Bild: Vasil Yaroshevich (07/2007)

Pjotr Leonidowitsch Kapiza

kapiza_bd pinxit Boris Kustodijew (Ausschnitt, 1921)         1964

Russischer Physiker; wuchs in Sankt Petersburg auf und war dort Schüler von Abram Joffe am dortigen Polytechnischen Institut. Auf dessen Empfehlung arbeitete er ab 1921 bei Ernest Rutherford am Cavendish-Laboratorium in Cambridge. Nach seiner Rückkehr nach Moskau im Jahr 1934 gründete er das Akademie-Institut für Physikalische Studien. Er entdeckte die Suprafluidität von Helium-4 im Jahr 1937.

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Physik (1978) “für seine grundlegenden Erfindungen und Entdeckungen in der Tieftemperaturphysik”.

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Moskau, Friedhof am Neujungfrauenkloster

Ernst Otto Fischer

 

Deutscher Chemiker; der Sohn eines Physikers legte 1937 das Abitur am Theresien-Gymnasium München ab und absolvierte den obligatorischen zwei Jahre dauernde Reichsarbeitsdienst, als am 1.9.1939 der Zweite Weltkrieg ausbrach und Fischer eingezogen wurde. Er war zunächst in Polen an der Front, dann in Frankreich und schließlich in Rußland. Während eines Studienurlaubs immatrikulierte er sich im Wintersemester 1941/42 an der damaligen Technischen Hochschule München für das Fach Chemie, konnte das Studium aber erst nach Ende des Krieges und der Entlassung aus amerikanischer Kriegsgefangenschaft fortsetzen. Nach dem Studiumabschluß 1949 war er wissenschaftlicher Assistent von Walter Hieber in der Fakultät für anorganische Chemie, bis er 1952 promovierte. 1954 war Fischer zunächst als Privatdozent tätig, und nach einigen Monaten Studienaufenthaltes 1956 in den Vereinigten Saaten erhielt er 1957 einen Ruf auf einen Lehrstuhl an der Münchner Universität und wechselte 1964 zur jetzigen Technischen Universität (TU), wo er die Nachfolge seines ehemaligen Lehrers Hieber antrat; mehrere Rufe an andere Universitäten lehnte er ab. Unabhängig von dem britischen Chemiker Geoffrey Wilkinson (*1921, †1996) hatte Fischer für die später als Ferrocen bezeichnete Verbindung eine Sandwichstruktur vorausgesagt und konnte dies mit Hilfe kristallographischer Untersuchungen bestätigen; außerdem synthetisierte er 1957 das Dibenzol-Chrom. Fischer war Mitglied der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und der Leopoldina.

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Chemie (1973) zusammen mit Geoffrey Wilkinson.

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München-Solln, Alter Friedhof

Bilder: Matthias Bauer (1998)

Emil Abderhalden

 

Schweizer Physiologe; der Sohn eines Lehrers studierte ab 1895 Medizin an der Universität Basel, war ab 1902 als Assistent des späteren Nobelpreisträger Hermann Emil Fischer in Berlin und habilitierte 1904 mit Neue Ergebnissen auf dem Gebiet der spezifischen Eiweißchemie. Ab 1908 war er Professor für Physiologie in Berlin, wo man ihn mit der Leitung des physiologischen Instituts der Berliner Tierärztlichen Hochschule betraute. 1911 wechselte er an die Universität Leopoldina in Halle (Saale), zu dessen Präsidenten er 1932 gewählt wurde - weitere Berufungen nach Wien (unico loco 1913), Zürich (1916) und Bern (1935) schlug er aus. Sein Verhältnis zum Dritten Reich war nicht konfliktfrei, dennoch verhielt er sich systemkonform; so wandte er sich ab 1936 der Forschung kriegswichtiger Ersatzstoffe und Lebensmittel zu, wofür er 1944 das Kriegsverdienstkreuz 2. Klasse erhielt. Vor allen Dingen setzte er sich für die neue “Gesundheitspolitik” der Nazis ein und befürwortete u.a. die Zwangssterilisation; zudem sympathisierte er mit dem Gedankengut der NS-Rassenhygiene und deren Euthanasievorstellungen. Er sorgte für Aufnahme der wichtigsten Rassenhygieniker in die Leopoldina, und 1939 veröffentlichte er eine eigene Arbeit über biochemische Rassemerkmale. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wurde er, bevor die Amerikaner Sachsen-Anhalt im Juli 1945 im Tausch gegen West-Berlin den Russen übergaben, in die amerikanische Besatzungszone deportiert. Wenig später konnte er in die Schweiz emigrieren und lehrte 1946/1947 am Lehrstuhl für physiologische Chemie an der Universität Zürich. Abderhalden erforschte insbesondere Stoffwechsel, Hormone und Enzyme und entdeckte die Abwehrfermente.

Werke u.a.: Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden (1920-39), Lehrbuch der Physiologie, (4 Bde., 1925-27), Vitamine und Vitamintherapie (1948).

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Zürich, Friedhof Fluntern

Franz Oppenheimer

 

Deutscher Soziologe und Nationalökonom; Sohn eines Rabbiners; Bruder des Biochemikers Carl Oppenheimer und der Schriftstellerin Paula Dehmel (*1862, †1918), der Ehefrau des Dichters Richard Dehmel; studierte Medizin in Freiburg im Breisgau und promovierte 1885 bei Paul Ehrlich in Berlin. Danach war er bis 1895 als praktischer Arzt in einem Berliner Armenviertel tätig. Schon früh mit sozialpolitischen Fragestellungen befaßt, arbeitete er schließlich als Chefredakteur der Welt am Montag, wo er Friedrich Naumann kennenlernte, der im selben Gebäude wie er arbeitete. 1896 veröffentlichte Oppenheimer seine erste wissenschaftliche Arbeit Die Siedlungsgenossenschaft, die das “Oppenheimersche Transformationsgesetz” beinhaltet. 1909 war er in Berlin unter den Mitbegründern der Deutschen Gesellschaft für Soziologie, wirkte ab diesem Jahr bis 1917 als Privatdozent in Berlin und war anschließend für zwei Jahre Titularprofessor, Nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, in dem er als Referent im Kriegsministerium tätig war, nahm er 1919 nahm er einen Ruf auf den neugestifteten Lehrstuhl für Soziologie und theoretische Nationalökonomie an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main an. Diese erste Soziologieprofessur Deutschlands hatte er bis 1929 inne. Oppenheimer, aus dessen Schule zahlreiche namhafte Nationalökonomen hervorgingen, sah die Ursache des sozialen Elends im Bodenmonopol begründet. Aufgrund des herrschenden Monopols werde der Lohn der arbeitenden Schicht beschnitten und somit eine Landflucht gefördert, was wiederum zu einem Überangebot an Arbeitskräften in der Industrie und den Städten führe. Oppenheimer, der als Vertreter eines “liberalen Sozialismus” gilt, trat in seinen Studien insofern für die Abschaffung des Großgrundbesitzes sowie für eine Gründung von Siedlungsgenossenschaften ein. Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten emigrierte er 1933 zunächst nach Palästina, wo er bis 1935 lehrte. Nachdem sich eine Professur an der Tokioter Keio Universität wegen des deutsch-japanischen Kulturabkommens zerschlagen hatte, verließ er Japan in Richtung Shanghai und emigrierte 1939 schließlich auf Umwegen in die Vereinigten Staaten, wo er sich in Los Angeles niederließ. Dort war er 1941 Gründungsmitglied des American Journal of Economics and Sociology.

Werke u.a.: Großgrundeigentum und die soziale Frage (1898), Theorie der reinen und politischen Ökonomie (1910), Die soziale Frage und der Sozialismus (1919).

Inschrift: Ich hatt einen Kameraden.

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Frankfurt am Main, Südfriedhof

Bilder: KN (14.08.2007)

Hinweis: Seine Urne wurde im Mai 2007 von Los Angeles in das Grab seiner Frau Matilda überführt, die bereits 1921 verstorben war. Sein Name ist auf dem Grabstein nicht vermerkt.

Bilder: Thomas Richter & Ilona Creutz (08/2007)

Johann Joachim Eschenburg

          

 

Deutscher Literaturkritiker; studierte ab 1764 in Leipzig und ab 1767 in Göttingen Theologie und kam als Öffentlicher Hofmeister an das Collegium Carolinum nach Braunschweig. Im Jahre 1770 übernahm er den öffentlichen Vortrag über Literaturgeschichte. 1773 wurde er zum außerordentlichen Professor und schließlich 1777 zum ordentlichen Professor der schönen Literatur und der Philosophie ernannt. Von 1777 bis 1820 gab Eschenburg die von Herzog Karl I. gegründeten Braunschweigischen Anzeigen heraus. Seit 1782 fungierte er als Bibliothekar des Collegiums. Im Jahre 1786 wurde er zum Hofrat ernannt. 1795 wurde ihm die Oberaufsicht über die Zensur und die Redaktion des Braunschweigischen Gelehrtenmagazins übertragen. Im Zuge der Auflösung des Collegium Carolinum und die Umwandlung in eine Militärakademie wurde er 1808 zunächst pensioniert, bis er 1814 an das wiedereröffnete Collegium berufen wurde und als Mitglied des Direktoriums und Bibliothekar wirkte. Als enger Freund Gotthold Ephraim Lessings gab er Teile dessen literarischen Nachlasses nach Lessings Tod heraus. Eschenburg schuf die erste vollständige Übertragung (in Prosa) von William Shakespeares Schauspielen ins Deutsche (13 Bde., 1775-82).

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Braunschweig, Magni-Friedhof

Bilder: Alexander Krischnig (08/2007)

Nikola Tesla

US-amerikanischer Physiker und Elektrotechniker serbischer Herkunft; zählt zu den bedeutendsten Erfinder; wirkte von 1882 bis 1885 bei Thomas Alva Edison in dessen Continental Edinson Company in Paris, siedelte 1884 in die USA über und wurde 1891 amerikanischer Staatsbürger; nachdem er sich mit Edinson wegen der nicht eingehaltenen Versprechung - dieser hatte ihm für die Verbesserungen der noch recht primitiven Edinsonschen Dynamos 50.000 US-$ versprochen -, leitete Tesla ab 1887 eigene Laboratorien (“Tesla Electric [Light] Company”), u.a. in New York und Denver (Colorado). Tesla entdeckte - unabhängig von anderen - das Prinzip des Drehstrommotors und konstruierte den nach ihm benannten Tesla-Transformator ohne Eisenkern mit hoher Übersetzung. Seine Wechselstromtechnik entwickelte sich zur Konkurrenz von Edinsons Gleichstromtechnik. Als Tesla seinem ehemaligen Arbeitgeber ein Zusammengehen bei der Entwicklung zukunftsträchtiger Techniken der Stromversorgung vorschlug, lehnte dieser ab. Im Mai 1885 verkaufte er daraufhin seine Wechselstromtechnik an den Industriellen und Erfinder George Westinghouse. In dem jetzt beginnenden sog. Stromkrieg und einem gegen Teslar gigantischen, öffentlich ausgetragenen Werbefeldzug scheute Edison sich sogar nicht, die Menschen zu verunsichern, indem er auf die Gefahren des Wechselstrom hinwies. Nach dem Vorbild der praktischen Versuche Oskar von Millers, der hochgespannten Wechselstrom um eine große Strecke bis nach Frankfurt am Main leitete, baute Teslar gewaltige Turbinen für die Stromgewinnung durch Wasserkraft, die er an den Niagarafällen zum Einsatz brachte. Durch Resonanzversuche von hochfrequenten Sende- und Empfängerstromkreisen entwickelte Tesla außerdem die Grundprinzipien der Radiotechnik, auf den Marconi später für seine Radioübetragungen aufbaute. Bedeutend waren u.a. seine Untersuchungen zur Röntgenstrahlung und Konstruktionen zur drahtlosen Nachrichten- und Energieübertragung; außerdem hatte er zahlreiche weitere Patente, z.B. zum Frequenzmesser, Tachometer und Blitzableiter. Trotz seiner zahlreichen richtungsweisenden Erfindungen geriet er infolge der Weltwirtschaftskrise in finanzielle Schwierigkeiten und konnte kaum noch für seinen Lebensunterhalt aufkommen. 1933 erklärte sich die Westinghouse Company bereit, ihm einen monatlichen Betrag für seine beratenden Tätigkeiten zu zahlen. Am 1.1.1934 zog Tesla, der seit 1898 im Luxushotel Waldorf Astoria in New York City lebte, in das einfach Hotel New Yorker, in dem er am Morgen des 8. Januar 1943 vom Personal tot aufgefunden wurde. Zuvor hatte er sich mehr und mehr zurückgezogen, aber er beschäftigte sich unter anderem noch um 1935 mit “Strahlenkanonen”

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Belgrad, Nikola-Tesla-Museum

Bilder: Heinrich Willenberg (09/2009)

Johannes Thienemann

 

Deutscher Ornithologe; Sohn eines Pastors; studierte ab 1885 Theologie in Leipzig und in Halle (Saale). Statt der Familientradition folgend, wandte er sich nach einer kurzen Zeit in einer Pfarrstelle von der Theologie ab und der Naturwissenschaften zu, um sich dem Forschungsgebiet der Ornithologie ganz zu widmen. Erstmals an die Stätte seines späteren Wirkens, dem an der Kurischen Nehrung gelegenen Fischerdorf Rossitten, kam er im Juli 1896 im Rahmen eines Ferienaufenthalts. Hier bemerkte er die großen Schwärme von Vögeln, die auf ihrem Weg von Skandinavien in den Süden und zurück dort Rast machten und gut beobachtet werden konnten. Thienemann beschloß, sich dort niederzulassen.

Vogelwarte Rossitten (ca.1920) Wikswat (04/2014) Wikipedia.org cc_somerightsreserved

Nach erfolgreichen Verhandlungen mit der Ornithologischen Gesellschaft und staatlichen Gruppierungen konnte mit Mitteln vom preußischen Kultus- und Landwirtschaftsministerium auf der Kurischen Nehrung am 1. Januar 1901 eine ornithologischen Beobachtungsstation unter der offiziellen Bezeichnung ”Vogelwarte Rossitten” gegründet werden; es war die erste Vogelwarte der Welt. Die Vogelwarte ging gemeinsam mit der 1908 errichteten Feldstation Ulmenhorst 1923 an die Kaiser-Wilhelm-Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften über. Johannes Thienemann, der 1906 zum Dr. phil. promovierte und 1910 zum Professor an der Universität Königsberg ernannt worden war, ging 1929 in den Ruhestand, blieb auf seinem Grundstuck, wo er auch starb. Die Vogelwarte Rossitten wurde 1944 evakuiert und geschlossen. Nach dem Zweiten Weltkrieg betrieben sowjetische Forscher die Vogelwarte, soweit noch vorhanden, in nur sehr eingeschränktem Umfang. Allerdings stellte die sowjetische Behörden die gesamte Kurische Nehrung seinerzeit unter Naturschutz.

Das wissenschaftliches Augenmerk Johannes Thienemanns richtete sich auf die Erforschung der Wanderstraßen der Zugvögel. Um die Wege der Zugvögel nachvollziehen zu können, begann er mit der Beringung der Vögel. Durch entsprechende Rückmeldungen konnten die verschiedenen Zugstraßen der Vögel, die Tausende von Kilometern zurücklegten, in Erfahrung gebracht werden. Es gelang zu beweisen, daß Störche jährlich fast 10.000 Kilometer zurücklegen, um in ihre Winterquartiere in Südafrika zu gelangen, von wo aus dann im Frühjahr wieder an ihre Ausgangspunkte zurückkehren.

Werke u.a.: Von Elchen, Störchen, Krähen und anderem Getier auf Kurischen Nehrung (1928), Im Lande des Vogelzuges (1933), Rossitten. Drei Jahrzehnte auf der Kurischen Nehrung (1938).

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Bilder: Wikswat (04/2013) Wikipedia.org

 Rossitten (Oblast Kaliningrad), Waldfriedhof

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Ferdinand Frédéric Henri Moissan

 

Französischer Chemiker; Sohn eines Eisenbahnbeamten; verließ die Schule, ohne eine für ein Universitätsstudium notwendige Qualifikation erreicht zu haben und begann daher in einer Apotheke zu arbeiten. Da er ein großes Interesse an der Chemie entwickelte, gelang es ihm, eine Anstellung zunächst im Laboratorium des Chemikers Edmond Frémy und später im naturwissenschaftlichen Museum im Laboratorium für Bodenkultur bei dem Pflanzenphysiologen Pierre Paul Dehérain zu erlangen. Letzterer erkannte Moissans Fähigkeiten und überredete ihn, das sog. baccalauréat nachzuholen, um dann studieren zu können; nach einem zweiten Anlauf gelang es ihm 1874, die Hochschulzulassung nachzuholen. 1886 wurde er Professor an der höhern Schule für Pharmazie, auch Professor der Chemie an der Universität in Paris, der Sorbonne. Moissan starb nur kurze Zeit nach seiner Rückkehr von der Nobel-Verleihungszeremonie in Stockholm im Dezember 1906 an einem Blinddarmdurchbruch.

Moissan arbeitete über die Cyanverbindungen, die Oxyde des Eisens, die Chromverbindungen, über Fluorverbindungen, über die Karbide, Silicide, Hydrüre etc.. Er entwickelte einen Elektroofen, der auf eine Temperatur von 3 500 °C aufgeheizt werden konnte, so daß diverse Stoffe - auch solche, bei denen man es zuvor nicht für möglich gehalten hatte - verdampft und in großer Reinheit gewonnen werden konnten. Zu Beginn der neunziger Jahre des 19. Jahrhunderts gelang es ihm, das Element Bor in reiner Form herzustellen. Zuvor, im Juni 1886, war es ihm bereits nach zahlreichen fruchtlosen Versuchen gelungen, auf elektrochemischem Wege elementaren, reinen Fluor aus wasserfreier Flusssäure/ Kaliumfluorid in einer Platinapparatur bei minus 50° Celsius herzustellen. Nach ihm wurde das Mineral Moissanit benannt.

Auszeichnungen u.a.: Nobelpreis für Chemie (1906).

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Bilder: Herbert Herterich )02/2014)

Paris, Cimetière du Père Lachaise

Karl Gotthard Lamprecht

1909

 

Deutscher Historiker; studierte Geschichte, Politikwissenschaft, Wirtschaftwissenschaften und Kunst an den Universitäten Göttingen, Leipzig und München in der Zeit zwischen 1874 und 1879). 1878 promovierte er in Leipzig über die französische Wirtschaft des 11. Jahrhunderts. Der Einfluß von Jacob Burckhardts im Jahre 1860 erschienenen Werk Zivilisation der Renaissance in Italien mit seiner Betonung der psychologischen Merkmale bestimmter historischer Epochen wurde in einem der ersten von Lamprecht publizierten Essays, Individualität und ihr Verständnis im deutschen Mittelalter (1887), in dem er erstmals seine Kritik an äußeren Fakten als einen Mittelpunkt der Wissenschaftsgeschichte zuerst feststellte, sichtbar. Lamprecht, der 1879 in Köln unterrichtete, am Friedrich-Wilhelm-Gymnasium lehrte, und 1885 zunächst Professor in Marburg an der Lahn, dann ab 1892 Professor für Geschichte an der Universität Leipzi wurde, wurde vor allem bekannt durch seine Rolle im Methodenstreit der Geschichtswissenschaften, als er versuchte, Sozialgeschichte als Teil der Kulturgeschichte zu schreiben, was einen heftigen Methodenstreit auslöste. In seinem Werk Initialornamentik (1882) beschäftigte er sich mit den psychologischen Implikationen der künstlerischen Ornamentik und des Symbolismus des 8. bis 13. Jahrhunderts und bildete den Kern für seine spätere und weiter entwickelte Theorie. 1903 wurde Lamprecht mit  einer  Arbeit  über  Die  Kirchengeschichtschreibung Johann  Lorenz  von  Mosheims zum Dr. phil. promoviert. Seine theologischen Studien schloß er 1901 und 1903 mit dem ersten und zweiten theologischen Examen ab. 1910/11 war er als Rektor der Universität Leipzig in der Studienreform tätig und verankerte als solcher unter anderem die Stellung der Fachschaft in der Universitätsverfassung. Seit 1892 war er ordentliches Mitglied der Königlich Sächsischen Gesellschaft der Wissenschaften.

1881 hatte er bereits mit dem Unternehmer Gustav von Mevissen die Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde gegründet und gemeinsam mit Felix Hettner, dem Direktor des Trierer Provinzial-Museums, von 1881 bis 1891 die Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst herausgegeben. Seit 1895 war er außerdem Herausgeber der Geschichte der europäischen Staaten.

Werke u.a.: Deutsches Wirtschaftsleben im Mittelalter (1885-86, 4 Tle.), Deutsche Geschichte (1891-1909, 14 Bde., 2 Ergänzungsbände (1891-1909); Die kulturhistorische Methode (1900); Atlas zur Kirchengeschichte : 66 Karten auf 12 Blätter (gemeinsam mit Hermann Mulert, (1905), Einführung in das historische Denken (1912).

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Bild: Florian Hoffmann (08/2011), Wikipedia.de
Bild: Florian Hoffmann (08/2011), Wikipedia.de

 Naumburg (Saale)-Bad Kösen OT Schulpforte, Friedhof

Lorenz von Stein  (seit 1868)

 

Deutscher Staatsrechtslehrer, Soziologe und Nationalökonom; studierte von 1835 bis 1839 an den Universitäten in Kiel und Jena Philosophie und Rechtswissenschaft. In den Jahren 1841/42 folgten Studien- und Forschungsaufenthalte in Berlin und Paris. Nach seiner Habilitation in Kiel wurde er ebendort erst Privatdozent und 1846 außerordentlicher Professor der Staatswissenschaften. 1848 hielt Stein sich als Beobachter für die Frankfurter Nationalversammlung erneut in Paris auf. In einer Nachwahl zur konstituierenden schleswig-holsteinischen Landesversammlung wurde er am 28.3.1850 wurde in die Landesversammlung gewählt. Wegen seiner aktiven Beteiligung an der schleswig-holsteinischen Bewegung gegen Dänemark wurde er 1852 seines Kieler Professorenamtes entbunden. Ab 1855 war er ordentlicher Professor für Politische Ökonomie an der Universität Wien, wo er 30 Jahre wirkte. Im Dezember 1874 wurde er als korrespondierendes Mitglied in die Russische Akademie der Wissenschaften in Sankt Petersburg aufgenommen.

Lorenz erkannte die Bedeutung der sozialen Frage in der Industriegesellschaft; seine Verwaltungslehre enthält noch heute bedeutsame Ideen zum modernen Verfassungs-, Verwaltungs- und Sozialstaat.

Werke:u.a.: Der Socialismus und Communismus des heutigen Frankreichs (1842), System der Staatswissenschaft (2 Bde., 1852-56), Lehrbuch der Finanzwissenschaft (1860). Die Verwaltungslehre 8 Bde., (1865-84).

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Bilder: KN (10/2005)

Wien, Matzleinsdorfer evangelischer Friedhof

Wissenschaft & Forschung XLVIII

Omnibus salutem!