Margot Becke-Goehring

 

 

Deutsche Chemikerin; Tochter eines Berufsoffiziers; studierte nach dem in Erfurt abgelegten Abitur in Halle (Saale) und München Chemie und promovierte 1938 und habilitierte sich 1944. Aufgrund eines Mißverständnissen - die US-amerikanische Besatzungsmacht glaubte, sie habe wegen ihrer Arbeiten über mit Deuteriumoxid am Atomprogramm des Dritten Reichs mitgearbeitet - wurde sie nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges kurzzeitig interniert. 1946 wurde sie Dozentin an der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg und 1947 dort außerordentliche Professorin für anorganische Chemie, 1959 ordentliche Professorin und 1961 Dekanin der naturwissenschaftlichen Fakultät. 1966 übernahm sie dann das Rektorat der Heidelberger Universität, die damals über 11.000 Studenten zählte, und war damit die erste Rektorin einer Hochschule der Bundesrepublik Deutschland. Ihr Rektorat fiel in die Zeit der 1968er–Studentenunruhen, in denen u.a. mit dem Slagan “Unter den Talaren – Muff von 1000 Jahren” gegen die verkrusteten Strukturen der Universitäten polemisiert wurde. Becke-Goehring, die ihre gesamte wissenschaftliche Ausbildung in der Zeit des Dritten Reichs genossen hatte, wurde von der Studentenschaft z.T. scharf angegriffen. 1967 sah sie sich gar mit dem auf einige Wände der Universität gesprühten Satz:"Bringt die Becke um die Ecke" konfrontiert. 1968 gab sie ihr Amt - freiwillig - ab und wurde 1969 Direktorin des Gmelin-Instituts für anorganische Chemie der Max-Planck-Gesellschaft in Frankfurt am Main. In den folgenden Jahre widmete sie sich dort der Aktualisierung des Gmelins Handbuch der anorganischen Chemie, das bis 1997 in ca. 800 Bänden erschien und das den gesamten Wissensstand der anorganischen Chemie beinhaltet. Obwohl seit 1979 im Ruhestand, veröffentlichte Margot Becke-Goehring, seit 1969 gewähltes Mitglied der Leopoldina und seit 1977 ordentliches Mitglied der Heidelberger Akademie der Wissenschaften, Publikationen wissenschaftshistorischen Inhalts. Verheiratet war sie mit dem Industriechemiker Friedrich Becke, den sie 1955 kennengelernt hatte.

Auszeichnungen u.a.: Alfred-Stock-Gedächtnispreis (1961).

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Bilder: Matthias Bauer (12/2013)

Heidelberg-Handschuhsheim, Friedhof

Friedrich Rolle

 

 

Deutscher Paläontologe, Geologe und Volkskundler; Sohn eines Offiziers; begann 1844 nach dem Besuch der Volksschule, dem Felsmann‘schen Instituts in Homburg, des Collège royal zu Straßburg und des Gymnasiums zu Darmstadt sowie der dortigen Höheren Gewerbeschule und der Erlangung der Hochschulreife eine Ausbildung zum Apotheker, die er jedoch abbrach. 1846 immatrikulierte er sich an der Ludwigs-Universität Gießen als stud. phil., wechselte aber zwei Jahre später nach Bonn und begann ein Studium der Bergwissenschaften. Anschließend arbeitete Rolle vorübergehend als Wissenschaftlicher Gehilfe im dortigen Rheinischen Mineralien-Comptoir, bis er sich an der Universität Tübingen immatrikulierte und dort 1852 zu Dr. phil. promoviert wurde. Danach arbeitete er als Geologe in der Steiermark und anschließend von 1857 bis 1859 zunächst als Assistent, dann bis 1862 Zweiter Custos-Adjunct am Hofmineralienkabinett in Wien. In dieser Zeit veröffentlichte er mehrere Schriften zu geologischen und paläontologischen Themen. Als eine Bewerbung um eine Professur an der Universität Göttingen im Jahre 1860 ohne Erfolg blieb, kehrte er in seine Geburtsstadt zurück, wo er als Ständiger Berater der "Kommission zur Instandhaltung der Mineralquellen" und geologischer Gutachter für die landgräfliche Regierung. Petrefaktenhandel wirkte. 1863 veröffentlichte er sein Werk Charles Darwins Lehre von der Entstehung der Arten im Pflanzen- und Thierreich in ihrer Anwendung auf die Schöpfungsgeschichte dargestellt und erläutert, in dem er das bereits 1859 in England erschiene Werk in Deutschland einführte, er korrespondierte mit jenem in den Jahren bis 1868. Ebenso nahm er 1868 Kontakt auf mit Ernst Haeckel und führte mit ihm eine Korrespondenz bis 1882 Seine weiteren Bemühungen, eine - wenigstens außerordentliche - Professur zu erlangen, so 1864 in Gießen, scheiterten Auch sein Versuch mit einer Zeitschrift zu reüssieren scheiterten: 1867 und 1868 erschienen lediglich zwei Hefte der Hertha, Zeitschrift für Naturwissenschaft und Völkerkunde - dann gab er das Projekt auf. Zwischen 1872 und 1874 war Rolle zwar für die preußische Regierung im Saar-Nahe-Gebiet als Geologe tätig, aber eine Übernahme in die Preußische Geologische Landesanstalt wurde 1875 abgelehnt. Im Folgejahr konnte er zwar an der Universität in Zürich eine Probelesung abhalten, aber seine Wunsch dort als Professor tätig werden zu können scheiterte ebenfalls. In seinen letzten Lebensjahren, in denen er sich immer mehr zurückzog, verfaßte Friedrich Rolle, der immerhin als Darwinist als Vorkämpfer eines neuen biologischen Denkens in Deutschland gilt, paläontologische Beiträge für Gustav Adolf Kenngotts und Peter Franz von Lasaulx’ Handwörterbuch der Mineralogie, Geologie und Paläontologie. Friedrich Rolle nahm sich das Leben aus freien Stücken.

Werke u.a.: Der Mensch, seine Abstammung und Gesittung im Lichte der Darwin'schen Lehre ...(1866), “.

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KN (17082014)

Bad Homburg v.d. Höhe, ev.-luth. Friedhof

Poul la Cour

 

Dänischer Physiker und Meteorologe; wollte ursprünglich Priester werden, schlug jedoch eine naturwissenschaftliche Laufbahn ein und studierte in Kopenhagen und in Utrecht. 1869 beendete er seine Ausbildung als Meteorologe, unternahm zwischen 1871 und 1872 meteorologische Studienreisen nach Wales und Messina und besichtigte die meteorologischen Stationen in Neapel, Rom, Florenz und Triest. Nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde er stellvertretender Direktor des Meteorologischen Instituts in Kopenhagen. Da die bei Messungen erhobenen Daten möglichst zeitnah ausgewertet und verglichen werden mußte, suchte er nach einer Verbesserung der Kommunikation, die über Telegraphen erfolgte und erfand ein Verfahren, bei dem es bis zu einhundert Teilnehmern möglich war, auf einer Leitung gleichzeitig Nachrichten zu senden. 1878 wurde er Lehrer an der Volkshochschule in Askov, Dort setzte er sich für die Einführung des elektrischen Stroms ein, der seinerzeit nur in größeren Städten zur Verfügung stand. Aus diesem Grunde forschte er an der Verbesserung des Wirkungsgrades von Windmühlen und daran, sie für die Wandlung der Windenergie in elektrische Energie zu nutzen. La Cour gilt insofern als einer der wichtigsten Wegbereiter der modernen Windkraftanlagen für die Erzeugung von elektrischem Strom. Außerdem entwickelte er eine spezielle Gasleuchte für Wasserstoffgas. 1885 bis 1902 wurde das Schulgelände mit diesen Gaslampen beleuchtet. 1903 gründete er die Dansk Vindelektricitetsselskab, DVES (Dänische Gesellschaft der Wind-Elektriker) als Plattform für die Unterstützung der ländlichen Elektrifizierung. In den letzten Jahren seines Lebens wirkte la Cour beratend am Aufbau eines zentralisierten Stromnetzes in Dänemark mit. Zum Zeitpunkt seines Ablebens verfügte Dänemark bereis über 30 ländliche Energieversorger mit Windkraftanlagen.

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Bilder: Finn Larsen (09/2013)

Vejen Kommune OT Askov, Friedhof

Antoine-Henri Becquerel

Französischer Physiker; Sohn des Physikers Alexandre Becquerel; der sich auf dem Gebiet der Photochemie und der Phosphoreszenz einen Namen gemacht hat; Enkel des Physikers Antoine César Becquerel, dem Mitbegründern der Elektrochemie; studierte von 1872 bis 1874 an der École Polytechnique sowie von 1874 bis 1877 an der École des Ponts et Chaussees, die er als Ingenieur verließ. 1891 übernahm er die Professur für Physik am Musée d'Histoire Naturelle. 1895 entdeckte er zufällig, im Rahmen seiner Forschungen zur Fluoreszenz, das Phänomen der Radioaktivität. Nachdem er Uranmineralien in einem dunklen Raum auf eine Photoplatte gelegt hatte, bemerkte Becquerel, dass die Platte eingeschwärzt worden war. Dies war ein Beweis dafür, dass Uran Energie abstrahlt. Später bezeichnete man diese unbekannte Strahlung als Radioaktivität. Becquerel wies nach, daß die Radioaktivität Stoffe in allen Aggregatzuständen durchdringt. Ferner entdeckte er 1896 bei Untersuchungen an Uranmineralen in der Strahlung Elektronen, die später als sogenannte bezeichnete Betastrahlung. 1903 wurde Becquerel mit dem Nobelpreis für Physik ausgezeichnet, den er sich mit dem französischen Physikerehepaar Pierre und Marie Curie für ihre Arbeit zur Radioaktivität - ein von Marie Curie geprägter Begriff- teilte.

Zu seinen Werken zählen Recherches sur la phosphorescence (1882-97, Forschungen zur Phosphoreszenz) und Découverte des radiations invisibles émises par l'uranium (1896/97, Entdeckung der unsichtbaren, vom Uran abgegebenen Strahlung). Die 1970 eingeführte Maßeinheit für die Radioaktivität ist nach Becquerel benannt; 1 Becquerel-Einheit entspricht 1 Zerfall pro Sekunde.

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Châtillon-Coligny, Cimetière ancien

Bilder: Bernd Wolter (08/2014)

Antoine César Becquerel

 

Französischer Physiker; Großvater von Antoine-Henri Becquerel; Sohn des Physikers Alexandre Becquerel, der sich auf dem Gebiet der Photochemie und der Phosphoreszenz einen Namen gemacht hat; nach seiner Ausbildung an der École Polytechnique in Paris sowie am Lycée Henri IV kam er 1808 zum Militär und war dort bis 1815 als Ingenieursoffizier tätig, wobei er u.a. von 1810 bis 1812 unter General Louis Gabriel Suchet in Spanien diente. 1814 verließ er die Armee im Range eines Bataillonschef und widmete sich fortan der wissenschaftlichen Forschung, insbesondere der Erforschung elektrolytischer Leitfähigkeit und galvanischer Stromerzeugung. Aufbauend auf Forschungen von René-Just Haüy entdeckte er 1820, daß auf jegliche Art Materials ausgeübter Druck, Strom zu induzieren vermag. 1825 erfand er ein Galvanometer, das in der Lage war, genaue Messungen des elektrischen Widerstandes vorzunehmen. Im Jahre 1839 entdeckte er in Zusammenarbeit mit seinem jüngeren Sohn Alexandre Edmond den photoelektrischen Effekt, der entsteht, wenn man eine Elektrode in eine leitfähige Flüssigkeit eintaucht. Bereits vor der Entdeckung durch den britischen Forscher Michael Faraday erkannte er 1827 die diamagnetische Abstoßung von Bismut und Antimon. 1829 konstruierte er das erste konstante Gleichstrom-Element - einen Vorläufer des Daniell-Elements. Ab 1837 lehrte Antoine Becquerel am Muséum national d’histoire naturelle in Paris. 1839 wurde er Präsident der Académie des sciences.

Werke u.a.: Traité de l'électricité et du magnétisme (7 Bde., 1834-40), Traité de physique appliquée à la chimie et aux sciences naturelles (2 Bde., 1847), Traité des engrais inorganiques en général, et du sel marin en particulière (1848), Des causes d'altération des métaux (1864)

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Châtillon-Coligny, Cimetière ancien

Bilder: Bernd Wolter (08/2014)

Wolfgang Leonhard eigentl. Wladimir Leonhard

Bild: Bundesarchiv (Bild 183-1990-0625-029a / Uhlemann,(Ausschnitt) Thomas 

 

Deutscher Historiker und Autor; Sohn der Publizistin Susanne Leonhard, einer engen Freundin von Karl Liebknecht und Rosa Luxemburg, und ihrem ersten Ehemann, dem bereits von ihr getrennten Dramatiker Rudolf Leonhard; seine Schuljahre verbrachte Leonhard in Berlin, wo er sich den Jungen Pionieren, der Jugendorganisation der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD) anschloß. Nach der “Machtergreifung” der Nationalsozialisten im Jahre 1933 und der unmittelbar beginnenden Verfolgung aller Kommunisten, brachte ihn seine Mutter nach Schweden, in ein Kinderheim in Viggbyholm in der Nähe Stockholms, in Sicherheit. 1935 ging sie mit ihm nach Moskau, wo seine Mutter, die bereits 1925 aus den KPD ausgetreten war und sich einer kommunistischen Splittergruppe angeschlossen hatte, ein Jahr später im Rahmen der großen stalinistischen Säuberungsaktion verhaftet wurde und zehn Jahre im Zwangsarbeitslager Workuta verbringen mußte. Der 15-jährige Leonhard kam in das Kinderheim Nummer sechs, in dem aus Österreich und Deutschland stammende Kinder von Emigranten untergracht wurden. Nach dem Überfall der deutschen Wehrmacht auf die Sowjetunion im Juli 1941 erfolgte seine Zwangsumsiedlung nach Kasachstan, von dort kam er im Folgejahr zur Kominternschule in Kuschnarenkowo in Baschkirien - die wichtigste ideologisch-politische Ausbildungsstätte für ausländische Kommunisten in der UdSSR. Die Schule, an der er auch seinen einstigen Schulfreund Markus Wolf wiedertraf, wurde geschlossen, nachdem Stalin am 10.6.1943 die Kommunistische Internationale aufgelöst hatte. Leonhard kam zurück nach Moskau und wirkte dort als Sprecher am Sender Freies Deutschland des Nationalkomitees Freies Deutschland. Am 30. April 1945, noch wenige Tage vor dem Kriegsende, flog der 24-jährige Leonhard als Mitglied der Gruppe Ulbricht von Moskau in das 60 Kilometer östlich von Frankfurt (Oder) gelegene Calau bei Meseritz (heute Kalawa b. Miedzyrzecz, Polen), von wo die Gruppe nach der östlich von Berlin gelegenen Ort Bruchmühle gebracht wurde. Die Gruppe Ulbricht hatte von Stalin den Auftrag erhalten, in Deutschland den Kommunismus zu etablieren. Von Juli 1945 bis September 1947 arbeitete er in der Abteilung Agitation und Propaganda des Zentralkomitees (ZK) der KPD (ab 1946 nach der Zusammenlegung von Ost-SPD und KP ZK der SED) und lehrte anschließend bis 1949 im Fach Geschichte an der SED-Parteihochschule Karl Marx auf der Hakeburg in Kleinmachnow. Aus Protest gegen den Stalinismus, an dessen System ihm erstmals während seines Aufenthalts in Kuschnarenkowo Zweifel gekommen waren, als er gewahr wurde, daß dort Tatsachen gefälscht wurden, floh Leonhard am 12. März 1949 aus Ostberlin über Prag in das Jugoslawien Titos, wo er bei Radio Belgrad arbeitete, bevor er Ende 1950 schließlich nach Westdeutschland übersiedelte. 1955 veröffentlichte Leonhard, der als einer der führenden Kenner der Sowjetunion, der DDR und des Kommunismus gilt, das Buch, das ihn weltberühmt machte: Die Revolution entläßt ihre Kinder, in dem er seine Erlebnisse zwischen 1935, als er in die Sowjetunion kam, und 1949, als er die DDR verließ, erzählt. Von 1956 bis 1958 war Wolfgang Leonhard mit Studien- und Forschungstätigkeiten im englischen Oxford befaßt, wirkte von 1963 bis 1964 an der Columbia-Universität New York. 1964 ließ er sich in der Eifel nieder, hielt sich aber von 1966 bis 1987 mit einem Lehrauftrag an der Historischen Fakultät der Yale-Universität. auf. Einem breiten Publikum in Deutschland wurde Wolfgang Leonhard durch seine zahlreichen Auftritte bei Fernsehdiskussionen bekannt, zu denen er wegen seiner intimen Kenntnisse der Machtapparate sowohl der UdSSR und als auch der DDR immer wieder eingeladen wurde. Nach 42 Jahren, im Juli 1987 kehrte Leonhard erstmals in die Sowjetunion zurück; er gehörte einer Delegation an, die Bundespräsident Richard von Weizsäcker zu einem Besuch nach Moskau begleitete. Später reiste er noch mehrmals dorthin und besuchte die Stätten seiner Jugend und seiner späteren dortigen Tätigkeiten.

Von 1968 bis zu seinem Tod war Leonhard Mitglied des PEN-Zentrums Deutschland.

Werke u.a.: Kreml ohne Stalin. (1959), Nikita Sergejewitsch Chruschtschow. Aufstieg und Fall eines Sowjetführers (1965), .Die Dreispaltung des Marxismus. Ursprung und Entwicklung des Sowjetmarxismus, Maoismus und Reformkommunismus.(1975),Spurensuche (1992), Meine Geschichte der DDR (2007)

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Bilder: Roland Buderath (08/2014)

Manderscheid (Ldkrs. Bernkastel-Wittlich), Gemeindefriedhof

Heinrich Christian Schumacher

1853             

 

Deutscher Astronom und Geodät; Sohn eines Amtmanns im Dienste des dänischen Königs Friedrich VI.; studierte Rechtswissenschaften an den Universitäten Kiel und Göttingen und lehrte als Dozent der Rechte 1805 an der Universität Dorpat (heute Tartu, Estland). Der ebenfalls dort lehrende Mathematiker Johann Wilhelm Andreas Pfaff weckte sein Interesse an der Mathematik und der Astronomie, so daß Schumacher später mit einem königlichen Stipendiums diese Fächer an den Universitäten Kopenhagen und Göttingen, wo Carl Friedrich Gauß ihn zudem für Geodäsie begeisterte, studierte. 1810 wurde Schumacher außerordentlicher Professor der Astronomie in Kopenhagen, 1813 Direktor der Mannheimer Sternwarte und 1815 ordentlicher Professor der Astronomie in Kopenhagen. Von dort kehrte er jedoch umgehend nach Altona zurück, um im Auftrag Friedrichs VI, den er in den Tagen der Kindheit durch seinen Vater kennengelernt hatte, ab 1817 die geodätische Vermessung des Meridians von Skagen bis Lauenburg/Elbe vorzunehmen, die von Gauß durch das Königreich Hannover hindurch fortgesetzt und damit an das Europäische Netz angeschlossen wurde. 1820 erhielt er von der Königlich Dänischen Akademie der Wissenschaften in Kopenhagen den Auftrag, Holstein zu vermessen und die Ergebnisse kartographisch darzustellen. Im Folgejahr erwarb er ein Haus an der Palmaille in Altona, in dem er sein eigenes Institut, die Sternwarte Altona, die bis 1872 in Betrieb blieb, einrichtete. Ab 1823 gab Schumacher die himmelskundliche, bis heute existierende Zeitschrift Astronomische Nachrichten, die erste Zeitschrift dieser Art, heraus, in der zahlreiche Fachleute wie C.F. Gauß, Friedrich Wilhelm Bessel, Heinrich Wilhelm Olbers und Wilhelm Herschel Artikel veröffentlichten. Schumacher setzte seine mathematischen und astronomischen Kenntnisse für zahlreiche praktische Untersuchungen auf der Erde ein; so befaßte er sich u.a. in den 1840er Jahren mit den Problemen, die aufgrund der unterschiedlichen geographischen Lage von Punkten auf der Erde entstehen und bestimmte für die Fahrpläne der Altona-Kieler Eisenbahn eine künstliche mittlere Uhrzeit, vermaß die Trasse für die 1844 eröffnete Eisenbahnlinie zwischen Altona und Kiel und nahm das Hamburger Stadtgebiet nach dem ”Großen Brand“ (1842) trigonometrisch auf. Auch nach dem Tode seines Gönners Friedrich VI. blieb ihm dessen Nachfolger König Christian VIII. gewogen, schränkte aber die finanzielle Unterstützung aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Lage Dänemarks ein; demzufolge wurde auch der Etat für Vermessungsarbiten stark gekürzt. Schumacher geriet aber durch die Ereignisse des Jahres 1848, als sich Schleswig-Holsteins gegen Dänemark erhob, als dänischer Beamter in eine schwierige Situation - er wurde sogar unter Hausarrest gestellt - , da die finanziellen Mittel aus Kopenhagen, die für den Betrieb der Sternwarte und die Herausgabe der Astronomischen Nachrichten notwendig waren, nach und nach ausblieben. Zudem belastete ihn zunehmend seine schwächer werdende Gesundheit.

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Hamburg-Altona, ehem. Heilig-Geist-Kirchhof

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Arnold Johannes Wilhelm Sommerfeld

1897

 

Deutscher Mathematiker und Physiker; Sohn eines niedergelassenen Arztes; studierte ab 1886 Mathematik an der Albertina in Königsberg, einer der ersten Hochschulen, an der die theoretische Physik als eigenständiges Fach gelehrt wurde, und dort promovierte Sommerfeld, zu dessen Lehrern u.a. David Hilbert, Ferdinand von Lindemann und Adolf Hurwitz zählten, im Jahre 1891 über das Thema Die willkürlichen Functionen in der mathematischen Physik. Entscheidend beeinflußt war er in seinen jüngeren Jahren von dem sieben Jahre älteren Emil Wiechert, der seit 1881 in Königsberg studierte und mit dem er freundschaftlich verbunden war. Nach Ableisten des obligatorischen einjährigen Militärdienstes wechselte Sommerfeld 1893 an die Universität von Göttingen, wo er zunächst als Assistent am mineralogischen Institut wirkte, wobei seine Hauptinteresse aber weiterhin der Mathematik und der mathematischen Physik galt. 1894 wurde er Assistent des Mathematikers Felix Klein, der sein wissenschaftliches Vorbild wurde. 1895 verfaßte er seine Habilitationsschrift Mathematische Theorie der Diffraction und war danach zunächst als Privatdozent für Mathematik tätig. Gemeinsam mit Klein verfaßte er auch das vierbändige Werk Über die Theorie des Kreisels (1897-1910). Außerdem wurde er von ihm beauftragt, verschiedene Abschnitte über Physik für die Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften beizusteuern. 1897 erhielt er einen Ruf als Nachfolger Wilhelm Wiens auf den Lehrstuhl für Mathematik an der Bergakademie Clausthal, wechselte 1900 auf den Lehrstuhl für Technische Mechanik an der Technische Hochschule Aachen (heute RWTH Aachen) und 1906 als Professor für theoretische Physik an die Ludwig-Maximilians-Universität München, wo er bis zum Ende seiner Lehrtätigkeit blieb. Dort baute Sommerfeld ein bedeutendes Zentrum für theoretische Physik auf. 1922/23 hatte er eine Gastprofessur an der University of Wisconsin, unternahm außerdem als akademischer Lehrer zahlreiche Reisen, u.a. nach Indien, China, und Japan sowie 1928/29 in die Vereinigten Staaten. 1935 erfolgte seine Emeritierung; er unterrichtete aber noch bis 1940, da die Frage eines Nachfolger ungelöst war; er favorisierte seinen ehemaligen Schüler Werner Heisenberg, stieß aber mit seinem Vorschlag auf Widerstand von Seiten der Vertreter der ”Deutschen Physik“, die letztlich ihren Kandidaten, Wilhelm Müller, durchsetzten: Nach dem Ende der nationalsozialistischen Diktatur bemühte sich Sommerfeld nach 1945 erneut um einen Nachfolger, der die Tradition seiner Schule würde fortsetzen können, und schlug u a. erneut Werner Heisenberg vor, sowie, Karl Bechert, Hans Bethe und Carl Friedrich von Weizsäcker, die aber alle ablehnten.

Sommerfeld war einer der frühen Anhängern der Relativitätstheorie und erweiterte die von Niels Bohr aufgestellte Atomtheorie, die er zum Bohr-Sommerfeld-Atommodell ausbaute. 1915 formulierte er die relativistische Theorie der Feinstruktur des Wasserstoffspektrums. Weitere Arbeiten betrafen die Röntgenspektren, die Elektronentheorie der Metalle und die Wellenmechanik, die er mit der Fermi-Statistik auf die Untersuchung von Elektronen in Metallen anwandte. Seine bedeutendsten Arbeiten bestanden jedoch in entscheidenden Beiträgen zur seinerzeit noch neuen Quantentheorie.

Arnold Sommerfeld, der seit 1897 mit Johanna Höpfner, der Tochter des Literaturhistorikers und Kurators Ernst Höpfner verheiratet war, starb an den Folgen eines Verkehrsunfalls; er war abends mit zwei Enkelkindern unterwegs und betrat die Fahrbahn ohne auf den Verkehr zu achten, als er von einem Auto angefahren und mitgeschleift wurde.

Arnold Sommerfeld (13) war einer der Teilnehmer der 1. Solvay-Konferenz mit dem Thema ”Theorie der Strahlung und Quanten“ im Jahre 1911 unter der Leitung von Hendrik Lorentz- Sie befaßte sich mit den unterschiedlichen Ansätzen der Klassischen Physik und der im Entstehen begriffenen Quantenphysik.

Auf der Photographie: Walter Nerst, (2) Marcel Brillouin, (3) Ernest Solvay, (4) Hendrik Lorentz, (5) Emil Warburg, (6) Jean-Baptiste Perrin, (7) Wilhelm Wien, (8) Marie Curie, (9) Henri Poincaré, (10) Robert Goldschmidt, (11) Max Planck (12) Heinrich Rubens, (13) Arnold Sommerfeld, (14) Frederick Lindemann, (15) Maurice de Broglie, (16) Martin Knudsen, (17) Friedrich Hasenöhrl (18) Georges Hostelet, (19) Édouard Herzen, (20) James Jeans, (21) Ernest Rutherford, (22) Heike Kamerlingh Onnes, (23) Albert Einstein, (24) Paul Langevin.

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Bilder: Peter Müller (09/2014)

München, Nordfriedhof

Georg Walther Groddeck

 

 

Deutscher Arzt und Schriftsteller; einer Danziger Patrizierfamilie entstammend; (sein Großvater war Oberbürgermeister Danzigs und Abgeordneten der Preußischen Nationalversammlung) Sohn eines Badearztes; studierte nach dem Abitur im Internat Schulpforta in Naumburg im Jahre 1885 Medizin an der Friedrich-Wilhelm-Universität (heute Humboldt-Universität) in Berlin u.a. bei Rudolf Virchow und Heinrich Wilhelm Waldeyer. Nach einer Tätigkeit als Assistent in Berlin an der Charité bei Ernst Schweniger, seit 1880 Leibarzt von Reichskanzler  Otto von Bismarck, war er von 1891 bis 1896 Militärarzt in Brandenburg und im hessischen Weilburg an der Lahn und kehrte dann nach Berlin - wiederum als Assistent Schwenningers - zurück. Im Jahr 1900 ließ er sich Baden-Baden nieder, eröffnete dort in der Villa Marienhöhe an der Werderstraße (heute  Hotel Tanneck) ein Sanatorium mit 15 Betten, behandelte Patienten mit organischen Erkrankungen mit Diäten und Massagen nach Erkenntnissen aus der noch neuen psychologischen Forschung und avancierte bald nicht nur zum “Wunderdoktor” . der Stadt, sondern wurde Wegbereiter der Psychosomatik. 1913 veröffentliche Groddeck sein Buch mit dem Titel Nasamec - Der gesunde und kranke Mensch gemeinverständlich dargestellt.- eine Verballhornung des lateinischen Satzes "Natura sanat, medicus curat" (dt. Die Natur heilt, der Arzt pflegt). 1917 folgte sie Schrift Psychische Bedingtheit und psychoanalytische Behandlung organischer Leiden, die zum Grundstein der Psychosomatik wurde, 1921 sein psychoanalytische RomanDer Seelensucher und zwei Jahre darauf erschien sein Buch vom Es - Psychoanalytische Briefe an eine Freundin. (den Begriff “Es” übernahm Sigmund Freud später für das, was er als den "Seelen-Unterbau" bezeichnete ).

Georg Groddck war außerdem 1911 Mitbegründer des Konsumvereins sowie 1912 Mitbegründer und Aufsichtsratsvorsitzender der Gemeinnützigen Baugenossenschaft Baden-Baden (im September 1933 zwangen ihn die Nationalsozialisten zum Rücktritt von seinem Posten als Aufsichtsratsvorsitzendem).

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Groth-Pfeifer (08/2011) Wikipedia.de
Groth-Pfeifer (08/2011) Wikipedia.de

Baden-Baden, Stadtfriedhof

Wolfgang Ullrich

 

 

Deutscher Zoologe und Tierfilmer; bewarb sich im Alter von 27 Jahren nach dem Abschluß seines Biologiestudiums um eine Assistentenstelle im Zoo und wurde zu dessen Direktor ernannt. Unter seiner Leitung entstand der Zoo wieder, der im Zweiten Weltkrieg völlig zerstört worden war. Nachdem der Zoo wieder aufgebaut war, konnte er gerade in der Primatenzucht große Erfolge verbuchen. Besonders populär wurde Wolfgang Ullrich mit der im Fernsehen der DDR ausgestrahlten Serie Der gefilmte Brehm, die 1955 zum ersten Mal mit Prof. Karl Max Schneider, dem Direktor des Leipziger Zoos, ausgestrahlt und ab 1960 von Ullrich übernommen wurde. Ähnlich wie Bernhard Grzimek im westlichen Pendant Ein Platz für Tiere unternahm Ullrich zusammen mit seiner Frau Ursula Reisen nach Afrika und Asien und machte das Publikum auf die Bedrohung der Tierwelt aufmerksam. Daneben gab es auch Berichte aus der Verhaltensforschung, zum Beispiel über die Aggressivität von Tieren. 1969 gründete Ullrich, der Mitglied der Ost-CDU war, die Zooschule Dresden, den wichtigsten zoopädagogischen Treffpunkt des Zoo Dresden.

Auszeichnungen u.a.: Vaterländischer Verdienstordender DDR in Silber (1955).

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Dresden OT Trachau, Heidefriedhof

Bild: Jürgen Feiereis (10/2014)
Wissenschaft & Forschung LXXV

Omnibus salutem!