Johann Samuel Heinrich Kiepert
Deutscher Geograph und Kartograph; Sohn eines Kaufmanns; studierte in Berlin Klassische Philologie.von 1845 bis 1852 Direktor des Geographischen Instituts zu Weimar, 1853 Mitglied der Akademie, seit 1859 Professor in Berlin. 1841 erschien die erste Teillieferung von Kieperts Werk Atlas von Hellas und den hellenischen Kolonie.
Werke u.a.: Atlas von Hellas (1841 ff.), Neuer Handatlas der Erde (3. Aufl. 1893-95), Atlas antiquus (11. Ausg. 1892), Lehrbuch der alten Geographie (1878).
Rochus Wilhelm Traugott Heinrich Ferdinand Freiherr von Liliencron
Deutscher Germanist und Musikhistoriker; studierte zunächst Theologie in Kiel, brach dieses Studium jedoch ab, um in Berlin Rechtswissenschaften in Berlin zu studieren und schließlich Germanistik, war anschließend Privatdozent in Bonn, dann ab 1848 für zwei Jahre diplomatischer Vertreter Schleswig-Holsteins in Berlin. 1850 wurde er Professor für deutsche Sprache und Literatur in Kiel, 1852 in Jena. Nach einer kurzzeitigen Intendanz an der Hofkapelle in Meiningen im Jahre 1855 widmete er sich der Volksliedforschung. Er begründete die deutsche Volksliedforschung und ist insbesondere als Herausgeber der monumentalen Allgemeinen Deutschen Biographie bekannt geworden ist, zu deren Schaffung ihn 1869 die Königlich-Bayerische Akademie der Wissenschaften beauftragt hatte. Er leitete diese Aufgabe von München aus bis 1876. Ihre insgesamt 56 Bände mit mehr als 26.500 Artikeln erschienen von 1875 bis 1912. 1876 wurde er Probst des Damenstiftes St.-Johannis-Kloster in Schleswig. 1880 führte er für die herzogliche Familie von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg die Verhandlungen über den Ehevertrag von Auguste Victoria , der späteren Frau Kaiser Wilhelms II. , und verhandelte in diesem Zusammenhang u.a. mit Otto von Bismarck. 1901 wurde er von der Göttinger Gesellschaft der Wissenschaften zu ihrem Ehrenmitglied ernannt.
Werke u.a.: Historische Volkslieder der Deutschen (4 Bde., 1865-69), Deutsches Leben im Volkslied um 1530 (1885), Liturgisch-musikalische Geschichte der evangelischen Gottesdienste 1523-1700 (1893).
Biographie: Frohe Jugendtage (1902).
Französischer Neurologe; Vater des Polarforschers Jean-Baptiste Charcot (*1867, †1936); studierte an der Sorbonne und war ab 1856 zunächst als Krankenhausarzt tätig, bevor er 1872 Professor an der Medizinischen Fakultät der Sorbonne wurde und dort zwei Jahre später an der Klinik für Nervenkrankheiten tätig wurde. In dieser Zeit veröffentlichte er zahlreiche Arbeiten zur Anatomie und Pathologie des Nervensystems. 1882 wurde für ihn der weltweit erste Lehrstuhl für Krankheiten des Nervensystems am Hôpital Salpêtrière in Paris errichtet. Charcot spezialisierte sich auf die Erforschung der Hysterie, Ataxie, Hypnose, Aphasie und der amyotrophischen Lateralsklerose. Charcot, gemeinsam mit Guillaume-Benjamin Duchenne Begründer der modernen Neurologie, erlangte internationales Ansehen und wurde 1881 zum Ehrenmitglied der American Neurological Association ernannt. 1883 wurde er in die Académie des sciences de l'Institut de France aufgenommen. Zu seinen zahlreichen Schülern zählte u.a. Sigmund Freud, auf welchen Charcots Arbeiten und Erkenntnisse einen großen Einfluß ausübten.
Demonstration Charcots im Hôpital de la Salpêtrière mit Blanche Wittman, der ”Königin der Hysterikerinnen (pinxit André Brouillet , 1887)
Deutscher Orientalist; nach Absolvierung des Gymnasiums und des Seminars in Blaubeuren studierte Julius Euting von 1857 bis 1861 Theologie und orientalische Sprachen am Evangelischen Stift in Tübingen. Nachdem nach dem Ende des Deutsch-Französischen Krieges 1871 das Elsaß wieder deutsch geworden war, übernahm er eine Stelle als Bibliothekar an der Universitätsbibliothek in Straßburg und wurde 1880 zum ordentlichen Honorarprofessor an der Kaiser-Wilhelm-Universität Straßburg ernannt. Im Jahre 1900 wurde er Direktor der Universitätsbibliothek Straßburg, dem damaligen Zentrum der Orientforschung. Euting unternahm mehrere Forschungsreisen in das gesamte Mittelmeergebiet, nach Syrien und nach Nordwest-Arabien, so führte er 1883/84 eine von Otto von Bismarck geförderte Forschungsreise ins Innerste Arabiens durch. Euting, der altsemitische Inschriften veröffentlichte, wurde über die Fachkreise hinaus durch sein Tagebuch einer Reise nach Inner-Arabien (Bd. I 1896, Bd. II 1914) weithin bekannt. Von 1876 bis 1912 war er außerdem Präsident des Vogesenclubs.
Abu Ali al-Husayn ibn Abdullah ibn Sina [lat. Avicenna]
Persischer Arzt und Universalgelehrter; Sohn eines Steuereintreibers; zählte zu den berühmtesten Persönlichkeiten seiner Zeit. Einige seiner philosophischen Ausarbeitungen wurden von späteren Mystikern des Sufismus rezipiert. George Sarton bezeichnete Ibn Sina als “den berühmtesten Wissenschaftler des Islam und vielleicht aller Zeiten“. Insbesondere seine medizinischen Erkenntnisse beeinflußten auch noch Jahrhunderte nach seinem Tode die westlichen Wissenschaften.
Berlin-Neukölln, Alter St. Jacobi Friedhof
Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf, Luisenfriedhof II
Paris, Cimetière de Montmartre
Seebach (Baden), Seekopf, Naturpark Schwarzwald
Hamadan (Iran)
Jules Jean Baptiste Vincent Bordet
Belgischer Biologe und Bakteriologe; promovierte 1892 zum Dr.med. und kam 1894 an das Pasteur Institute in Paris, wo er im Labor des russischen Zoologen und Immunologen Ilja Metschnikow (*1845. †1916) arbeitete. 1900 verließ das Pariser Institut, um in Brüssel ein Pasteur Institute zu gründen. 1907 wurde er Professor für Bakteriologie an der Université Libre de Bruxelles.
Bordet spezialisierte sich auf die Immunologie und die Bakteriologie. 1906 entdeckte er gemeinsam mit Octave Gengou (*1875, †1957) den Keuchhustenerreger. Er beschrieb 1898 als Erster die Komplementbindungsreaktion im Rahmen einer Theorie der Immunitätsentwicklung und erhielt für seine Entdeckung 1919 den Nobelpreis für Physiologie oder Medizin. Das Bakterium Bordetella pertussis wurde nach ihm benannt.
Ixelles (Elsene), Friedhof Ixelles
Deutscher Neurologe und Psychiater; Sohn des jüdischen Religionslehrers Nathan Abraham; studierte Medizin in Würzburg und Berlin. 1901 promovierte er in Freiburg im Breisgau und arbeitete danach als Oberarzt an einer Klinik in Zürich, wo er C. G. Jung kennenlernte, der ihn 1907 mit Sigmund Freud bekannt machte, dessen bedeutendster Schüler und Mitarbeiter er wurde. 1908 ließ Abraham sich in Berlin als Nervenarzt nieder und war Vorsitzende der von ihm im selben Jahr gegründeten Berliner Gruppe und Präsident der Internationalen Psychoanalytischen Vereinigung. Im Ersten Weltkrieg war er in Allenstein (Ostpreußen, heute Olsztyn, Polen) Chirurg in einem Lazarett und richtete dort eine neurologische Station ein, an der an Neurosen leidende Soldaten behandelt wurden. Am Ende des Krieges kehrte er nach Berlin zurück und gründete dort gemeinsam mit Max Eitingon das erste psychoanalytische Institut der Welt mit Poliklinik und Lehranstalt. Abraham trat als Psychoanalytiker besonders durch seine Untersuchungen zum Mythos und zur Traumsymbolik sowie zu den Freudschen Entwicklungsphasen der Sexualität im Kindesalter hervor.
Werke u.a.: Das Erleiden sexueller Traumen als Form infantiler Sexualbetätigung (1907), Traum und Mythos. Eine Studie zur Völkerpsychologie (1909), Untersuchungen über die früheste prägenitale Entwicklungsstufe der Libido (1916), Versuch einer Entwicklungsgeschichte der Libido auf Grund der Psychoanalyse seelischer Störungen (1924).
Berlin, Parkfriedhof Lichterfelde (Thunerstr.)
Deutscher Archäologe; Sohn des Pädagogen Friedrich Wilhelm Dörpfeld; studierte ab 1872 Architektur an der Berliner Bauakademie. Während seines Studiums beschäftigte er sich u.a. mit dem Torbau der Athener Akropolis, den Propyläen, was sein Interesse an der Archäologie erweckte, gefördert dann durch seine Arbeit im Büro des Architekten Friedrich Adler, der später - nach Dörpfelds Heirat mit Anna Adler im Jahre 1883 - sein Schwiegervater wurde (Adler hatte 1871 gemeinsam mit Ernst Curtius eine Reise durch Kleinasien unternommen; außerdem hatte er sich mit der ursprünglichen Gestalt des Pantheon beschäftigt). 1877 reiste Dörpfeld als Assistent des Grabungsarchitekten Richard Bohn das erste Mal nach Olympia, und im Folgejahr wurde ihm die technische Leitung Arbeiten zu den dortigen Grabungen übertragen. Als Leiter zahlreicher staatlicher, aber auch privater Ausgrabungskampagnen sowohl in Griechenland als auch in Kleinasien war er bis 1881 maßgeblich an der Freilegung der seit der Bronzezeit besiedelten antiken Stätten von Olympia auf der Peloponnes beteiligt und begleitete außerdem ab 1882 u.a. die Grabungen Heinrich Schliemanns in Troja und Tiryns, die er nach dessen Tod fortsetzte. Dörpfeld gilt als Begründer des modernen Grabungswesens. Ab 1882 arbeitete er beim Deutschen Archäologischen Institut (DAI) in Athen, dessen Erster Sekretär er von 1887 bis 1911 war. Von 1900 bis 1913 betrieb er gemeinsam mit Alexander Conze Forschungen an der Mittel- und Unterstadt von Pergamon; 1931 führte er Untersuchungen auf der Agora von Athen durch. Seine späten Arbeiten zur Frühgeschichte des Heiligtums von Olympia und zum Ursprung mykenischer Kultur waren hingegen glücklos und erwiesen sich inzwischen als falsch; auch seine Bemühungen ab 1900, das homerische Ithaka auf der Insel Lefkas nachzuweisen, brachten kein Ergebnis. Wilhelm Dörpfeld starb in Nidri in dem Haus, das er einst von Kaiser Wilhelm II. als Geschenk erhalten hatte.
Werke u.a.: Troja und Ilion (2 Bde., 1902), Alt-Olympia (2 Bde., 1935).
Dorpfeld (rechts) und Schliemann (Mitte) am Löwentor in Mykenai
Nidri (Insel Lefkas, Griechenland), Friedhof
Deutscher Geophysiker und Seismologe; einziges Kind eines Tilsiter Kaufmanns; wuchs nach dessen frühem Tod in bescheidenen Verhältnissen in Königsberg auf. Ab 1881 studierte er an der Königsberger Universität Albertina Physik. Er beschäftigte sich in seinen Königsberger Jahren mit den verschiedensten Phänomenen der Natur, so untersuchte er die Beschaffenheit der Materie, experimentierte mit Kathodenstrahlen und der Elektrizität, spürte dem Entstehen der Polarlichter nach und forschte über die Gravitation. Ab 1897 arbeitete er an der Universität Göttingen und folgte dort im Jahr 1898 dem Ruf auf den weltweit ersten Lehrstuhl für Geophysik. Am Geophysikalischen Instituts auf dem oberhalb Göttingens gelegenen Hainberg, wo man sich mit der Erforschung von Erdbeben beschäftigte, begann Wiechert ab 1901 mit dem Aufbau der dort heute noch im Betrieb befindlichen Wiechert’schen Erdbebenwarte. Dort entwickelte er den ersten Seismographen, der aufgrund seiner besonderen Konstruktion zuverlässige Meßergebnisse lieferte, indem er das Problem der starken Eigenschwingungen der Pendel löste. Außerdem entwickelte er gemeinsam mit dem Mathematiker Gustav Herglotz (1881, †1953) ein Berechnungsverfahren für die Ausbreitung der von Erdbeben ausgelösten Wellen, die einen Aufschluß über den Aufbau des Erdinneren zuließ. Wiechert hatte schon 1896 postuliert, daß die Erde einen Kern aus Metall haben müsse. In der Erkenntnis, daß man den Geheimnissen der Entstehung von Erdbeben nur durch weltweite Beobachtungen auf die Spur kommen könne, wurde auf seine Anregung hin 1902 auf der damaligen deutschen Kolonie Samoa ein geophysikalisches Observatorium eingerichtet, das bis zum Ende des Ersten Weltkrieg von Göttingen aus betrieben wurde. Angebote, auf renommierte Lehrstühle anderer Universitäten zu wechseln, schlug er stets aus. Wiechert, der seine Arbeiten bis kurz vor seinem Tode fortsetzte, blieb in Göttingen, wo er 1908 Helene Ziebarth, die Tochter eines bekannten Göttinger Juristen geheiratet hatte. und lebte mit ihr und seiner Mutter dort zurückgezogen.
Werke u.a.: Hypothese für eine Theorie der elektrischen und magnetischen Erscheinungen
Göttingen, Stadtfriedhof
Omnibus salutem!