchen”. 1920 war er Autor und Schauspieler an der Berliner Kleinkünstbühne Schall und Rauch. Als die Nazis 1933 an die Macht kamen, wurden seine Werke verboten und verbrannt, und er durfte nicht mehr auftreten. Seiner Existenzgrundlage verlustig gegangen, verlegte er sich auf das Malen. Daß auch seine Bilder als ”entartete Kunst” verboten werden sollten, erlebte er nicht mehr: er starb vorher - völlig mittellos - im Alter von nur 51 Jahren an Tuberkulose.

Werke u.a.: Die Schnupftabakdose. Stumpfsinn in Versen und Bildern (1912), Ein jeder lebt’s (1913), Turngedichte (1920), Kuttel Daddeldu (1920, erweitert 1923), Als Mariner im Krieg (1928), Mein Leben bis zum Kriege (1931).

               Logik

        Die Nacht war kalt und sternenklar,
        Da trieb im Meer bei Norderney
        Ein Suahelischnurrbarthaar. -
        Die nächste Schiffsuhr wies auf drei.

        Mir scheint da mancherlei nicht klar,
        Man fragt doch, wenn man Logik hat,
        Was sucht ein Suahelihaar
        Denn nachts um drei am Kattegatt?

               Bumerang

        War einmal ein Bumerang;
        War ein Weniges zu lang.
        Bumerang flog ein Stück,
        Aber kam nicht mehr zurück.
        Publikum - noch stundenlang-
        Wartete auf Bumerang.

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Theodor Adolph Johannes Eduard Däubler

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Deutscher Schriftsteller; der Sohn einer wohlhabenden Augsburger Kaufmannsfamilie wuchs zweisprachig in Triest und Venedig auf; nach Absolvierung der Militärzeit in Wien führte er bis zu seinem Tode ein unstetes Leben, unterbrochen nur von längeren Aufenthalten in Paris, Berlin und in Griechenland. Er verfaßte Gedichte und Essays zum Expressionismus, wurde aber bekannt durch sein großes Epos Das Nordlicht (5 Bde., 1910), das Weltentstehung und Menschheitswerdung in phantastischen Visionen behandelt.

Werke u.a.: Der Marmorbruch (1930), Die Göttin mit der Fackel (1931), Der Fischzug (1930), Griechenland (1946).

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Thea Gabriele von Harbou

Deutsche Schriftstellerin, Drehbuchautorin und Filmregisseurin; die Tochter eines dem deutsch-dänischen verarmten Adelsgeschlechts entstammenden Oberförsters wuchs auf einem Rittergut auf; bereits während ihrer Schulzeit verfaßte sie Geschichten für Provinzzeitungen, und 1905 wurde ihr erster Roman Wenn‘s Morgen wird in der in Berlin erscheinenden Deutschen Zeitung veröffentlicht. Im Folgejahr hatte sie ihr Debüt als Schauspielerin am Düsseldorfer Schauspielhaus, war dann von 1908 bis 1913 Mitglied des Hoftheaters Weimar, bevor sie über Chemnitz schließlich an das Stadttheater in Aachen kam, wo sie dessen Direktor und Schauspieler Rudolf Klein-Rogge (*1888, †1955) kennenlernte, den sie im September 1914 heiratete. Kurz vor und während des Ersten Weltkrieges verfaßte sie Kriegsliteratur: Der Krieg und die Frauen (1913), Der unsterbliche Acker. Ein Kriegsroman (1915), Die Flucht der Beate Hoyermann (1916), Gute Kameraden oder Die deutsche Frau im Weltkrieg, Einblicke und Ausblicke (1916). 1918 zog sie mit ihrem Mann, der später in dem FilmDas Testament des Dr. Mabuse (1932) den Marbuse darstellte, nach Berlin. Dort erschien auch ihr Roman Die Nibelungen (1924), nachdem sie bereits sehr großen Erfolg auch mit ihrem 1917 erschienenen Unterhaltungsroman Das indische Grabmal hatte. In Berlin arbeitete sie zunächst für den Filmproduzent Joe May (*1880, †1954) als Drehbuchautorin. Bei ihm traf sie 1920 Fritz Lang, mit dem sie ab 1922 verheiratet war und für dessen Filmerfolge sie die Drehbücher schrieb, so den von ihr verfaßten futuristischen Roman Metropolis, der 1927 als Stummfilm mit nur geringem Erfolg in die Kinos kam. 1934 ließ sich das Ehepaar scheiden (einer der Gründe war wohl Langs Verhältnis mit der österreichischen Schauspielerin Gerda Maurus; 1928 hatte Maurus in seinem Film Spione vor der Kamera gestanden, dann im Jahr darauf in seinem Film Frau im Mond. (für beide hatte Thea von Harbou die Drehbücher verfaßt). Nach der Scheidung arbeitete sie für Friedrich Wilhelm Murnau, Carl Theodor Dreyer und Veit Harlan, schrieb Drehbücher u.a. für Heinz Rühmann und Wolfgang Liebeneiner. Nach dem Ende des Dritten Reiches kam sie 1945 zunächst in Internierungshaft - sie war 1940 Mitglied der NSDAP geworden -, konnte aber bereits 1950 ein Comeback im Nachkriegsfilm feiern; so verfaßte sie Drehbücher für eines der Lieblingspaare des Kinopublikums der Bundesrepublik, Maria Schell und Dieter Borsche. Sie starb an den Folgen eines Sturzes, nachdem sie in Berlin der Wiederaufführung eines ihrer Filme beigewohnt hatte und das Kino verlassen wollte.

  

von Harbou und Lang in ihrer Berliner Wohnung (1923 od. 1924)

Drehbücher u.a.: Der müde Tod (1921), Dr. Mabuse, der Spieler (1922), Spione (1928), M - Eine Stadt sucht einen Mörder (1931), Der zerbrochene Krug (1937), Die Frau am Scheidewege (1938),Via Mala (1945), Dein Herz ist meine Heimat (1953).

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Bild: Dieter Müller (08/2005)
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Berlin, Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedhof Heerstr.

Berlin, Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedhof Heerstr.

Arno Holz Pseudonym Hans Volkmar

                  

Deutscher Schriftsteller; lebte ab 1875 als freier Schriftsteller in Berlin, kam dort mit der Berliner Moderne in Berührung. Von Leo Tolstoj und Émile Zola beeinflußt, ist er einer der bedeutendsten Wegbereiter und Vertreter des deutschen Naturalismus. Mit Johannes Schlaf war er Begründer des konsequenten Naturalismus in theoretischen Schriften (Die Kunst, ihr Wesen und ihre Gesetze, 2 Bde., 1891/92), und gemeinsam verfaßten sie Musterbeispiele naturalistischer Dichtung unter dem Pseudonym Bjarne Peter Holmsen (Papa Hamlet, Novellen, 1889; Die Familie Selicke, Drama, 1890). Als Schlaf sich dem Impressionismus zuwandte, kam es zum Bruch zwischen den Beiden.

Werke u.a.: Phantasus (2 Bde., 1898/99), Lieder auf einer alten Laute (1903, 1904 erweitert unter dem Titel Dafnis), Traumulus (1905), Buch der Zeit. Lieder eines Modernen (1886), Der geschundene Pegasus (1892), Die Blechschmiede (1902), Sozialaristokraten (1896), Sonnenfinsternis (1908), Ignorabimus (1913).

Biographie: Kindheitsparadies (1924).

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Berlin, Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedhof Heerstr.

Wilhelm Hauff

                   

Deutscher Schriftsteller; nach dem frühen Tode seines Vaters, eines Regierungs-Sekretarius und späteren Kabinetts-Ministerialregistrator in Stuttgart, zog seine Mutter mit ihm und seinen drei Geschwistern in das Haus des Großvaters nach Tübingen. Da das Geld knapp war, blieb nur das Studium der Theologie, für dessen Kosten der Staat aufkam. Statt jedoch einen theologischen Beruf auszuüben, arbeitete er als Hauslehrer in Stuttgart. Nach Reisen durch Frankreich und Norddeutschland leitete er ab 1827 als Redakteur das Morgenblatt für gebildete Stände des Stuttgarter Verlagshauses Cotta. Kurz vor seinem überraschenden Tod aufgrund eines Nervenfiebers, das er sich auf einer Reise durch Tirol zugezogen hatte, heiratete Hauff seine Cousine Luise Hauff.

Bekannt wurde Hauff, nachdem er unter dem Namen eines seinerzeit vielgelesenen Autors einen Artikel veröffentlicht hatte. Er verfaßte Gedichte (Morgenrot, Morgenrot), die witzig-fantastischen Mitteilungen aus den Memoiren des Satans (2 Bde., 1826/27), den Roman Lichtenstein (3 Bde., 1826), mit dem er im Gefolge Walter Scotts neben Willibald Alexis den historischen Roman in Deutschland begründete. Der Mann im Monde (2 Bde., 1826) ahmt die Manier des Unterhaltungsschriftstellers H. Clauren (*1771, †1854) nach. Lebendig blieben v.a. seine Märchen (u.a. Kalif Storch, Zwerg Nase, Das kalte Herz). Seine “Rahmenerzählung” Das Wirtshaus im Spessart (1826) für den dritten Bande seines Märchenalmanach, wurde 1923 von Adolf Wenter verfilmt, bekannt wurde jedoch die Verfilmung von 1958 in freier Gestaltung mit Liselotte Pulver (*1929), Carlos Thompson, Wolfgang Müller und Wolfgang Neuss in den Hauptrollen. Verfilmt wurden auch Die Geschichte vom kleinen Muck (1953), Jud Süß (1940), mehrfach Das kalte Herz (1953, 2013, 2014 und 2016) sowie 1981 in der Sowjetunion Märchen in der Nacht erzählt.

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Berlin, Charlottenburg-Wilmersdorf, Friedhof Heerstr.

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Bilder: Matthias Bauer (06/2006)

Stuttgart, Hoppenlaufriedhof

Paul Léautaud Pseudonym Maurice Boissard

 

 

Französischer Schriftsteller; wurde bereits kurz nach seiner Geburt von seiner Mutter, einer temporären “Begleiterin” seines Vaters, einem Komödianten, aufgegeben (seine Mutter, einer angesehen Genfer Familie entstammend, sah er erst 1901 bei Begräbnis seiner Tante in Calais wieder; 1916 wurde sie von ihrer Bediensteten ermordet). Unter der Obhut von Marie Pezé wuchs er im Hause seines Vaters auf. Im Alter von 19 Jahren entdeckte er Henri Beyle, bekannter unter dem Namen Stendhal, und fand so Zugang zu der Welt der Literatur. Im selben Jahr begann er mit der Herausgabe seines Journal littéraire, das in insgesamt 19 Bänden erscheinen wird und ein Spiegel des zeitgenössischen literarischen Lebens darstellt (in Deutschland erschien das Werk in einer Auswahl 1966 unter dem Titel Literarisches Tagebuch 1893-1956). 1903 wurde sein Roman Le Petit Ami erstmals unter seinem Namen im Mercure de France, einer traditionsreichen, bereits im 17. Jahrhundert gegründeten Zeitschrift, bei der er zwischen 1895 und 1941, ab 1908 als Sekretär - völlig unterbezahlt - eine feste Anstellung hatte, veröffentlicht. Später schrieb er auch für La Nouvelle Revue Française. Léautaud verfaßte außerdem zahlreiche originelle, sarkastische Theaterkritiken, die unter dem Titel Le théâtre de Maurice Boissard (2 Bde., 1926-43), erschienen sowie auch Theaterstücke und Erzählungen. Léautaud, der als Misanthrop galt und ab 1912 völlig zurückgezogen mit zahlreichen Hunden und Katzen in einem kleinen Haus im Pariser Vorort Fontenay-aux-Roses lebte, wurde in seiner Heimat erst 1950/51 durch Rundfunksendungen allgemein bekannt.

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Bilder: Herbert Herterich (06/2013)

Châtenay-Malabry, Ancien cimetière communal

Adolf von Wilbrandt (seit 1884)

1882

Deutscher Schriftsteller; fünftes von neun Kindern eines Professors der Germanistik an der Universität von Rostock; studierte zunächst in Rostock Rechtswissenschaft, wechselte aber bald zu Geschichte und Philologie in Berlin und München. Nach seiner Promotion zum Dr. phil. war er in der Redaktion der Münchner Neuesten Nachrichten, dem Vorläufer der Süddeutschen Zeitung, tätig. Ab 1871 lebte er in Wien, wo er 1873 die Hofburgschauspielerin Auguste Baudius (*1845 (†1937), die seit 1861 am Wiener Hofburgtheater (Burgtheater) engagiert war, heiratete. 1881 wurde er als Nachfolger von Franz von Dingelstedt zum künstlerischer Direktor des Hofburgtheaters ernannt. 1887 kehrte von Wilbrandt nach Rostock zurück und verfaßte einige Lustspiele Tragödien, Romane, Gedichte und Novellen.

Werke u.a.: Jugendliebe (1872), Die Maler (1872), Gracchus (1872), Arria und Messalina (1874), Kriemhild (1877), Der Meister von Palmyra (1890), Die Tochter des Herrn Fabricius (1883).

Biographie: Erinnerungen (1905).

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Bilder: Bernd Schwibbe (06/2013)

Rostock, Alter Friedhof (heute Lindenpark)

Kurt Barthel Pseudonym KuBa

 

 

Deutscher Schriftsteller, Lyriker und Dramatiker; Sohn eines Eisenbahners; erlernte den Beruf des Dekorationsmalers und ging anschließend auf Wanderschaf. 1933 wurde er Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), bevor er von der Partei 1935 wegen Zusammenarbeit mit der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) ausgeschlossen wurde. 1933 emigrierte er in die Tschechoslowakei, 1939 über Polen weiter nach England. 1946 kehrte er nach Deutschland zurück, ließ sich in der Sowjetischen Besatzungszone (SBZ) nieder, wurde Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) und war bis 1948 Redakteur des Parteiverlages Dietz in Ost-Berlin. Ab 1949 war er freischaffender Künstler; als solcher profilierte er sich gegenüber der Partei mit Werken, in denen er den Aufbau des Sozialismus propagierte und 1949 eine Lobeshymne auf Stalin (Kantate auf Stalin) verfaßte. 1952 wurde er 1. Sekretär des Schriftstellerverbandes der DDR und verfaßte in dieser Eigenschaft anläßlich des Volksaufstands am 17. Juni 1953 Flugblätter, die sich gegen die Aufständischen richteten. Außerdem war er Abgeordneter der Volksklammer der DDR, Mitglied des Zentralkomitees der SED und seit 1953 Ordentliches Mitglied der Akademie der Künste in Berlin. Von 1956 bis zu seinem Tod war er zudem Chefdramaturg des Volkstheaters Rostock. Kurt Barthel starb an den Folgen eines während eines Vortrages, zu dem ihn die August-Bebel-Gesellschaft in das Gesellschaftshaus auf dem Gelände des Frankfurter Zoos eingeladen hatte, erlittenen Herzanfalls noch auf dem Weg ins Krankenhaus.

Barthel verfaßte Drehbücher, Dramen über den Seeräuber Störtebeker (1959), aus dem er einen Vorkämpfer des Sozialismus machte, sowie in seinem Stück Terra incognita (1964) über die Erdölsucher von Mecklenburg.

Werke u.a.: Gedicht vom Menschen (1948), Brot und Wein (1961), Schlösser und Katen (1970), Wort auf Wort wächst das Lied (1970)... Tausend neue Träume ...(1985)

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Bild: Bernd Schwibbe (06/2013)

Rostock, Neuer Friedhof

Friedrich Theodor Vischer

            

Deutscher Schriftsteller und Philosoph; Sohn eines kirchlichen Oberhelfers; besuchte ab 1821 das Seminar Blaubeuren sowie ab 1825 das Tübinger Stift, wo er sich mit David Friedrich Strauß befreundete. Nach Abschluß seiner theologischen und philosophischen Studien wirkte er 1830 kurze Zeit als Vikar in Horrheim bei Vaihingen sowie 1831 als Repetent in Maulbronn und von 1833 bis 1836 in Tübingen, wo er eine Stelle als Privatdozent für Philosophie und Ästhetik erhielt und 1844 Professor wurde. Allerdings wurde er aufgrund einer allzu freimütigen Antrittsrede für 2 Jahre suspendiert. 1855 folgte er einem Ruf als Professor an das Polytechnikum nach Zürich und war schließlich von 1866 bis 1877 Professor am Stuttgarter Polytechnikum. Als Vischers Hauptwerk gilt Ästhetik oder Wissenschaft des Schönen, das in drei Bänden zwischen 1847 und 1858 erschien.

Neben seiner akademischen Laufbahn tat sich Vischer, der 1848 liberaler Abgeordneter des Kreises Reutlingen/Urach war, für die Linksdemokraten in der Frankfurter Nationalversammlung, auch als engagierter und wortgewandter Publizist hervor, wobei seine Reden und seine Aufsätze in zwei Sammelbänden unter dem Titel Kritische Gänge (1844) bzw. Altes und Neues (1881-1882) publiziert wurden. Philosophisch vertrat er gemeinsam mit seinem Freund Strauß und mit Ludwig Feuerbach einen gemäßigten Linkshegelianismus; politisch griff er die konservative Rechte in polemischer Weise an, vor allem den Romantiker Joseph von Eichendorff. In seinen literaturkritischen Schriften setzte er sich u. a. mit der schwäbischen Dichterschule um Eduard Mörike, mit dem er befreundet war, und Ludwig Uhland sowie mit den Werken Friedrich Hebbels und William Shakespeares auseinander. Als Reaktion auf den “hype” um Goethes Faust verfaßte er eine Satire mit dem Titel Faust, Der Tragödie dritter Theil, die 1862 unter dem Pseudonym Deutobold Symbolizetti Allegoriowitsch Mystifizinsky erschien. Außerdem verfaßte Vischer zahlreiche poetische Werke, darunter die Suizid-Erzählung Ein Traum (um 1830), die humoristische Lyriksammlung Lyrische Gänge (1882) und der groteske Roman Auch Einer (2 Bde., 1879), der jahrzehntelang Standardlektüre des gebildeten Bürgertums war. Vischer galt in der Wilhelminischen Ära als ein hochgeachteter Repräsentant der säkularisiert-liberalen, patriotischen “Geisteselite”.

Vischers Sohn Robert, seit 1893 Professor. der Kunstgeschichte in Göttingen; schrieb das Werk Kunstgeschichte und Humanismus (1880).

Werke u.a.; Kritik meiner Ästhetik (1866-73), Epigramme aus Baden-Baden (1867), Das Symbol (1887), Allotria (Gedichte, 1892, posthum)

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Bilder: Claus Harmsen (Stones & art, 06/2013)

Gmunden am Traunsee, Evangelischer Friedhof

Schriftsteller XLI

Omnibus salutem!