Adam Heinrich Müller Ritter von Nittersdorff (seit 1826)

                                   

Deutscher Staats- und Gesellschaftstheoretiker; Sohn eines Finanzbeamten; studierte von 1798 bis 1801 in Göttingen Rechtswissenschaften und Geschichte. 1805 konvertierte er zum Katholizismus, 1813 trat er in österreichische Dienste, von 1815 bis 1827 war er Generalkonsul in Leipzig. Publizistisch war er Hauptvertreter der romantischen Staats- und Gesellschaftslehre. Er wandte sich gegen rationale Gesellschaftsordnungen, Individualismus und die Annahme von Marktgesetzlichkeiten und betonte die organische Ganzheit von Staat und Wirtschaft; als Anhänger des korporativen Ständestaates, trat er für dessen Erneuerung ein und wirtschaftspolitisch für den Protektionismus. 1808 war er zusammen mit Heinrich von Kleist Herausgeber der Zeitschrift Phoebus.

Werke u.a.: Die Lehre von Gegensätzen (1804), Die Elemente der Staatskunst (3 Bde., 1809).

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Bild: Alexander Krischnig

Maria Enzersdorf (Bez.Mödling)

Ludwig Marcuse Pseudonym Heinz Raabe

 

Deutscher Publizist und Literaturkritiker; dem jüdischen Großbürgertum entstammend, begann er nach Beendigung der Schulzeit im Jahr 1913 ein Studium der Philosophie in seiner Heimatstadt und studierte später in Freiburg im Breisgau Literaturwissenschaften. Im Jahre 1917 promovierte er in Berlin bei Ernst Troeltsch mit einer Arbeit über Friedrich Nietzsche. Er war als Kritiker bei der Vossischen Zeitung und beim Berliner Tagblatt, Feuilletonredakteur und zuletzt Berliner Kulturkorrespondent des Frankfurter General-Anzeigers tätig, bis er 1933 nach Frankreich emigrierte und 1938 weiter in die Vereinigten Staaten, wo er 1944 die amerikanische Staatsbürgerschaft erwarb. Dort war er ab 1940 Professor für Philosophie an der University of Southern California, bevor er 1963 nach Deutschland zurückkehrte und sich in Bad Wiessee dauerhaft niederließ. Marcuse schrieb über zahlreiche Schriftsteller, Philosophen und Musiker, so u.a. über Ignatius von Loyola, Ludwig Börne, Heinrich Heine, Richard Wagner, August Strindberg und Georg Büchner, ferner u.a. Obszönische Geschichte einer Entrüstung (1962).

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Bilder: Matthias Kohler

Bad Wiessee, Bergfriedhof

Viktor Emil Frankl

 

Österreichischer Psychiater und Psychotherapeut; promovierte in Wien in den Fächern Medizin und Philosophie, wurde während des Zweiten Weltkrieges in die Konzentrationslager Auschwitz und Dachau deportiert, wo er während seiner 3-jährigen Haft das Verhalten der Häftlinge und Wärter studierte und 1946 über seine Beobachtungen das Buch Ein Psychologe erlebt das Konzentrationslager verfaßte. Ab 1955 war er Professor für Psychiatrie und Neurologie an der Wiener Universität, ab 1970 auch in San Diego (Kalifornien). Er ist Begründer der Existenzanalyse und der auf ihr basierenden Logotherapie.

Werke u.a.: Aerztliche Seelsorge (1946), Logos und Existenz (1951), Das Menschenbild in der Seelenheilkunde (1959).

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Wien, Israelitischer Friedhof, Alte Abtg.

Friedrich August von Hayek

 

Britischer Volkswirtschaftler österreichischer Herkunft; Direktor des von ihm gegründeten Österreichischen Instituts für Konjunkturforschung, von 1931 bis 1950 Professor an der London School of Economics, von 1950 bis 1962 in Chicago und von 1962 bis 1968 in Freiburg im Breisgau; Vertreter des Neoliberalismus, beeinflußt von dem Sozialtheoretiker Bernard Mandeville, und Verfechter einer liberalen Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung. Er behauptete u.a., der deutsche Nationalsozialismus und der italienische Faschismus seien Weiterentwicklungen des Sozialismus (!), da alle Formen des Sozialismus, Kollektivismus und Planwirtschaft zwangsläufig in Widerspruch mit den liberalen Individualrechten und rechtsstaatlichen Prinzipien und letztendlich staatliche Interventionen langfristig zur Abschaffung der Freiheit führten. Die 1947 von ihm mitbegründete Mont Pélerin Society sah er als Plattform für einen neuen Liberalismus. Später erweiterte er seine Sozialismuskritik um eine Theorie der kulturellen Evolution und des menschlichen Zusammenlebens in arbeitsteiligen Gesellschaften und hat damit die Evolutionsökonomik wesentlich beeinflußt. Seine Schriften Denationalisation of Money (1978) und Choice in Currency (1976) belebten die Debatte um das “Free Banking” neu, der zufolge das Bankenwesen ohne jegliche Einmischung des Staates agieren sollte. Diese Ansicht konnte sich jedoch in den Industriestaaten der westlichen Welt nicht durchsetzen, die vielmehr auf interventionistische Lösungen setzten. 1961 äußerte er sich in Bezug auf die durch die Überbevölkerung entstehenden Probleme dahingehend, daß “sich nur die Völker erhalten und vermehren, die sich auch selbst ernähren können”.

Werke u.a.: Der Weg zur Knechtschaft (1944), Individualismus und wirtschaftliche Ordnung (1948), Wirtschaft, Wissenschaft und Politik (1963), Dr. Bernard Mandeville. Lecture on a Master Mind (1966), Recht, Gesetzgebung und Freiheit, 3 Bde. (1973-79).

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften zusammen mit Gunnar Myrdal (1974).

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Konrad Zacharias Lorenz

 

Österreichischer Verhaltensforscher; studierte 1922 Medizin zunächst an der Premedical School der Columbia University in New York, kehrte jedoch 1923 nach Wien zurück und setzte bis 1928 sein Medizinstudium an der dortigen Universität fort. Er erforschte v.a. die stammesgeschichtliche Entwicklung des den Tieren angeborenen Verhaltens (u.a. Untersuchungen an Graugänsen, die er auf sich prägte). Er erkannte die Bedeutung des Zusammenwirkens angeborener und erworbener (andressierter) Anteile im Verhalten höherer Tiere (Instinkt-Dressur-Verschränkung) und entdeckte das Phänomen der ethnologischen Prägung. 1940 erhielt er einen Ruf auf Lehrstuhl für Psychologie an die Universität in Königsberg. Bereits im Folgejahr wurde er zum Militär eingezogen und kam nach einer Grundausbildung 1942 als Heerespsychiater in ein Lazarett in Posen, wo er an rassenkundlichen Studien beteiligt war. Diese Tätigkeit hat ihm später Kritik eingebracht, zumal er sich hierzu niemals äußerte. Nachdem er 1948 aus sowjetischer Kriegsgefangenschaft entlassen worden war, gründete er in Altenberg bei Wien 1949 das Institut für vergleichende Verhaltensforschung, das zur Österreichischen Akademie der Wissenschaften gehörte; eine weitere Professur blieb ihm wegen seiner nationalsozialistischen Vergangenheit verschlossen. Er ging in die Bundesrepublik Deutschland und war dort an verschiedenen Universitäten und Forschungseinrichtungen (u.a. Münster und München) tätig. Dennoch wurde er in seiner Heimat noch einmal sehr bekannt und populär, als er sich 1978 dem dortigen Volksbegehren gegen die Inbetriebnahme des Kernkraftwerks Zwentendorf anschloß.

Werke u.a: Das so genannte Böse. Zur Naturgeschichte der Aggression (1963); Über tierisches und menschliches Verhalten (2 Bde., 1965); Die Rückseite des Spiegels. Versuch einer Naturgeschichte menschlichen Erkennens (1973), Vergleichende Verhaltensforschung (1978), Der Abbau des Menschlichen (1983).

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Physiologie oder Medizin mit Nikolaas Tinbergen und Karl von Frisch (1973).

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St. Andrä-Wördern (NÖ)

Bild: Alexander Krischnig

Wien, Friedhof Neustift am Walde

Bild: Alexander Krischnig
Bild: Alexander Krischnig (11/2006)
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Friedrich Gundolf eigentl. Friedrich Leopold Gundelfinger

                     

Deutscher Literarhistoriker; Sohn des jüdischen Mathematikers und Professors an der Technischen Hochschule Darmstadt Sigmund Gundelfinger studierte als Schüler von Erich Schmidt und Gustav Roethe Germanistik und Kunstgeschichte an den Universitäten München, Berlin und Heidelberg. Gundolf gehörte zum Kreis um Stefan George. Seine auf dessen Kunsttheorie beruhenden geisteswissenschaftlichen Arbeiten gingen von der Einheit von Künstler und Werk aus; große Künstler verstand er als Symbolgestalten ihrer Epoche

Werke u.a.: Shakespeare und der deutsche Geist (1911), Goethe (1916), George (1920), Shakespeare (2 Bde., 1928).

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Heidelberg, Bergfriedhof

Bild: Thomas Haas (04/2012)

Louis Pasteur

1845        

Französischer Chemiker und Mikrobiologe; als Sohn eines Gerbers ärmlichen Verhältnissen enstammend; promovierte nach einem geisteswissenschaftlichen und einem mathematischen Studienabschluß promovierte Pasteur 1847 in Paris in Physik. Nach einer kurzen Zeit als Professor für Chemie am Lyceum in Dijon.ging er an der Universität in Straßburg, Dort lernte er Marie Laurent, die Tochter des Dekans der Fakultät in Straßburg, kennen und heiratete sie am 29.5.1849. 1854 wechselte er an die Universität von Lille, wo er zum Professor für Chemie und Dekan der Fakultät für Wissenschaften ernannt wurde. Pasteur entdeckte an den Salzen der Weinsäure die optische Isomerie und schuf die Grundlagen für die Stereochemie und Polarimetrie. Ab 1854 beschäftigte er sich mit der alkoholischen Gärung und entdeckte, daß sie stets vonJoseph Meister bekommt von Louis Pasteur als erster Mensch eine Impfung gegen Tollwut Mikroorganismen hervorgerufen wird und daß ein Erhitzen zur Abtötung von Mikroorganismen führt. Auch bei Tierkrankheiten sowie bei Sepsis und eitrigen Erkrankungen erkannte Pasteur Mikroorganismen als Ursache und entwickelte ab 1881 Impfstoffe gegen Geflügelcholera, Schweinerotlauf und Milzbrand. Aus dem Rückenmark tollwütiger Tiere gewann Pasteur einen Impfstoff gegen Tollwut. Als erster Mensch wurde der von einem tollwütigen gebissenen 9-jährige, aus dem Elsasß stammende Joseph Meister gegen tollwut geimpft. Meister war von 1913 bis zu seinem Lebensende als Concierge über Tollwut führten 1888 zur Gründung eines Instituts in Paris, das der Behandlung dieser Krankheit gewidmet war; das Pasteur-Institut wurde von ihm bis zu seinem Tod geleitet.

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Paris, Institut Pasteur

Hnweis: Die sterblichen Überreste Louis Pasteurs befinden sich in der Krypta des Institut Pasteur.

Wilhelm Scherer

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Österreichischer Germanist; Sohn eines Franken und einer Österreicherin; studierte zunächst an der Universität Wien deutsche Philologie, wechselte 1860 aber nach Berlin, wo er u.a. bei Moriz Haupt, Franz Bopp, Leopold von Ranke und bei Karl Müllenhoff hörte. Vor allem Müllenhoff förderte den begabten Studenten und beteiligte ihn 1864 an der Herausgabe der Denkmäler deutscher Poesie und Prosa aus dem VIII. bis XII. Jahrhundert. In Berlin stand Scherer in Kontakt zu Jacob Grimm, über dessen Leben und Werk er 1865 sein erstes Buch veröffentlichte. 1868 wurde er in Wien Nachfolger auf dem Lehrstuhl für Deutsche Philologie seines ehemaligen Professors Franz Pfeiffer. 1872 folgte er einem Ruf an die neugegründete Universität Straßburg, kehrte aber fünf Jahre später wieder nach Berlin zurück, um Neuere Deutsche Litaraturgeschichte zu lehren. Scherer versuchte, sprachliche und literarische Erscheinungen nach dem Prinzip von Ursache und Wirkung zu erklären und (nach naturwissenschaftlichem Vorbild) exakt zu beschreiben. Neben Georg Gottfried Gervinius‘ Geschichte der poetischen National-Literatur der Deutschen (5 Bde., 1835-42) gehört seine Geschichte der deutschen Literatur (1883) zu den ersten großen literaturhistorischen Leistungen.

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Bilder: Günter Bihn (04/2012)

Berlin, Alter St.-Matthäus-Kirchhof

Clemens Alexander Winkler

1875                

Deutscher Chemiker; Sohn des Metallurgen Kurt Alexander Winkler; studierte von 1857 bis 1859 an der Freiberger Bergakademie. 1864 promovierte er an der Universität Leipzig über das kristalline Silicium und die Verbindungen des Siliciums; im selben Jahr wurde er Hüttenmeister im Blaufarbenwerk Niederpfannenstiel. 1873 wurde er Professor für chemische Technologie und Analytische Chemie an der Bergakademie, an der er 16 Jahre zuvor studiert hatte. Hier führte er bahnbrechende Untersuchungen auf den Gebieten der anorganischen, analytischen und der technischen Chemie durch, untersuchte die Reaktionen des Elementes Indium bestimmte das Atomgewicht, ermittelte die Zweiwertigkeit, stellte eine Vielzahl von Salzen Indiums dar, bestimmte die Atomgewichte von Nickel und Kobalt und entwickelte ein Verfahren zur Rauchgasentschwefelung. 1886 entdeckte er das chemische Element Germanium, ein metallisches Element aus der 4. Hauptgruppe des Periodensystems, Ordungszahl 32., als bei einer chemischen Analyse immer wieder eine Differenz auftrat. Er bestätigte damit die Existenz des von Dmitrij Mendelejew bereits 1871 als “Eka-Silizium” in seinem Periodensystem der chemischen Elemente prognostizierte Element. Winkler hatte das Halbmetall in dem Silbersulfiderz Agyrodit gefunden und gab ihm den Namen Germanium.. (Germanium wurde später das erste Metall, das in Transistoren anstatt der bislang verwendeten Vakuumröhren zur Anwendung kam).1894 traf er sich mit Mendelejew und blieb bis zu seinem Tode mit ihm in brieflichem Kontakt.

1892 wurde Winkler als Mitglied in die Königlich-Schwedische Akademie der Wissenschaften berufen.

mit Dmitrij Mendelejew (1900)

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Bilder: Steffi Eckold (05/052012)

Dresden, Trinitatis-Friedhof

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Wissenschaft & Forschung XVII

Omnibus salutem!