Deutscher Volkswirtschaftler und Soziologe; wuchs in einer liberalen bürgerlichen Landarztfamilie auf; begann nach dem Abitur am Athenaeum in Stade 1917 mit dem Studium der Rechts- und Staatswissenschaft in Göttingen, das er 1918 für kurze Zeit wegen des Kriegsdienstes im Ersten Weltkrieg unterbrechen mußte. Später setzte er sein Studium in Tübingen und dann in Marburg an der Lahn fort, wo er sich der Nationalökonomie zuwandte und im Frühjahr 1921 mit Auszeichnung promoviert wurde. Anschließend trat er eine Stelle als Assistent am Staatswissenschaftlichen Seminar bei seinem Doktorvater Walter Troeltsch an. Röpke habilitierte sich 1922 als Privatdozent der politischen Ökonomie an der Universität Marburg und wurde im Alter von 24 Jahren als jüngster deutscher Professor Deutschlands auf eine außerordentliche Professur an die Universität Jena berufen. Nach der “Machtergreifung” der Nationalsozialisten verlor er 1933 seine Professur für Ökonomie in Marburg an der Lahn und mußte wegen Drohung gegen Leib und Leben außer Landes flüchten, da er den aufkommenden Nationalsozialismus bekämpft hatte.
Röpke gilt als einer der geistigen Väter der Sozialen Marktwirtschaft. Im Hinblick auf die Wirtschaftspolitik prägte Wilhelm Röpke den Begriff des “Dritten Weges” als einer Alternative sowohl zum liberalistischen Modell einer völlig freien Marktwirtschaft als auch zum sozialistischen Konzept einer Zentralverwaltungs- oder Planwirtschaft. Röpkes Dritter Weg stand damit für ein frühes Modell der Sozialen Marktwirtschaft.
Er war Mitbegründer der Mont Pèlerin Society; leistete Arbeiten zur Konjunktur- und Außenwirtschaftstheorie sowie zu den soziokulturellen Grundlagen der Wirtschaftsordnung.
Cologny (Kt. Genf) Nouveau Cimetière
Deutscher Epidemiologe, Sozialhygieniker und Gesundheitspolitiker; Sohn des Breslauer Kaufmanns Emanuel Gottstein; studierte von 1875 bis 1881 Medizin in Breslau, Straßburg und Leipzig, und schloß das Stuium dort 1881 mit dem Staatsexamen und einer Dissertation ab. Anschließend war er von 1882 bis 1884 als Assistenzarzt am städtischen Krankenhaus Breslau tätig, bevor er sich als praktischer Arzt und Geburtshelfer in Berlin niederließ, wobei er sich parallel dazu der Erforschung bakteriologischer Probleme widmete und dazu in den Laboratorien des Pathologen Carl Friedländer, des Pharmakologen Oscar Liebreich und des Bakteriologen Robert Koch. arbeitete Später wandte er sich epidemiologischen und medizinstatistischen Studien sowie sozialhygienischen Fragen zu. Seine wissenschaftlichen Erkenntnisse fanden ihren Niederschlag in zahlreichen Schriften, Sammelwerken und Zeitschriftenbeiträgen.
1906 war Gottstein nebenamtlich als unbesoldeter Stadtrat von Berlin-Charlottenburg und von 1911 bis 1919 hauptamtlich als besoldeter Stadtmedizinalrat von Berlin-Charlottenburg tätig. 1914 erfolgte seine Ernennung zum Geheimen Sanitätsrat 1919 wurde er kommissarischer Leiter der Medizinalabteilung im Preußischen Ministerium des Innern und war im selben Jahr bis 1924 Ministerialdirektor und Leiter der Abteilung Allgemeine Medizinalverwaltung im Preußischen Ministerium für Volkswohlfahrt. Als Gesundheitspolitiker initiierte Gottstein u.a. das Hebammengesetz (1922), Tuberkulosegesetz (1923) und Krüppelfürsorgegesetz (1920), Reichsjugendwohlfahrtsgesetz (1924), die Gründung des Landesgesundheitsrats (1921) und Schaffung der drei Akademien für Sozialhygiene in Berlin-Charlottenburg, Breslau und Düsseldorf (1920).
Ab 1920 war Gottstein Mitglied im “Ausschuß für Rassenhygiene und Bevölkerungspolitik“ des Preußischen Landesgesundheitsrats und von 1922 bis 1933 Mitherausgeber/Schriftleiter der Klinischen Wochenschrift. Organ der Gesellschaft deutscher Naturforscher und Ärzte. Von 1925 bis 1934 Hauptschriftleiter der Zeitschrift für das gesamte Krankenhauswesen. außerdem wurde er 1930 Vorsitzender des “Reichsausschusses für Bevölkerungsfragen”. Nach der “Machtergreifung” durch die Nationalsozialisten 1933 mußte er aus rassischen Gründen alle Ehrenämter niederlegen.
Werke u.a.: Allgemeine Epidemiologie (1897), Die erworbene Immunität bei den Infectionskrankheiten des Menschen (1897), Geschichte der Hygiene im 19. Jhdt. (1901), Die Periodizität der Diphtherie und ihre Ursachen (1903), Die neue Gesundheitspflege (1920), Handbuch der sozialen Hygiene und Gesundheitsfürsorge (6 Bde.,1925-27), Die Lehre von den Epidemien (1929), Epidemiologie – Grundbegriffe und Ergebnisse (1937).
Stahnsdorf, Südwestkirchhof
Ingeborg ”Inge“ Rapoport née Syllm
Deutsche Ärztin; Tochter des Hamburger Kaufmanns Paul Friedrich Syllm (Sillem) und dessen Gemahlin, der Konzertpianistin Maria Feibes, die beide kurz nach der Geburt ihrer Tochter nach Deutschland zurückkehrten und sich in Hamburg niederließen. Nach deren Scheidung im Jahre 1928 blieb Inge gemeinsam mit ihrem Bruder Hellwig bei der Mutter. Im September 1933 konvertierte Maria Feibes zum Judentum, der Religion ihrer Mutter, auch um damit ein Zeichen gegen die politische Entwicklung in Deutschland zu setzen, und verlor in der Folge zunächst ihre Stelle als Musiklehrerin an der Hamburger Klavierakademie, dann zwei Jahre darauf ihre Mitgliedschaft in der Reichsmusikkammer. Ingeborg Rapoport besuchte das private Heilwig-Lyzeum in Hamburg, wo sie sich allerdings isoliert fühlte. Um das Familieneinkommen aufzubessern gab sie Nachhilfestunden. Das anschließende Medizinstudium schloß sie 1937 mit dem Staatsexamen ab, mußte jedoch die Prüfungsarbeit auf Prüfungspapier mit gelbem Randstreifen angefertigten, wodurch sie sich als Jüdin kennzeichnete. Anschließend war sie von 1937 bis 1938 als Assistenzärztin am Israelitischen Krankenhaus Hamburg tätig. Während dieser Zeit legte sie ihre Dissertationsschrift über Lähmungserscheinungen infolge von Diphtherie vor, wurde jedoch von der mündlichen Zulassung zur Doktorprüfung und damit 1937 zu Promotion nicht zugelassen., da sie aufgrund ihrer jüdischen Großeltern mütterlicherseits als jüdischer Mischling ersten Grades eingestuft und ihr damit die Studienberechtigung nachträglich aberkannt wurde.
Im September 1938, kurz vor der sog. Reichspogromnacht, emigrierte sie auf Rat ihrer Mutter, die ihr im Januar 1939 nachfolgte, in die Vereinigten Staaten. Dort wurde ihr Staatsexamen jedoch nicht anerkannt, worauf sie zwei weitere Jahre am Women’s Medical College of Pennsylvania in Philadelphia mit einem Hearst-Stipendium studierte. Alle ihre zahlreichen Bewerbungen an medizinischen Hochschulen, darunter an der Columbia-Universität, wurden abgewiesen. Neben dem Studium war sie bis 1940 als Assistenzärztin in Brooklyn und Akron, Ohio tätig, bis sie 1940 den Medical Doctor erwerben konnte. In der Folgezeit spezialisierte sich an verschiedenen Einrichtungen im Fachgebiet Pädiatrie.
1950 verließen sie und ihr Mann Samuel Mitja, den sie 1941 an der University of Cincinnati kennegelernt hatte, während der McCarthy-Ära die Vereinigten Staaten, nachdem gegen sie vom Komitee für unamerikanische Umtriebe Ermittlungen eingeleitet worden waren, und ließen sich in Österreich nieder. Die Universität in Wien lehnte jedoch eine Professur für ihren Mann Samuel Mitja ab, da die CIA nach Darstellung von Rapoport über eine schwarze Liste intervenierte (die CIA hatte gedroht, der Universität die US-Subventionen zu streichen. Daraufhin zog die Familie 1952 in die Deutsche Demokratische Republik (DDR), wo man Samuel Mitja Rapoport eine Professur an der Charité in Berlin angeboten hatte. Sie selbst wirkte zunächst als Oberärztin am Hufeland-Krankenhaus in Berlin-Buch, wo sie 1953 ihre Anerkennung als Fachärztin für Kinderheilkunde erhielt. Anschließend arbeitete sie in der experimentellen Forschung am Institut für Biochemie der Humboldt-Universität zu Berlin, an der sie sich 1959 habilitierte. Anschließend war Inge Rapoport, die Mitglied der SED war und verteidigte die DDR auch nach dem Fall des Kommunismus in mehreren Interviews verteidigte, bis zu ihrer Emeritierung im Jahr 1973 an der Kinderklinik der Charité tätig, darunter ab 1960 als Dozentin. 1964 wurde sie als Professorin mit Lehrauftrag habilitiert. 1968 wurde sie ordentliche Professorin für Pädiatrie und 1969 Inhaberin des ersten europäischen Lehrstuhls für Neonatologie, die Lehre der Pathologie und Physiologie Neugeborener.
Verheiratet war Inge Ropoport seit 1944 mit dem Biochemiker Samuel Mitja Rapoport.
Berlin-Pankow, III. Städt. Friedhof
Ernst Felix Immanuel Hoppe-Seyler
Deutscher Arzt, Chemiker und Physiologischer Chemiker; Sohn des Superintendenten Ernst Hoppe und dessen Frau Friederike, née Nietzsch; früh verwaist, wurde er von der Familie einer älteren Schwester aufgenommen. 1864 wurde er von dem Theaterdirektor Abel Seyler, seinem Großvater, adoptiert und nahm den Namen Hoppe-Seyler an. Ab 1846 studierte er Medizin an der Friedrichs-Universität Halle, der Universität Leipzig, der Friedrich-Wilhelms Universität zu Berlin (heute Humboldt Universität), der Prager Karls-Universität und der Universität Wien. Am 15.11.1850 wurde er in Berlin mit einer Arbeit Über die Struktur des Knorpels und Einiges über das Chondrin zum Dr. med. promoviert, arbeitete danach als Arzt und war 1852 bis 1854 Arzt am Arbeitshaus, beschäftigte sich aber weiterhin mit physiologisch-chemischer und medizinischer Forschung. 1854 wurde er Prosektor (Arzt, der Sektionen durchführt) in Greifswald, wo er sich auch habilitierte. 1856 wurde er Assistent von Rudolf Virchow am Pathologischen Institut der Universität Berlin, wo er 1860 a.o. Professor wurde. Ab 1861 lehrte er als Professor für angewandte Chemie an der Eberhard Karls Universität Tübingen und ab 1872 als ordentlicher Professor für Physiologische Chemie an der Kaiser-Wilhelms-Universität Straßburg.
Felix Hoppe-Seyler gilt als einer der Begründer der Physiologischen Chemie und Molekularbiologie. Er entdeckte die reversible Oxidation des Blutfarbstoffs, den er 1862 durch Kristallisation (wie sein Studienfreund Funke dies zuvor schon tat) isolieren konnte, und damit seine Rolle im Körper als Transporteur von Sauerstoff. Er gab ihm den Namen Hämoglobin. 1869 entdeckte sein Schüler Friedrich Miescher die Nukleinsäuren als Nuklein in Hoppe-Seylers Tübinger Laboratorium.
1877 gründete er die Zeitschrift für Physiologische Chemie (auch bekannt als Hoppe-Seyler’s Zeitschrift für physiologische Chemie), die heute unter dem Titel Biological Chemistry erscheint.
Die Deutsche Vereinte Gesellschaft für Klinische Chemie und Laboratoriumsmedizin vergibt Hoppe-Seyler zu Ehren den Felix-Hoppe-Seyler-Preis für besondere wissenschaftliche Leistungen und Verdienste auf dem Gebiet der Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin.
Wasserburg (Bodensee), Friedhof bei der Sankt-Georgs-Kirche
Deutscher Augenarzt; Sohn eines Karlsruher Professors für Sprachwissenschaft; gab seinen urprünglichen Plan, Chemie zu studieren, auf, nachdem ihn Robert Bunsen, seit 1839 Professor an der Universität Heidelberg, darauf hingewiesen hatte, daß es zu viele Chemiker gäbe; er solle stattdessen lieber Medizin studieren. Leber folgte dem Rat, begann sein Medizinstudium in Heidelberg, wurde dort später Schüler von Hermann Helmholtz, der später sein Doktorvater war, und er 1862 seinen Dr. med. summa cum laude erwarb. Anschließend war er als Assistent von Hermann Jakob Knapp an der Augenklinik der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg tätig, bevor er 1863 nach Wien ging und dort am Physiologische Institut der Josephsklinik unter Carl Ludwig zunächst Physiologie studierte, um sich dann aber wieder der Augenheilkunde zuzuwenden. 1864 kehrte er wieder nach Berlin zurück, wo er Assistenzarzt von Albrecht von Graefe und Rudolf Virchow war, bevor er nach Paris zu Oskar Liebreich als Assistent ging. 1865 lehnte er ein Angebot einer Assistentenstelle von Helmholtz ab. 1867 kehrte er wieder nach Berlin zurück und arbeitete an der Klinik von Albrecht von Graefe. 1869 habilitierte er sich an der Charité und wurde 1871 . außerorderlicher Professor und 1873 ordentlicher. Professor für Ophthalmologie an der Georg-August-Universität Göttingen. Von 1890 bis 1910 war er Ordinarius und Klinikdirektor in Heidelberg.
Theodor Leber war geschäftsführender Herausgeber des Albrecht von Graefe Archiv für Ophthalmologie. Nach Leber wurde die Lebersche Optikusatrophie benannt, eine Erkrankung des Sehnerven, und die Lebersche Kongenitale Amaurose (LCA). Das heutige Alcon Retina Stipendium zur Förderung der pharmakologischen und pharmakophysiologischen Forschung in der Augenheilkunde trug ursprünglich den Namen Theodor-Leber-Stipendium.
Im Alter von gerade einmal 24 Jahren berichtete Leber 1864 auf dem Heidelberger Augenkongreß über das Gefäßsystem des Auges; später notierte er in sein Tagebuch: ”Ich habe einige Vorbereitungen von injizierten Gefäßen demonstriert, um meinen Bericht zu erklären … ich bekam viel Applaus“-
Heidelberg, Bergfriedhof
Otto Friedrich August Benndorf
Deutscher Klassischer Archäologe; Begründer des Österreichischen Archäologischen Instituts; Sohn eines Kaufmanns; studierte zunächst mehrere Semester an der theologischen Fakultät Erlangen, bevor er sich dem Studium der Kunstgeschichte an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität in Bonn zuwandte. Nach der Promotion unternahm er zwischen 1864 und 1868 Studienreisen durch Italien nach Rom, nach Sizilien, durch Griechenland und schließlich nach Kleinasien. Nach seiner Rückkehr in die Heimat wurde er 1869 Professor in Zürich, 1872 in Prag, war von 1877 bis 1898 in Wien und war anschließend bis 1907 Direktor des Österreichischen archäologischen Institutes, seit 1905 im Range eines Sektionschefs. Benndorf erlangte rasch große Anerkennung als Archäologe aufgrund seiner fundierten Kenntnis der archäologischen Denkmäler und Lehr- und Forscherarbeit an der Universität mit praktischer Betätigung auf Forschungsreisen und bei Ausgrabungen, die er auch organisierte. Er hat sich auch einen Namen als der große Organisator der archäologischen Studien und Forschungen in der Hauptstadt der Österreichisch-Ungarischen Monarchie im archäologisch-epigraphischen Seminar der Universität Wien, in der Akademie der Wissenschaften und schließlich in dem von ihm als Zentralstelle der Inlands- und Auslandsforschung geschaffenen Archäologischen Institut gemacht. Von seinen kleinasiatischen Expeditionen hat Benndorf die Skulpturen des Fürstengrabes von Gjölbaschi, von den von ihm begonnenen Ausgrabungen in Ephesos wertvolle Funde nach Wien gebracht.
Werke u.a.: Die antiken Bildwerke d. Lateranischen Museum (gemeinsam mit Richard Schöne, 1867), Griechische und Sicilische Vasenbilder, 1869ff.), Die Metopen von Selinunt, (1873), Reisen in Lykien und Karien (gem. mit George Niemann 1884), Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa (gem. mit G. Niemann, 1889), Ephesos I (1906).
Wien, Dornbacher Friedhof
Sir Henry Creswicke Rawlinson 1st Baronet
Britischer Archäologe, Assyriologe und Diplomat; Sohn des Pferdezüchters Abram Tyzack Rawlinson und dessen Ehefrau Elizabeth Eudocia, née Creswicke. Bruder des Historikers George Rawlinson. trat 1826 in den Militärdienst der britischen Ostindien-Kompanie ein und ging 1827 als Kadett für die Kompanie nach Indien. Dort lernte er fließend persisch und wurde sechs Jahre später nach Persien gesandt, um die Truppen des Schahs auszubilden. Dort sah er die Felseninschriften in Keilschrift von Bisutun, die er innerhalb von zwei Jahren unter Einsatz seines Lebens abschrieb und an deren Entzifferung er später entscheidend beteiligt war. Konflikte zwischen der britischen und der persischen Regierung führten zu seiner Abreise aus Persien. 1840 erhielt Rawlinson einen Posten in Kandahar und zeichnete sich durch Tapferkeit im anglo-afghanischen Krieg aus. Auf eigenen Wunsch erhielt er eine neue Stelle in Bagdad, wo er Zeit hatte, seinen Keilschriftstudien nachzugehen.
Brookwood (Surrey), Brookwood Cemetery, (auch London Necropolis)
Niels Stensen latinisiert Nicolaus Steno, Nicolaus Stenonis
Dänischer Anatom, Naturforscher, Geologe und katholischer Bischof; Sohn eines Goldschmieds; besuchte von 1648 bis 1656 in seiner Geburtsstadt die Lateinschule bei der Liebfrauenkirche: Im Alter von 18 Jahren folgten ein dreijähriges Medizinstudium an der Kopenhagener Universität und zwischen 1660 und 1665 Studien- und Vortragsreisen, die ihn u.a. nach Rostock, Amsterdam wo er Baruch de Spinoza begegnete und dessen Philosophie kennenlernte, nach Leiden, Paris, Montpellier führten, und Pisa, wo er mit den führenden Medizinern seiner Zeit in Kontakt kam., sowie am Hof des Großherzogs der Toskana in Florenz. Während seines Aufenthalts in Italien betrieb Stensen embryologische, paläontologische, geologische und mineralogische Studien.
Auf naturwissenschaftlichem Gebiet gelangen Stensen bahnbrechende Forschungen; so entdeckte er den Ductus Stenonianus, den Ausgang der Ohrspeicheldrüse, umschrieb korrekt die Funktion des Tränenkanals, der Eierstöcke und die des Herzens als eines Hohlmuskels (z.B. in seinem 1664 erschienenen Werk De musculis et glandulis observationum specimen und brachte mit seinem Discours sur l'anatomie du cerveau, der 1669 gedruckt wurde, die Hirnanatomie entscheidend voran.
Stensen ist außerdem einer der Begründer der Geologie und Paläontologie. In seiner Schrift De solido intra solidum naturaliter contento dissertationis prodromus (1669, dt. ; Das Feste im Festen) beschrieb er die Entstehung der Sedimentgesteine durch Ablagerung (in Wasser) und ihre ursprünglich horizontale Lagerung. Auch formulierte er hier als Erster das Grundgesetz der Stratigraphie, d.h. die Lagerung der einzelnen Erd- und Gesteinsschichten, das er an sechs Profilen durch die Toskana veranschaulichte, und das Gesetz der Winkelkonstanz der Kristallflächen (stenosche Regel); außerdem wies er nach, daß versteinerten Fossilien organischer Herkunft sind.
Trotz seiner Konvertierung zum Katholizismus im Jahre 1667 wurde Stensen königlicher Anatom in Kopenhagen. 1675 zum Priester, 1677 zum Bischof geweiht, wirkte er bis zu seinem Lebensende u.a. als Apostolischer Vikar in den Nordischen Missionen, besonders in Hannover, Münster und Schwerin.
1988 wurde Stensen selig gesprochen (Tag: 25.11.).
Werke u.a.: Opera philosophica ( herausgegeben von V. Maar, 2 Bde,. 1910), Opera theologica (herausgegeben von K. Larsen u.a., 2 Bde., 1944-47), Epistolae, herausgegeben von G. Scherz).
Florenz, San Lorenzo, Cappella di Niccolò Stenone
Bild: NASA
Englische theoretischer Physiker und Astrophysiker; Sohn des Tropenmediziners Frank Hawking und dessen Frau, die Wirtschaftswissenschaftlerin Isobel, née. Walker; promovierte an der Universität von Cambridge, wo er von 1979 bis 2009 Inhaber des renommierten Lucasian Chair of Mathematics (Lucasischen Lehrstuhls für Mathematik) war, an dem einer seiner Vorgänger Isaac Newton war. Bekannt wurde er vor allem durch seine Beiträge zur Kosmologie und für seine Versuche, die starken und schwachen Wechselwirkungen miteinander zu verbinden.
Von Bedeutung sind insbesondere seine Arbeiten über das Phänomen der Schwarzen Löcher. Hawkings Forschungen zeigen, daß die allgemeine Relativitätstheorie die Theorie von der Entstehung des Universums durch einen Urknall stützt. Sie deuten ferner darauf hin, daß der Urknall Einmaligkeit besitzt oder an einem Punkt unendlicher Verzerrung von Raum und Zeit stattfand. Später arbeitete er sein Konzept aus, indem er alle wissenschaftlichen Theorien als sekundäre Versuche ansah, eine Realität zu beschreiben, in der Konzepte wie die Einmaligkeit keinerlei Bedeutung haben und in der Raum und Zeit eine geschlossene Oberfläche ohne Begrenzungen bilden. Sein populärwissenschaftliches Werk A Brief History in Time (1988, dt. Eine kurze Geschichte der Zeit) wurde weltweit bekannt.
Hawking litt an der amyotrophischen Lateralsklerose, einer unheilbaren Erkrankung des Nervensystems, war an den Rollstuhl gefesselt und konnte sich nur per (Sprach-) Computer mit seiner Umwelt verständigen.
Werke u.a.: The Universe in a Nutshell (2001, dt. Das Universum in der Nussschale).
London, City of Westminster, Westminster Abbey
Deutscher Arzt und Naturforscher; Sohn eines Kaufmanns, der sein Vermögen verlor und 1795 Notar und 1803 Dispacheur (Havariekommissar) wurde; ältester von sieben Geschwister, von denen drei bereits kurz nach ihrer Geburt starben. Treviranus wandte sich - wie sein jüngerer Brüder Ludolph Christian, der als Botaniker bekannt wurde - den Naturwissenschaften zu; sein BruderLudwig Georg wurde Ingenieur und arbeitete an einem der ersten deutschen Dampfschiffe mit. Treviranus begann aufgrund des Wunsches seiner Eltern 1793 zunächst ein Studium der Medizin an der Universität Göttingen, das er selbst finanzierte, besuchte aber auch mathematische Vorlesungen, wobei es sein ursprünglicher Wunsch war, Mathematik zu studieren. Darüber hinaus zeigte er Interesse für Naturlehre und Philosophie. Er hörte Vorlesungen bei Johann Friedrich Blumenbach, bei dem er 1796 mit seiner ArbeitDe emendanda physiologia auch promoviert wurde, und bei Friedrich Bouterwek. Anschließend kehrte er als Professor der Mathematik und Medizin an das Gymnasium illustre in Bremen zurück. Diese Stelle verpflichtete ihn, Vorträge abzuhalten und Behandlungen an Patienten im Städtischen Krankenhaus durchzuführen. Bremen selbst stand unter dem Einfluß des “tierischer Magnetismus, die von Franz Anton Mesmer propagiert wurde, als vorherrschende Behandlungsform. Nicht zufrieden mit seiner Arbeit, die er auch als einschränkend empfand, wandte er sich der theoretischer Grundlagenforschung zu. Sein Hauptwerk Biologie, oder Philosophie der lebenden Natur entstand 1802 bis 1822. und führte damit den Begriff “Biologie” als Bezeichnung für die “Lebenswissenschaften“ ein.
Im Jahre 1810 hatte er Frankreich besucht, wo er Georges Cuvier traf, dessen Leistungen er anerkannte und dessen persönlichen Kontakt er genoß. Überhaupt hatte er Verbindungen, auch persönliche Kontakte, zu vielen Wissenschaftler, darunter Alexander von Humboldt, Alexandre Brongniart, Louiche Desfontaines sowie Antoine Laurent de Jussieu.
Bereits 1794 an Tuberkulose erkrankt, verschlechterte sich sein Gesundheitszustand um die Jahrhundertwende zunehmend; hinzu wurde er depressiv und spürte eine Vereinsamung (sein Bruder, der ihn immer tatkräftig unterstützt hatte, erkrankte 1809 an Typhu, und als dieser drei Jahre später eine Professur in Rostock übernahm, brach der persönliche Kontakt ab). Außerdem erkrankte zusätzlich auch seine Familie an Tuberkulose und
Verheiratet war Treviranus seit dem 20.12.1797 mit Elisabeth, née Focke, der Tochter eines reichen Schottherrn, die er beim Magnetisieren kennen gelernt hatte; aus der Beziehung gingen drei Kinder hervor.
Bremen, Osterholzer Friedhof
Omnibus salutem!