Yakumo Koizumi [jap. 小泉八雲] eigentl. Patricio Lafcadio Tessima Carlos Hearn

Japanischer Schriftsteller irisch-griechischer Abstammung; wuchs in Irland, England und Frankreich auf und emigrierte im Alter von 19 Jahren in die USA. Die Jahre 1887 und 1889 verbrachte er auf der Insel Martinique; später hielt er seine Erfahrungen inTwo Years in the French West Indies nieder, die 1889 erschienen. 1890 reiste er im Auftrag einer Zeitschrift nach Japan, wo er längere Zeit als Sprachlehrer arbeitete. 1891 heiratete er die Tochter eines veramten Samurais und nahm den japanischen Namen Yakumo Koizumi an. Vom Leben in Japan, das im Ausland weitgehend unbekannt war, vermittelte er in Glimpses of unfamiliar Japan (1894) einen Einblick; er war davon so seh angetan, daß er 1905 die japanische Staatsangehörigkeit annahm.

Mit seiner Frau

Koizumi, der von 1896 bis 1903 lehrte Hearn als Professor für Englische Literatur an der Universität Tokio lehrte, prägte durch seine Berichte und Werke die Ansichten und Meinungen des Westen über Japan zu Beginn des 20. Jahrhunderts ganz wesentlich. Er verfaße mehrere Studien über Sitten und Brauchtum Japans; zu ihnen gehören: u.a. Exotics and Retrospective (1898), In Ghostly Japan (1899, Japanische Geistergeschichten), Kwaidan (1904, Kwaidan. Seltsame Geschichten und Studien aus Japan), Japan: An Attempt at Interpretation (1904, Japan. Ein Deutungsversuch).

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Jack London eigentl. John Griffith Chaney

US-amerikanischer Schriftsteller; unehelich geboren, von seinem Vater, einem Astrologen, verlassen und bei seiner Mutter Flora Wellman, die John London, einen Farmer und Tischler, heiratete, in ärmlichen Verhältnissen aufgewachsen, führte er ein abenteuerliches Leben, betätigte sich ab frühester Jugend als Gelegenheitsarbeiter, arbeitete als Fabrikarbeiter, Matrose sowie als Goldsucher in Alaska. Erfahrungen aus diesem bewegten Leben flossen in sein Werk ein, wobei sich auch seine wechselnden Weltanschauungen, die u.a. von Charles Darwin und Friedrich Nietzsche beeinflußt waren, sich darin niederschlugen. Sie pendelten zwischen einem extremen Individualismus und sozialistischen Idealen. London verfaßte naturalistische romantische Romane, Goldgräber- und Südseegeschichten sowie ausgezeichnete Tiergeschichten. In dem seinem stark autobiographischen Roman John Barleycorn (1913, dt. König Alkohol) zeichnete er Bilder seiner eigenen Entwicklung nach, die vom Alkohol geprägt war, seit er sich im Alter von 14 Jahren als Matrose auf eine ”Wettsaufen” eingelassen hatte und im Gegensatz zu seinen Kumpanen noch aufrecht gehen konnte. Obwohl einerseits vom Alkohol abgestoßen, trank er andererseits hemmungslos weiter und setzte seinem Leben auf seiner Farm in Glen Ellen schließlich selbst ein Ende.

Werke u.a.: The Cruise of the Dazzler (1902, dt. Frisco Kid), The Call of the Wild (1903, dt. Der Ruf der Wildnis), The Sea-Wolf (1904, dt. Der Seewolf), White Fang (1906, dt. Wolfsblut), Burning Daylight (1910, dt. Lockruf des Goldes), The Valley of the Moon (1913, dt. Das Mondtal), Martin Eden (1913).

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Sebastian Haffnereigentl. Raimund Pretzel

 

Deutscher Publizist und Rechtsanwalt; seit 1934 journalistisch tätig, z.B. für die in Berlin erscheinende Vossische Zeitung. 1938 emigrierte er nach Großbritannien und wurde 1948 britischer Staatsbürger. Seit 1954 lebte er wieder in Berlin. Seine im Jahre 2000 posthum erschienene Geschichte eines Deutschen. Die Erinnerungen 1914-1933 löste eine Debatte darüber aus, ob die darin beschriebenen Ereignisse tatsächlich zur von Haffner angegebenen Zeit verfaßt wurde, da sie geradezu hellseherisch dargestellt wurden.

Werke u.a.: Winston Churchill (1967), Die verratene Revolution. Deutschland 1918/19 (1969), Anmerkungen zu Hitler (1978), Preußen ohne Legende (1978), Von Bismarck zu Hitler (1987).

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George Eliot eigentl. Mary Ann Evans

                  1865

Englische Schriftstellerin; die Tochter eines strenggläubigen Methodisten und Verwalter des Gutes Arbury Hall lebte nach dem frühen Tode ihrer Mutter bei ihrem Vater. Zu Spannungen zwischen beiden kam es, als sie Agnostikerin wurde, sich dem Freidenkertum zuwandte. Nach seinem Tod siedelte Eliot nach London um, wo sie in ”wilder Ehe” mit George Henry Lewes, einem Goethebiographen und Essayisten, zusammenlebte, was, zumal Lewes auch noch verheiratet war, zur damaligen Zeit ein ungeheurer Skandal war. In London begann sie auch mit der Übersetzung von Schriften von David Friedrich Strauß (*1808, †1874) und Ludwig Feuerbach. 1859 veröffentlichte sie unter dem Pseudonym "George Eliot" ihren ersten Roman unter dem Titel Adam Bede. Dieser, wie weitere Romane wurden vom Publikum gut aufgenommen, so daß sie nach Aufhebung ihres Pseudonyms in die Londoner Gesellschaft aufgenommen wurde. Nach dem Tode ihres Lebensgefährten heiratete sie einen zwanzig Jahre jüngeren Mann. Eliot gehört zu den ersten bedeutenden Vertretern des psychologisch-sozialen Romans in England. Ihr Roman Middlemarch, A Study of Provincial Life (dt. Middlemarch. Eine Studie über das Leben in der Provinz), der erstmals 1871 und 1872 in acht Teilen erschien, gilt als ihr Hauptwerk. In ihm beschreibt sie  Ausschnitte aus dem sozialen Leben der fiktiven englischen Provinzstadt Middlemarch um 1830.

Werke u.a.: Die Mühle am Floss (1860), Silas Marner (Erzählung, 1861), Daniel Deronda (1876).

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Hinweis: Der linke Grabstein markiert Koizumis Grab, der rechte, kleinere ist der Grabstein der Familie Koizumis.

Tokio, Zoshigaya Friedhof

Bild: Sunhakim (02/2003)

Glen Ellen, Jack London State Historic Park

Bilder: Peter Gassen (12/2006)

Berlin, Parkfriedhof (Thunerstr.)

Sir Arthur Ignatius Conan Doyle (seit 1902)

 1893                                  1914

Englischer Schriftsteller; der Sohn eines aus Irland zugewanderten, aus aristokratischem Hause stammenden Beamten studierte am Stonyhurst College und der Universität von Edinburgh Medizin. Dort lernte er 1877 in Edinburgh den berühmten schottischen Chirurgen Joseph Bell kennen und bewundern und wurde im Folgejahr dessen Assistent. am Royal Infirmary. Bells analytischen Fähigkeiten und deduktiven Folgerungen nahm Doyle später zum Vorbild für die Arbeitsweise seines Romanhelden Sherlock Holmes. 1880 reiste Doyle als Schiffsarzt auf dem Walfänger Hope in die Arktis, ein Jahr später auf der Mayumba nach Westafrika, bevor er 1882 in Southsea eine Arztpraxis eröffnete. Schon während dieser Zeit verfaßte er erste Werke. 1887 veröffentlichte er die erste Geschichte des Detektivs Sherlock Holmes und dessen Freund und Gehilfen, des Arztes Dr. Watson, A Study in Scarlet (dt. Eine Studie in Scharlachrot). 1890 verließ er Southsea und ließ sich in London nieder, um als freischaffenden Schriftsteller zu arbeiten. Hier wurden im Strand Magazine seine Kurzgeschichten publiziert. 1892 erschien der erste Sammelband The Adventures of Sherlock Holmes mit großem Erfolg. Doch schon 1893 ließ er, seiner Romanhelden überdrüssig, Holmes im zweiten Sammelband The Memoirs of Sherlock Holmes sterben und versuchte mit historischen Romanen sein Geld zu verdienen, jedoch ohne großen Erfolg. Sein Verleger und die entrüstete Leserschaft bewogen ihn, Holmes am Leben zu lassen; so ließ er Holmes wieder auferstehen und veröffentlichte zwei weitere Sammelbände (The Return of Sherlock Holmes, 1905) und schließlich The Case Book of Sherlock Holmes (1927, dt. Das Buch der Fälle). 1901 erschien die Erzählung The Hound of the Baskervilles. Im Jahre 1896 ging Doyle als Anhänger der konservativen Regierung nach Südafrika und nahm als Arzt am Burenkrieg teil (für dieses Engagement wurde er 1902 geadelt). Über seine Erlebnisse in Südafrika verfaßte er die Schrift The Great Boor War (1900, dt. Der Krieg in Südafrika). Als sein Sohn Kingsley im Ersten Weltkrieg fiel, wandte er sich aus Trauer über den Verlust dem Mystizismus und Spiritismus zu. Verheiratet war Doyle zweimal: ab 1885 mit Louisa ”Touie” Hawkins (†1906) und ab 1907 bis zu seinem Tod mit Jean Leckie (†1940). Doyles Erzählungen wurden zum Vorbild für den bürgerlichen Detektivroman des 20. Jahrhunderts und vielfach verfilmt.

Werke u.a.: Micah Clarke (1889), The White Company (1891), The Parasite (1894), Mystery of the Cloomber (1895), Rodney Stone (1896), The War in South Africa: Its Cause and Conduct (1902), Sir Nigel (1906), The History of Spiritualism (2 Bde., 1926).

Inschrift: Patriot, Physician & Man of Letters (Patriot, Arzt und Schriftsteller).

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London, Highgate Cemetery

Pablo Neruda eigentl. Neftalí Ricardo Reyes Basoalto

1966                     

Chilenischer Lyriker; der Sohn eines Eisenbahners und einer Volksschullehrerin nahm 1920 in Gedenken an den tschechischen Schriftsteller Jan Neruda das Pseudonym an. Von 1921 bis 1926 studierte er Französisch und Pädagogik am Institut für Pädagogik an der Universidad de Chile in Santiago. 1927 trat er in den diplomatischen Dienst und war als Diplomat u.a. in Birma, Argentinien, Spanien und Mexiko. 1945 wurde er Mitglied der KP und Senator. Von 1949 bis 1952 lebte er im europäischen Exil. 1969/70 bis zur Nominierung von Salvador Allende war er Kandidat der Unidad Popular der KP für das Amt des Präsidenten; von 1971 bis 1973 vertrat er sein Land als Botschafter in Paris. Sein anti-imperialistisches Engagement sowie die internationale Solidarität mit den von der Diktatur Augosto Pinochets Unterdrückten machten den zu einer Art nationalem Klassiker avancierten Neruda nach dem Putsch von 1973 weltweit zu einer Kultfigur der 1968er Generation. Neruda gilt als einer der bedeutendsten Lyriker des amerikanischen Kontinents.

Neruda starb während einer Behandlung in einem Krankenhaus. Im April 2013 wurde sein Leichnam exumiert, um die nie verstummte Frage zu klären, ob er ermordet worden sei; der im November 2013 veröffentlichte Abschlußbericht kam zu dem Ergebnis, daß er eines natürlichen Todes infolge einer Krebserkrankung gestorben sei. Aufgrund neuerlicher Untersuchungen gab das chilenische Innenministerium im November 2015 bekannt, daß es ”offensichtlich möglich und sehr wahrscheinlich war”, daß Nerudas Tod durch Fremdeinwirkung verschuldet wurde.

Werke u.a.: Veinte poemas de amor y una canción desesperada (1924, dt. Zwanzig Liebesgedichte und ein Lied der Verzweiflung), Residencia en la tierra (1933-47, 3 Bde., dt. Aufenthalt auf Erden), España en el corazón (1937, dt. Spanien im Herzen), Canto general (1950, dt. Der Große Gesang. Canto general).

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Literatur (1971).

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Stefan Zweig

1900    ~1912      no_copyright

Österreichischer Schriftsteller; entstammte einer wohlhabenden österreichisch-jüdischen Familie - der Vater Moritz war Textilunternehmer; gemeinsam mit seinem drei Jahre älteren Bruder Alfred wuchs Stefan Zweig in Wien, in der Rathausstr. 17, auf. Er besuchte nach der Volksschule von 1892 bis 1900 das Wiener Wasa-Gymnasiums, das für ihn eine für österreichische Gymnasien typische “Kerkeratmosphäre” besaß. Wie Hermann Hesse, mit dem er seit 1903 in brieflichem Kontakt stand, empfand er die Schulzeit als unerträglich: “Der einzige wirklich beschwingte Glücksmoment, den ich der Schule zu danken habe, wurde der Tag, da ich ihre Tür für immer hinter mir zuschlug.” Von 1900 bis 1904 studierte er Philosophie, Romanistik und Germanistik in Wien, davon ein Semester in Berlin; ab 1897 erschienen seine Gedichte in Zeitschriften, so veröffentlichte Karl Emil Franzos, mit dem Zweig in regem Schriftverkehr stand, sie in der Zeitschrift Deutsche Dichtung. 1901 kam der Gedichtband Silberne Saiten heraus und 1904 seine erste Novelle, Die Liebe der Erika Ewald. Zweig, jedoch im Zweifel über seine Frühwerke, folgte dem Rat Richard Dehmels, zunächst Übersetzungen anzufertigen. 1902 erschien ein Band mit Baudelaire-Übersetzungen und er übersetzte Verlaine, dessen Vorfahren Deutsche waren, und gab eine Sammlung der besten Übertragungen von Gedichten Verlaines heraus. Auch Werke Émile Verhaerens, die er bereits während seiner Gymnasialzeit entdeckt hatte, übersetzte er und machte Verhaeren damit in Deutschland bekannt. Die Werke erschienen, wie diejenigen Zweigs bereits zuvor, in Anton Kippenbergs Insel-Verlag am bedeutenden Bücherplatz Leipzig. Zweig war es auch, der den Verleger zur Gründung der Insel-Bücherei (1912) anregte (ab 1933 wurde ihm dann die Publizierung in den Verlagen verboten). Anfangs war “mein ureigenstes Element immer eine starke psychologische Neugierde gewesen, die ich zunächst in charakteristischen Kurzgeschichten über individuelle Schicksale anzuwenden versuchte, so in Amok (1922), Verwirrung der Gefühle (1927) und in den literarischen Skizzen über Dostojewski, Tolstoi, Balzac.” (Zweig in einer 1936 verfaßten Kurzbiographie). Später befaßte sich Zweig dann auch mit Personen und Ereignissen der Weltgeschichte; 1927 erschien sein Werk Sternstunden der Menschheit. Am 26.10.1912 hatte Zweig mit dem Schauspiel Das Haus am Meer nun auch sein Bühnendebüt am Wiener Burgtheater. 1912 lernte er auch seine erste Frau kennen, Friderike von Winternitz, née Burger (*1882, †1971), die als Autorin u.a für die Westermanns Monatshefte schrieb. Erst 1920 konnten sie heiraten, nachdem er mit ihr jahrelang in “wilder Ehe, die aber sehr sanft ist”, gelebt hatte - so in einem Brief an seinen Verleger Kippenberger (nach der Trennung und Scheidung im Jahre 1938 blieb sie zunächst in Österreich zurück, später emigrierte sie in die USA). Vor dem Ausbruch des Ersten Weltkrieges, in dessen Folge sich Europa vollständig veränderte, unternahm Zweig zahlreiche ausgedehnte Reisen durch den Kontinent, nach Indien, Nordafrika und Nord- und Mittelamerika. Wie viele andere seiner Altersgenossen ließ Zweig sich von der Euphorie beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges anstecken und war zunächst durchaus ein Befürworter des Krieges. In der in Wien erscheinenden Blatt Freie Neue Presse, deren Feuilletonredakteur Theodor Herzl war, lobte er am 5.8.1914 “die Schwertbruderschaft” zwischen Österreich und dem Deutschen Reich, und “Mit beiden Fäusten, nach recht und links, muss Deutschland jetzt zuschlagen, der doppelten Umklammerung seiner Gegner sich zu entwinden. Jeder Muskel seiner Herrlichen Volkskraft ist angespannt bis zum Äußersten, jeder Nerv seines Willens bebt von Mut und Zuversicht...” Und an seiner Verleger Kippenberger, der bereits Offizier war, schrieb er: “Es wäre mein höchstes Glück als Offizier gegen einen zivilisierten Gegner reiten zu dürfen...” Und so meldete auch Zweig sich zum Militär und wurde zum 1.12.1914 dem Trainzeugs-Depot in Klosterneuburg als Einjährig-Freiwilliger zugeteilt. In einer Eingabe am 14.11. an den Leiter des k.u.k. Kriegsarchivs bat er, dort “zugeteilt” zu werden, da “meine literarischen Fähigkeiten dort wirksamer und nutzbringender in Erscheinung treten könnten.” Nachdem er wegen Untauglichkeit zum Dienst an der Waffe ausgemustert worden war, setzte man ihn wunschgemäß im Wiener Kriegsarchiv ein, wo auch Alfred Polgar, Rainer Maria Rilke und Franz Werfel beschäftigt waren. 1915 war er erstmals an der Front in Galizien, und was er dort erlebte änderte seine Einstellung. Und führte zum Entwurf seines Jeremias, in dem er der Gewalt abgesagt wurde. Aber erst 1916 äußerte Zweig sich auch öffentlich als Kriegsgegner. 1919 zog er nach Salzburg; dort hatte er noch im Krieg das Paschinger-Schlössl auf dem Kapuzinerberg erworben. Hier wohnte er mit Unterbrechungen bis 1934. Er hatte sich manchem seiner Freunde wegen der unterschiedlichen Haltung zum Weltkrieg entfremdet und floh ihnen und der großen Stadt. Außerdem schien Salzburg ihm ein besserer Ausgangspunkt für seine oft spontanen Reisen zu sein. In diesem Domizil waren u.a. die Schriftsteller Hugo von Hoffmannsthal, H.G. Wells, Jakob Wassermann, Emil Ludwig, Paul Valéry und Arthur Schnitzler, die Musiker Maurice Ravel, Alban Berg, Bruno Walter und Béla Bartók sowie manche Schauspieler seine Gäste, sein Freund Romain Rolland und auch Thomas Mann wohnten dort eine Zeit. 1928 reiste Zweig anläßlich Feierlichkeiten zum 100. Geburtstag von Leo Tolstoi in die Sowjetunion, wo erstmals mit Maxim Gorki zusammentraf. Bis zur “Machtübernahme” der Nazis in Deutschland und dem Anschluß Österreichs 1938 gehörten Zweigs Werke zu den bestverkauften Büchern in beiden Ländern; außerdem erschienen sie in vielen Ländern in Übersetzungen. 1933 gehörten auch Werke Zweigs, “des Repräsentanten einer dekadenten Niedergangsperiode”, zu denjenigen, die von den Nationalsozialisten verbrannt wurden. Bereits in den ersten Tages des neuen Regimes war der nach seiner gleichnamigen Novelle unter der Regie von Robert Siodmak gedrehte, mit Willi Forst in der Hauptrolle besetzte Film Brennendes Geheimnis, in den Kinos angelaufen, der auf den Litfaßsäulen Berlins beworben wurde. Als die Nazis am Tag nach dem Reichstagsbrand (27.2.1933) bemerkten, daß die Menschen angesichts des Titels feixten, entfernte die Polizei die Werbeplakate aus dem Stadtbild. Noch am 15.3.1933 schrieb Zweig an seinen Freund Frans Masereel “Ich habe die stärkste Abneigung, Emigrant zu werden und würde das nur im äußersten Notfall tun, denn ich weiß, daß alles Emigrantentum gefährlich ist, man macht dadurch die Zurückgebliebenen zu Geiseln und erschwert ihnen das Leben.” Erst nachdem sein Salzburger Haus durchsucht worden war, entschloß er sich zu emigrieren. 1934 verließ er Österreich und lebte zunächst in Großbritannien, wanderte 1941 über eine Zwischenstation in der Nähe von New York nach Brasilien aus, wo er schließlich in Petrópolis einen kleinen Bungalow mietete, wo u.a. die Schachnovelle entstand und er seine Rückschau Drei Leben, die posthum unter dem Titel Die Welt von Gestern erschien, beendete und an den Verlag sandte. Als er nach dem Angriff der Japaner auf Pearl Harbour und dem Eintritt des Amerikaner in den Krieg vom Fall Singapurs erfuhr, kehrte er mit seiner Frau vom Karneval in Rio umgehend nach Petrópolis zurück und setzte - verzweifelt über die Zuständen in Europa und dem Verlust seiner ”geistigen Heimat” - gemeinsam mit seiner zweiten Frau Charlotte (Lotte) Elisabeth (née Altmann (*1908), mit der er seit September 1939 verheiratet war - er hatte die im damaligen oberschlesischen Kattowitz geborene deutsche Staatsangehörige, geheiratet, um ihr die wegen ihrer deutschen Staatsangehörigkeit drohende Internierung zu ersparen -, freiwillig seinem Leben ein Ende. “Ich finde die Identität mit meinem Ich nicht mehr, nirgends hingehörig, nomadisch und dabei unfrei ...Die anderen haben die Schiffe hinter sich verbrannt, sich amerikanisiert, gaben sogar ihre Sprache auf - ich bin für all dies zu alt.” (aus einem Brief vom 21.11.1941 an Felix Braun). Unter den geordneten Unterlagen befand sich in einem Abschiedsbrief folgende Sentenz: “Ich grüße alle meine Freunde! Mögen sie die Morgenröte noch sehen nach der langen Nacht. Ich, allzu Ungeduldiger, gehe ihnen voraus” Schon in seinem Werk Die Welt von Gestern beklagte er den beklagenswerten Zustand der Welt: “Alle Werte waren verändert, und nicht nur im Materiellen; die Verordnungen des Staates wurden verlacht, keine Sitte, keine Moral respektiert. Berlin verwandelte sich in das Babel der Welt. (...) Eine Art von Irrsinn ergriff im Sturz aller Werte gerade die bürgerlichen, in ihrer Ordnung bisher unerschütterlichen Kreise."

zweig_stefan1_bdZweig, der mit zahlreichen Literaten in Verbindung stand, war u.a. befreundet mit Romain Rolland und führte einen regen Briefwechsel u.a. mit Hermann Bahr, Sigmund Freud, Rainer Maria Rilke und Arthur Schnitzler.

Kopf einer Stefan Zweig-Statue in den Jardins du Luxembourg, Paris

 

 

Verzicht

Linder schwebt der Stunde Reigen
Über schon ergrautem Haar,
Denn erst an des Bechers Neigen
Wird der Grund, der goldne, klar.

Vorgefühl des nahen Nächtens,
Es verstört nicht... es entschwer
Keine Lust, des Weltbetrachtens
Kennt nur, wer nicht mehr begehrt,

Nicht mehr fragt, was er erreichte,
Nicht mehr klagt, was er gemißt,
Und dem Altern nur der leichte
Anfang seines Abschieds ist.

Niemals glänzt der Ausblick freier
Als im Glast des Scheidelichts:
Nie lebt man das Leben treuer
Als im Schatten des Verzichts.

Werke u.a.: Angst (1920), Marie Antoinette (1932), Maria Stuart, Die schweigsame Frau (beide 1935), Baumeister der Welt (1936), Magellan (1938), Ungeduld des Herzens (1939), Schachnovelle (1942).

Autobiographie: Die Welt von gestern (1942).

    

         

Stefan Zweigs letztes Domizil: Petrópolis, rua Gonçalves Días 34

Der Bungalow liegt in den Bergen nördlich von Rio de Janeiro (Bilder: Peter Wagener)

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Bild: Dyna9677
Bild: Pablo Fernández Carballada (03/2006) flickr.com

Isla Negra bei Santiago de Chile

Emily Elizabeth Dickinson

US-amerikanische Lyrikerin; einer alteingesessenen calvinistischen Familie entstammend - ihr Vater war Rechtsanwalt und Sohn des Gründers des Amherst College -, schrieb sie über 1.500 Gedichte, die - mit Ausnahme von sieben - erst nach ihrem Tod veröffentlicht wurden. Die fruchtbarste Schaffensphase (1860-70) war von zunehmender Vereinsamung und Krankheit überschattet.

     Heart, We Will Forget Him

        Heart, we will forget him,
        You and I, tonight!
        You must forget the warmth he gave,
        I will forget the light.


        When you have done pray tell me,
        Then I, my thoughts, will dim.
        Haste! ‘lest while you’re lagging
        I may remember him!

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Minstead, All Saints Churchyard

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Amherst, West Cemetery

Petrópolis (Brasilien), Hauptfriedhof

Viktor Friedrich von Strauß und Torney seit 1872

 

Deutscher Schriftsteller; Großvater von Lulu von Strauß und Torney, wie er ebenfalls Dichterin und Romanschriftstellerin; studierte Rechtswissenschaften in Erlangen, Bonn und Göttingen.

D. theol. der Universität Leipzig, schaumburg-lippischer Wirklicher war zwischen 1850 und 1866 Bundestagsgesandter des Fürsten von Schaumburg-Lippe, lebte seit 1872 in Dresden, Geheimrat und Ehrenbürger der Stadt Dresden.

Bekannt aber wurde er v.a. als Dichter und Übersetzer. Er veröffentlichte Gedichte (1841), Epen, Dramen, Romane, Novellen und Übersetzungen aus dem Chinesischen. 1870 übertrug er als Erster das Tao Te King aus dem Chinesischen ins Deutsche. Außerdem dichtete er 1867 das Bundeslied des 1844 gegründeten christlichen überkonfessioneller Wingolfsbundes, einer nichtschlagenden Studentenverbindung, dessen Ehrenmitglied er seit 1856 war.

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Bilder: Heiko Bockstiegel (05/1999)

Bückeburg, Jetenburger Friedhof

Leonardo Sciascia

 

 

Italienischer Schriftsteller und Journalist; nach eine Ausbildung zum Lehrer an der Fachhochschule für Lehrer in Caltanissetta war Angestellter der Behörde für Getreidespeicherung in seinem Heimatort Racalmuto in der Nähe von Agrigent. Von 1949 bis 1957 arbeitete er dort als Volksschullehrer. 1975 wurde er als unabhängiger Kandidat über die Liste der Partito Comunista Italiano (PCI) in den Stadtrat von Palermo gewählt, trat aber schon 1977 von seinem Posten zurück. 1978 wurde er als Abgeordneter der Radikalen (Partito Radicale) in das Europaparlament gewählt. Berühmt wurde Sciascia mit dem 1961 erschienen Roman Il giorno della civetta (Der Tag der Eule), in dem er sich mit er Problematik der Mafia beschäftigte. 1986 erhielt er für sein bei Sellerio Editore in Palermo herausgegebenes Buch Cronachette den Premio Bagutta. Mehrere seiner Bücher wurden verfilmt.

Inschrift: Ce ne ricorderemo, di questa pianeta. dt. [Wir werden uns an diesen Planeten erinnern] (Ein Zitat von Auguste de Villiers de L'Isle-Adam)

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Racalmuto (Prov. Agrigent, Sizilien)

Bild: Gianfrancesco Pomponazzi (06/2010) Wikipedia.it
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Schriftsteller LXXIX

Omnibus salutem!