Thomas Henry Huxley

                     

 

Englische Zoologe; jüngstes von acht Kindern von George Huxley, eines Mathematiklehrers, und Rachel, née Withers; Großvater von Aldous Huxley, Andrew Fielding Huxley und Julian Sorell Huxley; mußte, nachdem sein Vater seine Stellung wegen Schließung der Schule verloren hatte und die Familie in finanzielle Not geriet, als 10-Jähriger die Schule verlassen. Er bildete sich daraufhin autodidaktisch. Zuerst las er Thomas Carlyle, James Huttons Geology und Hamiltons Logi. Und er brachte sich selbst Deutsch bei, das er schließlich fließend sprach, so daß von Charles Darwin als Übersetzer von wissenschaftlichem Material ins Deutsche herbeigezogen. Außerdem lernte Latein und genug des Altgriechischen, um Aristoteles im Original zu lesen. 1841 trat er als Gehilfe in die Praxis eines Schwagers, des Arztes James Godwin Scott, in London ein und besuchte parallel Vorlesungen am Sydenham College. Am 1.10.1842 nahm er am Charing Cross Hospital das Studium der Medizin auf, welches er 1845 mit dem akademischen Grad eines Bacc. med. der University of London abschloß. Im Anschluß verdingte er sich bei der Royal Navy. Nach kurzer Tätigkeit am Royal Naval Hospital in Haslar vermittelte ihm sein dortiger Chef John Richardson die Teilnahme an einer Expedition der HMS Rattlesnake zur Torres-Straße in den Jahren 1846 bis 1850 als Schiffsarzt, die ihm ausgedehnte, viel beachtete zoologische Forschungen ermöglichte. 1854 wurde er von der Londoner Royal School of Mines (heute Imperial College) zum Professor für Naturgeschichte berufen. Als die School of Mines Anfang der 1870er Jahre nach South Kensington zog, führte Huxley dort nach deutschem Vorbild Biologiekurse ein, in denen Wert auf Laborarbeit gelegt wurde, was im Lauf des 19. Jahrhunderts zum Vorbild in Großbritannien wurde. 1885 ging er an der School of Mines in den Ruhestand.

Huxley, der bedeutende Arbeiten zur vergleichenden Anatomie der Wirbellosen und der Wirbeltiere beitrug, unterstützte den Empirismus David Humes und Evolutionstheorie Charles Darwins (was zu seinem Beinamen Darwin’s Bulldog führte): damit und mit seinen eigenen Forschungsergebnissen und Werken trug er ganz wesentlich zur Entwicklung der Naturwissenschaften im 19. Jahrhundert bei.

 

Zurück zur Personenliste                    

Bild: Astrochemist (05/2007) Wikipedia.en
Bild: Astrochemist (05/2007) Wikipedia.en

London-Finchley, Saint Marylebone Cemetery

Charles Frédéric Gerhardt

 

Französischer Chemiker; Sohn eines Bankbeamten, der 1825 eine Firma übernahm, in der Bleiweiß, ein basisches Bleicarbonat, hergestellt wurde. Da er nicht über ausreichende chemisch-technische Kenntnisse verfügte, ließ er seinen Sohn von 1831 bis 1832 am Polytechnikum in Karlsruhe (heute Karlsruher Institut für Technologie) und anschließend 1833 in Leipzig bei Otto Linné Erdmann, in Gießen beiJustus von Liebig sowie in Dresden studieren. Anschließend arbeitete er im Unternehmen seines Vaters, bis er sich mit diesem überwarf und sich beim Militär verpflichtete. Mit Geld von deutschen Freunden - vermutlich auch von Liebig - geleng es ihm, sich wieder freizukaufen und setzte sein Studium von 1836 bis 1837 bei Liebig fort. Mit einer Referenz von Justus von Liebig ausgestattet ging er 1838 an die Sorbonne nach Paris, wo er noch im selben Jahr Assistent bei dem Chemiker Jean-Baptiste Dumas wurde. Nach seiner Dissertation über die aus der Wurzel der Inula hellenium gewonnene kampferähnliche Substanz Hellenin und über die Bernsteinsäure (Succinylsäure) im Jahre 1841, erhielt er einen Lehrstuhl für Chemie in Montpellier. 1848 ging Dumas, der außerdem erkannte, daß die bislang benutzten Summenformeln in der organischen Chemie falsch waren, und die Typentheorie (Typen: Wasserstoff, Halogenwasserstoff, Ammoniak, Wasser) verbesserte, sowie zudem erkannte, daß sich die Siede- und Schmelzpunkte von organischen Verbindungen durch jede zusätzliche Methylengruppe gleichmäßig ändern, zurück nach Paris, wo er seine eigene Lehranstalt, die École de chimie pratique, eröffnete. Im Jahre 1855 wurde er Professor für Chemie an der École de pharmacie und der dortigen faculté des sciences der Universität Straßburg.

Verheiratet war Charles Gerhardt seit 1844 mit Jane, née Sander, der Tochter eines Schotten.

Zurück zur Personenliste                   

Bild: Ji-Elle (03/2011) Wikipedia.fr
Bild: Ji-Elle (03/2011) Wikipedia.fr

Straßburg, cimetière Sainte-Hélène

Jean-Baptiste André Dumas

              

Französischer Chemiker; Sohn eines Sekretär der Stadt Alais; machte zunächst dort eine Lehre in einer Apotheke, bevor er dann in Genf in einer größerer Apotheke Arbeit fand. In Genf verfaßte er sein erstes Werk über pharmazeutische Pflanzen, etwas später ein Buch über physiologische Chemie. Im Labor der Apotheke fertigte er sich verschiedene chemische Apparaturen aus Buchvorlagen an. Dem Genfer Hochschullehrer de la Rive teilte er die Ergebnisse seiner Forschungsbemühungen mit. 1832 gründete er die École Centrale des Arts et Manufactures und wurde im selben Jahr Mitglied der französischen Académie des sciences und 1868 deren Sekretär. 1835 wurde er Professor an der Pariser École polytechnique, 1841 Professor an der Sorbonne; er war der erste Hochschullehrer, der praktikbezogene Laboratoriumskurse für Studenten gab. Die Bedeutung Dumas’ liegt vor allem in dem von ihm erbrachten Nachweis, daß sich das Molekulargewicht bestimmter organischer Verbindungen direkt proportional zur Dampfdichte der jeweiligen Verbindung verhält. Mit Hilfe dieser Entdeckung war es ihm möglich, eine Methode zur Bestimmung ,von Molekulargewichte, besonders von Gasen und Flüssigkeiten mit niedrigen Siedepunkten, zu entwickeln. Außerdem entwickelte er ein Verfahren, um den Stickstoffgehalt organischer Substanzen zu bestimmen.

In seiner Funktion als Politiker war Dumas von 1849 bis 1851 Landwirtschafts-, Handels- sowie Erziehungsminister - er wirkte außerdem als Senator des Kommunalrates von Paris.

Werke u.a.: Traité de chimie appliquée aux arts (8 Bde., 1828-45).

Außeninschrift: Qui credit in me etiam si mortuus fuerit, vivet [Wer an mich glaubt, wird, auch wenn er gestorben ist, leben].

Zurück zur Personenliste                   

Bild: Mu (05/2011) Wikipedia.org
Bild: Mu (05/2011) Wikipedia.org

Paris, Cimetière du Montparnasse

Robert von Lieben

  

 

Österreichischer Physiker; Sohn des 1877 geadelten Leopold von Lieben, Präsident der Wiener Börsenkammer und der Anna von Lieben aus der Familie der Freiherren von Todesco; besuchte das Akademische Gymnasium, dann eine Realschule auf der Schottenbastei in Wien, ohne jedoch mit der Matura (Abitur) abzuschließen; danach ging er zunächst als Volontär zu Schuckert & in Nürnberg, meldete sich danach freiwillig beim Militär, das er jedoch nach einem Reitunfall, von dem er sich nie mehr ganz erholte, verlassen mußte und ins Privatleben zurückkehrte. Nach einer Zeit als Gasthörer an der Wiener Universität ging er 1899 für ein Jahr an das von Walther Nernst geleitete Institut für Physikalische Chemie der Universität Göttingen, wo er allerdings keinen Studienabschluß erreichte. Wieder zurück in Wien, richtete er sich ein Labor ein. 1904 kaufte er eine Telefonfabrik in Olmütz (heute Olomouc, Tschechien), die er jedoch bald wieder verkaufte.

Robert von Lieben mit seiner Gemahlin Anny

1906 meldete er sein erstes Patent an, dem weitere Patente in der Relaistechnik folgten: Ein Kathodenstrahlrelais, das erstmals die Verstärkung von elektrischen Signalen wie z. B. Tonfrequenzen auf einer Leitung ermöglichtete und die er nach und nach verbessern konnte. Die Lieben-Röhre, die erste Elektronenröhre mit Verstärkerwirkung, die nicht nur den Aufbau des deutschen Ferntelefonnetzes ab 1912 ermöglichte, sondern auch die Basis für zahlreiche zukünftige Erfindungen darstellte, die der Verstärkung von elektronischen Signalen bedurften.

Verheiratet war Robert von Lieben seit 1911 mit Anny, née Schindler, einer Schauspielerin am Wiener Burgtheater. Er starb im Alter von 34 Jahren nach schwerer Krankheit.

Zurück zur Personenliste                   

Wien, Döblinger Friedhof

Bilder: KN (08/2005)

Ernst Hermann Nolte

 

 

Deutscher Historiker; Sohn eines Volksschullehrers; studierte Philosophie, Germanistik und Altphilologie an den Universitäten Münster, Berlin und Freiburg im Breisgau. Während des Zweiten Weltkrieges wurde Nolte wegen Kriegsdienstuntauglichkeit nicht eingezogen, da ihm an der linken Hand drei Finger fehlten. Nach dem Abschluß seiner Studien im Jahr 1945 trat er in den Schuldienst an Gymnasien win und unterrichtete in den Fächer Deutsch, Latein und Altgriechisch. Parallel dazu führte er seine wissenschaftlichen Arbeiten fort und wurde 1952 in Freiburg im Breisgau mit der Arbeit Selbstentfremdung und Dialektik im deutschen Idealismus bei Marx bei Eugen Fink, einem der ehemaligen Assistenten des Philosophen und Begründers der Phänomenologie Edmund Husserl, promoviert. Sein 1963 erschienenes Buch Der Faschismus in seiner Epoche wurde 1964 als Habilitationsschrift angenommen. Dieses Werk, das bald in mehrere Sprachen übersetzt wurde, machte ihn international bekannt. 1965 wurde Nolte ordentlicher Professor für Neuere Geschichte an der Universität in Marburg an der Lahn und 1973 an der Freie Universität in Berlin berufen, an der er am Friedrich-Meinecke-Institut bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1991 als Professor für Neuere Geschichte wirkte.

Ernst Nolte forschte v.a. zu Entstehung und Wesen des Faschismus und zu totalitären Ideologien und stand ab 1986 im Mittelpunkt des sogenannten Historikerstreits, der nach einem Artikel des seit 1964 in Frankfurt am Main lehrenden Philosophen Jürgen Habermas (*1929) unter dem Titel Eine Art Schadensabwicklung. Die apologetischen Tendenzen in der deutschen Zeitgeschichtsschreibung am 11.7.1986 in der Hamburger Wochenzeitung Die Zeit erschien und in dem Habermas sich mit dem “neokonservativen Weltbild” Noltes, Michael Stürmers, Andreas Hillgrubers und Klaus Hildebrands auseinander setzte. Insbesondere erhob Habermas gegen Nolte den Vorwurf, die verbrecherische Behandlung der Juden im Dritten Reich zu relativieren und zu verharmlosen, indem sie diese als Reaktion auf andere historische Ereignisse - vor allem Massenmorde während und nach der Oktoberrevolution von 1917 - ansahen. Ein Konsens oder wissenschaftlicher Fortschritt konnte bislang nicht erreicht werden.

Werke u.a.: Der Faschismus. Von Mussolini zu Hitler (1968), Die Krise des liberalen Systems und die faschistischen Bewegungen (1968), Der europäische Bürgerkrieg, 1917-1945.. Nationalsozialismus und Bolschewismus (1987), Die Deutschen und ihre Vergangenheiten (1995).

Zurück zur Personenliste                   

Berlin-Tempelhof, St. Matthias-Friedhof.

Joachim Kügler

 

 

Deutscher Jurist; 1943 zur Wehrmacht zunächst als Luftwaffenhelfer eingezogen, war er dann Gebirgsjäger Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges legte er sein Abitur ab, studierte Rechtswissenschaften an der Goethe-Universität in Frankfurt am Main und trat anschließend in den Staatsdienst ein. 1959 holte ihn der hessische Generalstaatsanwalt Fritz Bauer in sein Team, das von 1959 bis 1965 im Auschwitzprozeß (“Strafsache gegen Mulka und andere”) in Frankfurt am Main gegen die Verbrecher von Auschwitz ermittelte. Nach der Verkündung des Urteils am 20. August 1965 schied Kügler auf eigenen Wunsch aus dem Justizdienst aus. Er war enttäuscht vom Rechtsstaat und konnte nicht verstehen, daß die kleinen Fische bestraft wurden, die Haupttäter aber weitgehend verschont geblieben waren. Im Dezember 1965 eröffnete er dann in Frankfurt eine Rechtsanwaltskanzlei, und wurde 1976 zum Notar bestellt. Im Juni 1991 trat er in den Ruhestand und ließ sich dann aus privaten Gründen in Wiehl nieder.

Inschrift: Sie haben es nicht gewusst, wollen Sie sagen?

Zurück zur Personenliste                   

Bilder: Dieter Georg (10/2016(

Fritz Bauer

als Student                           

 

Deutscher Jurist, Richter und Staatsanwalt; entstammte einem streng jüdisch-orthodoxen Elternhaus; Sohn eines Textilgroßhändlers; studierte Rechtswissenschaft in Heidelberg, München und Tübingen und war nach dem ersten und zweiten juristischen Staatsexamen ab April 1930 als seinerzeit jüngster Amtsrichter beim Amtsgericht in Stuttgart tätig . Im selben Jahr wurde er Vorsitzender der Ortsgruppe Stuttgart des 1924 zur Verteidigung der Weimarer Republik gegründeten politischen Kampfverbandes Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold. Nach der “Machtergreifung” der Nationalsozialisten im Jahre 1933 wurde er wegen seiner politischen Aktivitäten von der Gestapo verhaftet, zunächst in das KZ Heuberg und später in die Ulmer Strafanstalt verbracht. Nach seiner Entlassung aus der Haft Ende des Jahres 1933 wurde er aus politischen und rassischen Gründen aus dem Staatsdienst entlassen. 1936 floh er nach Dänemark, wo er sich in der dänischen Hauptstadt in Exilkreisen engagierte, und 1943 weiter nach Schweden. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ging Bauer zunächst wieder nach Dänemark, bevor er 1949 schließlich nach Deutschland zurückkehrte und wieder in den Justizdienst eintrat. Erstmals in der Öffentlichkeit wurde Bauer als Ankläger im sog. Remer-Prozeß bekannt, der im März 1952 vor dem Landgericht in Braunschweig geführt wurde1. 1956 wurde Bauer auf Initiative des sozialdemokratischen hessischen Ministerpräsidenten Georg August Zinn in das Amt des Generalstaatsanwalt im Land Hessen berufen. In dieser Eigenschaft spielte er nicht nur eine maßgebliche Rolle beim Zustandekommen der Frankfurter Auschwitzprozesse, sondern trat in ihm und auch in anderen wichtigen NS-Prozessen als Ankläger hervor. Der im Bürgerhaus Gallus in Frankfurt am Main zwischen dem 20. Dezember 1963 und dem 20. August 1965 geführte 1. Auschwitzprozeß in der “Strafsache gegen Mulka und andere“ als Angehörige des Vernichtungslagers Auschwitz hat erstmals nach dem Zusammenbruch des Nazi-Unrechtsstaates in der bislang weitgehend gleichgültigen Bevölkerung der Bundesrepublik Deutschland die unvorstellbaren Verbrechen des Hitler-Regimes in das Bewußtsein gerufen. Da seinerzeit in den Prozessen gegen an Nazi-Verbrechen der “individueller Tatnachweis” zu erbringen war, um eine Verurteilung der Beschuldigten zu erbringen war, mußten drei der Angeklagten freigesprochen werden, bzw. fielen die Urteile vergleichsweise milde aus. Erst mit den Ermittlungen zu John Demjanjuk änderte sich die bundesdeutsche Rechtsauffassung; nach einer Novellierung der entsprechenden Gesetze reichte eine Beteiligung an Nazi-Verbrechen zur gerichtlichen Verurteilung aus)..

Fritz Bauer gelang es auch, Adolf Eichmanns Aufenthaltsort in Argentinien zu ermitteln. Er informierte darüber den israelischen Geheimdienst Mossad, so daß Eichmann am 11.5.1960 in San Fernando, einem Stadtteil von Buenos Aires überwältigt und nach Israel überführt werden konnte. Seine Bemühungen, Hans Globke, den Mitverfasser und Kommentator der Nürnberger Rassegesetze (1935) und seit 1949 Ministerialdirigent im Bundeskanzleramt, zur Verantwortung zu ziehen, scheiterten insbesondere an dessen Chef Bundeskanzler Konrad Adenauer. Überhaupt hatte Bauer, der sich in zahlreichen Publikationen für die Aufarbeitung des NS-Unrechts und für eine Reform des Strafrechts einsetzte, mit erheblichen Widerständ und auch Anfeindungen zu kämpfen. Nach dem Ende des ”Dritten Reiches“ waren in großem Umfang durch ihre Tätigkeit während der NS-Zeit belastete Juristen selbst in hohe Positionen im Justizapparat der Westzonen und der späteren Bundesrepublik übernommen worden, denen an der Aufklärung der Nazi-Verbrechen und Verurteilung deren Schergen einerseits aus eigennützigen Motiven, andererseits auch aufgrund einer ”Schlußstrichmentalität“, wenig gelegen war. Bauer spürte diese starke Ablehnung immer wieder: ”Wenn ich mein Zimmer (d.h. sein Amtszimmer) verlasse, betrete ich feindliches Ausland.“ Noch von Bauer begonnenen Ermittlungen gegen mutmaßliche Schreibtischtäter der ”Euthanasie“ wurden später eingestellt. Bauer wurde am 1.7.1968 tot in seiner Wohnung in Frankfurt am Main aufgefunden. Trotz einer Anweisung von Bauers Stellvertreter, eine gerichtliche Leichenöffnung zu beantragen, missachtete die dafür zuständige Frankfurter Staatsanwaltschaft aus heute unerkennbarem Grund und gab den Leichnam unmittelbar – auch zur Feuerbestattung – frei. Der Frankfurter Gerichtsmediziner Professor Joachim Gerchow konstatierte als Todesursache Herzversagen bei schwerer akuter Bronchitis, sowie die Einnahme eines Schlafmittels, so daß offiziell kein Fremdverschulden festgestellt wurde.

Auszeichnungen u.a.: Wilhelm-Leuschner-Medaille (höchste Auszeichnung des Landes Hessen, 2022 posthum verliehen).

_________________________________________________________________________

1 Gegenstand des Prozesses waren die im Rahmen einer im niedersächsischen Wahkampf im Jahr zuvor getätigten Äußerungen des ehemaligen Majors und Kommandeurs des Berliner Wachbataillons Otto Ernst Remer, daß die Attentäter vom 20. Juli 1944 vom Ausland bezahlte Hoch- und Landesverräter gewesen seien. Daraufhin wurde gegen Remer zunächst Strafantrag wegen Verleumdung gestellt. Bauer vertrat schließlich die Anklage wegen übler Nachrede in Tateinheit mit Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener. In ihrer Urteilsverkündung vertrat die Strafkammer “... die Auffassung, daß der nationalsozialistische Staat kein Rechtsstaat, sondern ein Unrechtsstaat war, der nicht dem Wohle des deutschen Volkes diente”. Remer wurde zu einer Haftstrafe von drei Monaten verurteilt. Der spätere Präsident des Oberlandesgerichts Braunschweig Rudolf Wassermann bezeichnete das Gerichtsverfahren als “...bedeutendste(n) Prozeß mit politischem Hintergrund seit den Nürnberger Kriegsverbrecherprozessen und vor dem Frankfurter Auschwitz-Prozeß“ Tatsächlich erlangte das Verfahren erstmals auch die Aufmerksamkeit einer breiteren Öffentlichkeit.

Zurück zur Personenliste                   

Göteborg, Östra Kyrkogarden, Judiska Begravingsplatsen

Frankfurt am Main, Hauptfriedhof

Hinweis: Joachim Kügler war zunächst in einem Armengrab in Gummersbach beigesetzt worden, bevor seine sterblichen Überreste im Jahre 2015 in seine Geburtsstadt überführt wurden..

Leopold Zunz eigentl. Jom Tob Lippmann

pinxit Moritz Daniel Oppenheim

 

Deutscher Historiker jüdischen Glaubens; Sohn eines Privatlehrers, der u.a. Hebräisch und im Talmut, eines der bedeutendsten Schriftwerke des Judentums, unterrichtete, diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen jedoch aufgeben mußte und einen kleinen Lebensmittelladen führte; Zunz besuchte die Samsonsche Freischule und das Gymnasium in Wolfenbüttel, zog 1815 nach Berlin, studierte an der dortigen Universität Philosophie, Philologie und Geschichte und wurde 1821 an der Universität Halle zum Dr. phil. promoviert. Danach bestritt er seinen Lebensunterhalt, indem er Privatunterricht erteilte und vorübergehend als Prediger in einem Berliner Tempel. tätig war. Ab 1824 arbeitete er als Redaktionsmitglied der Tageszeitung Haude- und Spenersche Zeitung, verließ diese jedoch 1831, als er mit deren Ausrichtung, die seiner politischen Überzeugung zuwider lief. Parallel hierzu war er ab 1826 bis 1830 als Direktor einer jüdischen Grundschule tätig. Diesen Posten gab er jedoch auf, da er ihm notwendig erscheinende Reformen nicht durchsetzen konnte. Im Jahre 1840 begründete er in Berlin mit dem Rabbiner Meyer Landsberg das Seminar für Jüdische Lehrer, das er bis 1850 leitete.

Leopold Zunz, der bereits 1819 gemeinsam mit dem Anwalt und Historiker Eduard Gans und dem Kaufmann Moses Moser den Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden.gegründet hatte, gilt als Vorkämpfer der Emanzipation der Juden in Deutschland. Er gilt als eigentlicher Begründer der “Wissenschaft des Judentums“, der Erforschung der jüdischen Geschichte, Kultur und Religion mit den wissenschaftlichen Methoden des 19. Jahrhunderts.

Zurück zur Personenliste                   

Bilder: Hans-Peter Laquer (10/2016)

Berlin, Jüdischer Friedhof, Schönhauser Allee

Ludwig “Louis” Traube

Deutscher Arzt; ältester Sohn eines jüdischen Weinkaufmanns; nach dem Abitur im Jahre 1835 am Gymnasium in seiner Geburtsstadt studierte in Breslau, Berlin und Wien Medizin. Nach deiner Promotion im Jahre 1840 war er ab 1841 war er als Assistent eines Armenarztes in Berlin tätig. Im Jahr 1848 habilitierte er sich als Privatdozent, wurde 1849 erster Zivilassistent von Johann Lukas Schönlein an der Charité und im Jahre 1853 dirigierender Arzt der Abteilung für Lungenkranke der Charité und später Leiter der propädeutischen Klinik. Trotz erheblichen Widerstands gegen ihn als Juden, wurde Traube 1857 außerordentlicher und 1862 ordentlicher Professor am Friedrich-Wilhelms-Institut in Berlin.

Louis gilt als Mitbegründer der experimentellen Pathologie in Deutschland.

Zurück zur Personenliste                   

Bilder: Hans-Peter Laquer (10/2016)

Berlin, Jüdischer Friedhof, Schönhauser Allee

James Adolf Israel

~ 1860

 

Deutscher Urologe und Chirurg; zweitältestes von drei Geschwistern eines in der Seidenbranche tätigen Großkaufmanns und der Tochter des Berliner Unternehmers Joel Wolff Meyer; die Familie war von der Iberischen Halbinsel über Holland nach Mecklenburg eingewandert; besuchte ab 1857 das Friedrich-Wilhelms-Gymnasium in Berlin, studierte anschließend an der Friedrich-Wilhelms-Universität Berlin Medizin und wurde 1870 promoviert; seine Dissertation war unter dem Einfluß vonLouis Traube entstanden. Während des Deutsch-Französischen Krieges diente er als Militärarzt, bevor er anschließend einen einjährigen Studienaufenthalt in Wien absolvierte und danach .als Assistenzarzt der Chirurgie in das Krankenhaus der Berliner Jüdischen Gemeinde eintrat, an dem der bedeutende Chirurg Bernhard von Langenbeck der Leiter der chirurgische Station war. 1847 reiste er nach England, um sich dort über die antiseptische Wundbehandlung zu informieren, die Joseph Lister, Vater der antiseptischen Chirurgie, in den 1860er Jahren eingeführt hatte, um die Erkenntnisse nach Berlin übertragen und dort nutzbar machen zu können. 1875 übernahm Israel sozusagen als designierter Nachfolger Langenbecks, der sich mit dem Gedanken beschäftigte, sich in das in das Privatleben zurückzuziehen, als Chefarzt die chirurgische Abteilung. Zugleich eröffnete er aber auch eine Privatpraxis. 1880 trat er endgültig die Nachfolge von Langenbecks an. Im Jahre 1886 eröffnete er eine eigene, bereits von Anfang an antiseptisch ausgerüstete Privatklinik, die sich zu einem der modernsten Krankenhäuser der Zeit entwickelte. Als man ihm zu Beginn der 1890er Jahre unter der Bedingung, sich taufen zu lassen, einen Lehrstuhl an der Berliner Universität anbot, lehnte er diesen ab. 1894 erhielt er als erster Arzt ohne Habilitation, dennoch den Professorentitel auf Initiative von Ernst von Bergmann. Man hatte aber das Jüdische Krankenhaus inzwischen zu einer urologischen Abteilung der Chirurgie umgewandelt. 1915 wurde er in das Osmanische Reich zur Behandlung des Sultans gerufen. 1917 zog sich Israel aus dem Jüdischen Krankenhaus zurück, praktizierte aber weiter in seiner Privatklinik.

Zurück zur Personenliste                   

Bilder: Hans-Peter Laquer (10/2016)

Berlin, Jüdischer Friedhof, Schönhauser Allee

Sir Frederick Grant Banting

1941no_copyright

banting_frederick_us

Kanadischer Arzt; jüngstes von fünf Kindern eines Farmers; studierte an der University of Toronto und eröffnete bald nach Abschluß des Studiums eine orthopädische Praxis, wobei er. parallel zu seiner Arbeit in der Praxis unterrichtete an der Universität Medizinstudenten unterrichtete, und dort seinen Schwerpunkt auf Diabetes mellitus legte Um seine Forschungen zu unterstützen, vermittelte der renommierte schottische Mediziner und Leiter des physiologischen Instituts, John James Rickard Macleod, ihm ein entsprechendes Labor sowie den jungen Charles Best. der noch an der University of Toronto studierte. Im Sommer 1921 begann ihre Zusammenarbeit. mit Experimenten im Labor des Instituts mit Experimenten an den Bauchspeicheldrüsen von Hunden und ungeborenen Kälbern. Am 30.7.1921 gelang ihnen der Durchbruch: Das durch das Abschnüren der Bauchspeicheldrüse eines Hundes gewonnene Serum spritzten sie einem zuckerkranken Tier, dessen Blutzuckerspiegel daraufhin sank. 1922 behandelten die beiden erstmals einen Menschen mit Insulin. Im Folgejahr erfolgte erstmals die industrielle Produktion. - gewonnen zunächst noch aus - den Bauchspeicheldrüsen von Rindern; seit Anfang der 1980er Jahre wird Insulin mithilfe gentechnisch veränderter Bakterien hergestellt. Pancrein (Insulin) wurde schon 1916 von Nicolae Paulescu durch Aufarbeitung von Schlachtabfällen hergestellt und am 10.4.1922 vom Ministerium für Industrie und Handel in Rumänien unter der Patentnummer 6254 patentiert. Dennoch erhielt Frederick Banting gemeinsam mit John James Rickard Macleod 1923 den Nobelpreis für Medizin. Bis heute ist Banting mit 32 Jahren der jüngste Medizinnobelpreisträger.

Am 4.6.1934 wurde Banting vom britischen König Georg V. zum Knight Commander of the British Empire geschlagen. 1994 wurde er posthum in die Canadian Medical Hall of Fame aufgenommen.

Zurück zur Personenliste                   btn_up

Bild: Nedgusnod2 (flickr.com)
Bild: Nedgusnod2 (04/2008) flickr.com)

Toronto (Kanada), Mount Pleasant Cemetery

cc_somerightsreserved
Bilder: Günter Bihn (07/2017)
Bilder: Peter Steller (09/2022)
Wissenschaft & Forschung LXXX

Omnibus salutem!